Nachklang

Dieses Album von Beth Gibbons, das am 17. Mai erscheint, hat mich kalt erwischt. Dass ich so oft darüber schreibe, hängt damit zusammen, dass es mich nicht loslässt und seltsame Dinge mit mir anstellt. Manche Passagen erinnern mich an ganz alte Klänge, die ich immer noch nicht unterbringen kann. Im Auto lege ich die Cd ein ums andere Mal in den Player, und höre dann immer nur einen Song, etwa auf dem Weg zur Bäckerei. Beth Gibbons is channeling something. Vielleicht sind es Momente, Schwingungen, Atmosphären, aus frühen Alben von Dead Can Dance (das rituelle Element), oder der mythenumwobenen Platte „Les mystères des voix bulgares“. Aber da ist nichts abgekupfert. Ich werde mir verbieten, im Radio das Wort „archaisch“ zu benutzen, wenn ich über „Lives Outgrown“ spreche. Die lyrics sind auch speziell, weil sie erstmal so allerweltsmelancholisch daherkommen, an den Oberflächen, und ich dachte lange, Beth Gibbons kann halt auch ein Telefonbuch in einen Monolog von Sophokles verwandeln. Aber mit der Zeit dringt auch die Semantik zu mir, einzelne Verse ragen wie scharfe Kristalle aus den perkussiven Schleierwelten. Ich glaube auch, dass, so verrückt sich das anhört, sie jedes Lied mit einer subtil anderen Stimmlage vorträgt. So als wäre sie ganz bei sich angekommen, aber nicht im Sinne der Nachwirkungen eines tiefgründigen Wochenendworkshops. No message, no teacher, no easy way out. „Lives Outgrown“ is devastating in the best sense. Und sowas von archaisch.

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