Fernfahrer

Meine kleine Reihe über die Suche nach meinem Blutsbruder ist noch nicht zuende erzählt. Zwar endete die Suche selbst so traurig wie nur irgend möglich, mit der Nachricht seines Todes Ende September, und in dem Bewusstsein, ihn im Juli nur um drei Häuser verpasst zu haben. Aber natürluch brachte das alles eine Flut von Erinnerungen mit sich aus der Zeit zwischen dem fünften und zwölften Lebensjahr, ein Quantum Wehmut, und die Wederbegegnung mit alten Volksschulkameraden, die ich erstmals nach Ewigkeiten wiedersah. Ihnen werde ich demnächst wieder begegnen, „Im Alten Dorfkrug“ oder sonstwo im Südwesten meiner alten Heimat. Ich hoffe, K. besiegt seine Erkrankung, M. hält weiter die Ohren steif, und ich sehe endlich seine Schwester wieder, das „Gedächtnis vom Weissdornweg“. Dann kramen wir noch ein paar alte Dinge zusammen.

Eine rein sentimentale Angelegenheit? Es geht nicht nur darum, sich an alten Geschichten zu erfreuen – mit der da stets mitschwingenden Traurigkeit. Oder doch – vielleicht ist das schon alles. Naja, da ist schon noch mehr im Spiel. Wäre meine Kindheitsgeschichte mit Matthias ein Film, im Soundtrack wäre sicher „The Fun Of Watching Fireworks“ dabei, vom American Analog Set. Und lauter alte Lieder aus der Zeit zwischen 1961 und 1966, auch alte Schlager, sowieso „unser“ Donovan, und eine Fernsehserie aus der alten Bundesrepublik, „Fernfahrer“, die damals, Sonntags um die Mittagszeit, über die Mattscheiben flimmerte, und Matthias und ich sahen die eine und andere Folge gemeinsam. Es war uns ein Fest. Komm, wir machen eine Zeitreise: HIER ist eine Folge daraus.

(Als das dritte Schuljahr begann, kingelte Matthias bei mir. Mein Vater hatte mir gerade eindringlich mitgeteilt, jetzt begänne „der Ernst des Lebens“. Das erzählte ich Matthias sofort, noch bevor wir über den Spielplatz gingen, und bei Zurli klingelten. Ich lachte laut: „Mattes, das erzählte mir mein Vater schon letztes Jahr. Aber der Ernst des Lebens kann doch nicht jedes Jahr anfangen. Das geht doch gar nicht.“ Wir hatten unseren Spass daran, die Vernunft unserer Eltern so kindlich wie gewitzt auszuhebeln!)

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