Die neuen Rechten in deiner Strasse
Es ist nicht nur so, dass die politische Sozialisation allein auf Plattformen stattfindet, die politische Wahrheiten Lügen strafen und so eine junge Generation Halbgebildeter der AfD zutreiben.
Es ist auch so, dass man einer, zugegeben sehr kleinen Gruppe von sog. Intellektuellen, die man eher beim linken Flügel der SPD (gibt es den noch?) oder bei den Grünen vermutet, neuerdings Sympathien für die Rechtspopulisten der AfD feststellt. Manche sagen dies offen, manche zögerlich. Manche schwafeln dumm herum. Manche halten die Partei tatsächlich für eine wählbare Alternative, etwa, wenn sie sich von ihrer rechtsradikalen Jugendorganisation trennen. Nun, das ist jetzt geschehen. Oder, wenn Höcke nicht ihr Kanzlerkandidat ist. Nun: so sieht es aus.
Mit solchen verkappten Sympathiebekundungen konfrontiert, rudern sie nur halbherzig zurück. In zwei Fällen, bei mir in der der Nähe, besuchen solche „neuen Sympathisanten“ öffentlich Kundgebungen der Partei von Weidel, Höcke und Co., und sie sparen nicht mit Beifall, wenn sie sich unter ihresgleichen bewegen. Herr Wallraff, wäre er noch im Einsatz, hätte eine Menge zu berichten, undercover. Ich stellte einen zur Rede, freundlich, aber deutlich, und seine sonst immer nette Fassade wechselte in den Hassjargon: „Kümmer dich um deinen eigenen Dreck.“ „Das ist erbärmlich“, entgegenete ich, „zuletzt sprachen wir noch über unseren Sommerurlaub“, aber da hatte er schon abgedreht.
Die 21 Millionen plus/minus kommen aus allen Ecken der Gesellschaft. Wir können es in diesem Winter in Deutschland, vor der Bundestagswahl, es nicht bei moralischer Entrüstung oder Resignation belassen. Wer die AfD verhindern will, tut gut daran, im kleinen Kreis die Empörten, Gefrusteten anzusprechen, die leichtfertig ihre Stimme der AfD geben wollen. Die meisten von uns kennen solche „Kandidaten“. Ich bin kein Freund der Israelpolitik der Grünen, und ihrer bloss mahnenden Worten an offiziell anerkannte Kriegsverbrecher, aber ich sehe keine Alternative. Simpel, aber wahr: jede Stimme zählt! In der Auseinandersetzung mit der AfD darf es keine Restsympathien geben, kein „vielleicht“, nur klare Kante!
Wer etwas Geld hat, könnte zum Beispiel Campact unterstützen, die demokratischen Widerstand gegen die Neue Rechte leisten. Die Unterstützung klug organisierter Aktionen gegen die AfD ist bedeutsam in diesen Wochen vor der Bundestagswahl, in denen der designierte Kanzlerkandidat Merz gerade den Trump gibt, und die Brandmauer gegen die AfD zu bröckeln droht. Eine ganz gefährliche Entwicklung.
“Sei erschütterbar und widersteh“, so textete einst Peter Rühmkorf, und als ich jüngst sein ECM-Album „Kein Apolloprogramm für Lyrik“ wieder mal hörte, konnte ich es leicht als Resonanz auf unsere Jetztzeit in deutschen Landen erleben. „Haltbar bis Ende 1999“ lautete der Titel meines Lieblingsbandes von ihm, den ich damals, in der alten BRD, auf Langeoog in einer Buchhandlung nah am Strand erwarb. Auf dem Cover ein überquellender Aschenbecher.
Einmal, im April des letzten Jahres, brachte ich ein, zwei Strophen aus einem Rühmkorf-Gedicht zu Gehör, in den letzten sieben Minuten der damaligen Ausgabe der JazzFacts: HIER nachzuhören!
Antifaschistische Grüsse!