„maverick guitar explorations, restauriert zum fünfzigsten“
„Günter Schickert ist nur den eingefleischtesten Krautrock-Sammlern ein Begriff. Diese Unbekanntheit ist ein Bärendienst, denn der in Berlin geborene Gitarrist hat sich mit Samtvogel einen Platz in der offiziellen Liste verdient. Samtvogel wurde 1974 in Eigenregie veröffentlicht und ein paar Jahre später von Brain für eine breitere Veröffentlichung aufgegriffen und macht Schickert zu einem Meister der Echo-Gitarre. Die drei Tracks bewegen sich irgendwo zwischen dem exzentrischen Jammen von Faust und dem quecksilbrigen Gitarren-Layering von Ash Ra’s Manuel Göttsching (wobei anzumerken ist, dass Schickert zuerst da war, denn Samtvogel erschien ein Jahr vor Göttschings LP Inventions For Electric Guitar von 1975 ). „Apricot Brandy“ ist ein gnomischer Kinderreim-Blues, den Schickert mit plätscherndem Echo umhüllt, und macht den Anfang im Songbereich. Doch beim seitenlangen „Wald“ hat Schickert die Songform völlig verlassen und webt mit seiner Echo-Box und der E-Gitarre ein Gitter aus schimmernden Klängen, so komplex und schön wie ein mattes Spinnennetz.“ (übersetzt von deepl)
Als ich Louis Pattisons Kurzbesprechung der Neuauflage (Vinyl, Cd) des mir unbekannten Günter Schickert-Debuts „Samtvogel“ las (1974), rief ich bei bureau b an und liess mir die Platte kommen. Ich schaute nicht nach, ob Jan dazu was in seinem Krautrockbuch geschrieben hatte, ich legte das Album im Dunkeln auf und kam von Anfang bis Ende nicht aus dem Staunen raus. Den Vergleich mit exzentriischem Faust-Jamming würde ich so nicht unterschreiben. Ich wusste rein gar nichts über dieses Album, kannte den Namen nir von weiter Ferne, machte mir ein paar Gedanken Richtung Minimalismus und Steve Reichs „It’s Gonna Rain“ und „sehr eigener Sound“, und ob er wohl „No Pusyfooting“ von Fripp & Eno mochte, und wünschte mir im Nachgang „liner notes“ von Asmus Tietchens. Tatsächlich fand ich seine blitzgescheite Lobrede auf das Album hinterher auf der Innenhülle des Albums. Ich schmunzelte. Tolles Album! Landete sofort beim meinen reissues 2024“ (s. Blog Diary 15. November), in bester Nachbarschaft. Und so gut kann ich mich an meine klanglichen Vorlieben 1974 erinnern: hätte ich die Platte damals gehört in Winfrid Trenklers „Schwingungen“ mit Bo Hanssons Intro-Musik, ich hätte eines der 500 ersten Exemplare (in Eigenregie fabriziert) sofort gekauft.. (m.e.). Besser spät als nie. Danke, Günter! Über „Samtvogel“ wird noch zu reden sein. Tolle Pressung. Toll klingendes Remaster! Far-out, gewiss, aber wunderbar hypnotisch! Bei aller Reduktion besitzt das Album ein immens reiches Innenleben, das es weit über ein rein historisches Interesse hinaus zu einem zeitlosen Klangabenteuer macht. Große Worte, zugegeben, aber gelassen ausgesprochen.
2 Kommentare
Michael Engelbrecht
Produktinformation Tapete / bureau b
It’s hardly a secret that there was a lot of movement in German pop music during the late 60s and early 70s of the last century, and that many new things emerged then. Countless books have already been published on the subject of ‚Krautrock‘, and many LPs from this period have been re-released. Günter Schickert only released two LPs in the 70s: „Überfällig“ (Sky Records, 1979 / Bureau B, 2012) and „Samtvogel“ (Brain, 1976). Now, exactly 50 years after its original release, „Samtvogel“ has returned.
Michael Engelbrecht
Nicht jeder kann es lesen, falls es nur schwarz markiert ist.
Das Wort Schwingungen habe ich verlinkt mit einem alten „Engelbrecht Interview“ mit Winfrid anno 1994… 😂