“Luminal“ & „Lateral“
„Lieben oder hassen?! Ich liebe die Musik von David Sylvian. Einige seiner Songs sind für mich zeitlose Klassiker. Mit Melanie Dalibert ist es allerdings ganz anders, die Musik überlebt bei mir keine Minuten. Wenn ich lese, was David Sylvian über seine Zusammenarbeit mit Melanie schreibt, ist meine Reaktion: Wieso höre ich das nicht? Bin ich zu sehr mit dem Virus Jazz infiziert, um von dieser Musik noch erreicht zu werden? Übrigens geht es mir mit Brian Eno und seiner Musik der letzten Jahre genauso. Dafür muss ich wohl im Seniorenheim leben.“ (radiohoerer henry)
Flowworker: ***** („Luminal“) & **** („Lateral“)Warum ich noch nicht über das Büchlein „What Art Does“ von Brian Eno und Bette A. geschrieben habe, ist rasch erzählt: ich bin allzu vertraut mit all den Gedanken über Kunst, Feelings, Surrender, Play, etc. die Brian in dieser „unfinished theory“ ausbreitet, nach seinem Anspruch so verständlich, dass es auch nicht auf den Kopf gefallene Teenager verstehen können, und herrlich bunt bebildert ist es zudem! Wäre ich Kunstlehrer, wäre das Stammlektüre in meinen Klassen. Ab und zu schmökere ich mit Vergnügen in dem Bändchen.
Viel lieber aber begegne ich der Kunst ohne Metaebene, lasse die Feelings durch mich hindurch strömen und rauschen, wenn ich „Luminal“ oder „Lateral“ auflege, Brian Enos famose neuen Alben mit Beatie Wolfe, und erlebe da, ungefiltert, Surrender, Play, etc., in allen Schattierungen zwischen dem Unerhörten und dem Unheimlichen, zwischen dem Fest und den Erschütterungen des Lebens. Denn all das dringt hier durch, und viel zu fesselnd, in diesen Wochen, um kluge Worte darüber verlieren zu wollen.
Das Erlebnis der Tiefe spielt sich stets im Zwischenraum von Sender und Empfänger ab, und hier, bei den elf Songs von „Luminal“ etwa, bringe ich es schlicht und ergreifend so auf den Punkt, dass mein mutmassliches Songalbum des Jahres 2025 mich so tief erwischt, berührt, umfängt, umgarnt, verführt, auf gut deutsch „haunted“, dass es seinen Platz findet neben meinen Songalben der letzten beiden Jahre von Beth Gibbons und P.J. Harvey. „Luminal“ ist ein Album, das Tore öffnet, tief taucht und, mich jedenfalls, auf seltsam diskrete Weise, mitreißt!
P.S. I never got an interview in the years of „virtual conversations“ (the artist in an empty room (no „Zoom“, no „phoner“) that was technically so perfect (the icing on the cake). And her answers: interesting from start to end and „to the point“! You can listen to her solo talk from Brian Eno’s studio in Notting Hill until the end of September HERE!
In meinem Lieblingspark
Ich habe im Jardin du Luxembourg auf einer großen grünen Wiese „Causeway“ gehört, nicht weit von dem Teich, wo Gross und Klein Miniboote auf kleine Fahrten schicken, aus dem bald erscheinenden Album „Disquiet“ der Necks. Wunderbar, von „Unruhe“ in diesen zeitlosen 26 Minuten keine Spur! Das Wetter wie eine gemalter Sommer an diesem langen Wochenende, erst zum Ende von „Causeway“ zogen dichtere Wolken auf, bald würde heftiger Regen folgen, wir winkten ein Taxi herbei. Noch immer schweben mir die Klänge durch den Kopf – ein Hauch der frühen Jahre von Caravan. Richtig interessant würde diese kurze Kurzgeschichte, wenn ein zweiter Hörer irgendwann auftaucht und im gleichen Park das gleiche Musikstück hört. Wo sitzt er oder sie? Welches Wolkenspiel zeigt der Himmel? Und was löst die Musik aus? Sicher nicht das Wort, das die Necks ihm gaben: „Damm“. Oder „Dammweg“. Und während ich meinen Platz auf der belebten Wiese suchte, voller glücklich leuchtender Zeitabschnittsgefährten (vertieft im Spiel, in der Liebe oder der Routine), schweifte, auf dem Weg dorthin, mein Blick nah wie fern, um jenen Steinbrunnen zu finden, wo einst ein Girl, jung wie ich, 1972, in einem anderen Sommer, „Ohio“ sang, von Crosby, Stills, Nash & Young. Diese beiden Stücke würden, zusammen mit der Schneemusik des Parks im Dezember 1992, als ich Tamia und Pierre Favre besuchte im Jüdischen Viertel, den Soundtrack meines Lebens im „Jardin“ abbilden.. Mir fiel sogar eine Szene aus einem Eric Rohmer-Film ein, der hier natürlich zu gerne seine jungen Sinnsucher manche Runde drehen liess. (m.e.)
„Reviewing reviews“
Not one but two new Brian Eno albums to aurally digest, each made in collaboration with conceptual artist Beatie Wolfe.Lateral brings to mind Eno’s past outer space-related ambient endeavours with younger brother Roger and Daniel Lanois, but with Wolfe’s involvement the album seems to be more of a sonic comfort blanket to wrap oneself up in whilst gazing up at the stars… or wishing one was up there with them. As for Luminal,it’s very much a sister album to Lateral. Wolfe has written its lyrics, and also sings on these 11 songs, which are produced magnificently by Eno. Think luscious dreampop with shades of a country twang and you will be close to what is achieved on this album. The instrumental Lateral and vocal tracks of Luminal are each as captivating as they are deeply moving, and both albums complement each other very nicely too. (David Nobakht)
Icn sammle derzeit, im Netz, Besprechungen der beiden Alben „Luminal“ und „Lateral“ von Beatie Wolfe und Brian Eno bzw. Brian Eno und Beatie Wolfe. Ein knappes, gutes Dutzend ist derzeit verfügbar, etliche werden noch folgen. Neben wenig überraschenden „appraisals“ von den üblichen Eno-Berichterstattern Wyndham Wallace und mir, finden sich respektvolle wie bewundernde, ja, begeisterte Besprechungen vor allem des Songalbums. Eine klare Tendenz, auch wenig überraschend: der Songzyklus wird generell positiver bewertet, mitunter hymnisch gefeiert; das „Ambient-Opus“ bekommt, je nach Standpunkt, das polemische oder das leicht gelangweilte oder faszinierte „Echo“, im Grunde, wie es bei „Ambient Music“ seit „Ambient 1“ (1978) der Fall ist. Ich möchte, wenn ich genug gesammmelt habe (niemand muss mir was schicken, ausser, Jan R., wenn da was in der New York Times zu lesen ist!), die Besprechungen von „Luminal“ besprechen. Zwei Dinge noch: einmal gibt es seit gestern, das in den Klanghorizonten im DLF als „Premiere“ gespielte „Play On“ als Video – HIER – und, zum zweiten, die „lyrics“ von „Play On“, bei den „comments“… (Michael Engelbrecht / Foto: Manuela Batas)
“the lateral and luminal surrender experience“
In regards to „Luminal“, surely one the most beautiful albums of 2025, there is only one reason I don‘t come up with the minor quibble that Brian Eno isn‘t doing the lead vocals, and that is the voice of Beatie Wolfe! (Michael Engelbrecht, Deutschlandfunk)Warum ich noch nicht über das Büchlein „What Art Does“ von Brian Eno und Bette A. geschrieben habe, ist rasch erzählt: ich bin allzu vertraut mit all den Gedanken über Kunst, Feelings, Surrender, Play, etc. die Brian in dieser „unfinished theory“ ausbreitet, nach seinem Anspruch so verständlich, dass es auch nicht auf den Kopf gefallene Teenager verstehen können, und herrlich bunt bebildert ist es zudem! Wäre ich Kunstlehrer, wäre das Stammlektüre in meinen Klassen. Ab und zu schmökere ich mit Vergnügen in dem Bändchen. Viel lieber aber begegne ich der Kunst ohne Metaebene, lasse die Feelings durch mich hindurch strömen und rauschen, wenn ich „Luminal“ oder „Lateral“ auflege, Brian Enos famose neuen Alben mit Beatie Wolfe, und erlebe da, ungefiltert, Surrender, Play, etc., in allen Schattierungen zwischen dem Unerhörten und dem Unheimlichen, zwischen dem Fest und den Erschütterungen des Lebens. Denn all das dringt hier durch, und viel zu fesselnd, in diesen Wochen, um kluge Worte darüber verlieren zu wollen. Das Erlebnis der Tiefe spielt sich stets im Zwischenraum von Sender und Empfänger ab, und hier, bei den elf Songs von „Luminal“ etwa, bringe ich es schlicht und ergreifend so auf den Punkt, dass mein mutmassliches Songalbum des Jahres 2025 mich so tief erwischt, berührt, umfängt, umgarnt, verführt, auf gut deutsch „haunted“, dass es seinen Platz findet neben meinen Songalben der letzten beiden Jahre von Beth Gibbons und P.J. Harvey. „Luminal“ ist ein Album, das Tore öffnet, tief taucht und, mich jedenfalls. einfach mitreißt!
Why I haven’t yet written about the little book ‘What Art Does’ by Brian Eno and Bette A. is easy to explain: I am – after so many interviews and lectures – all too familiar with all the thoughts about art, feelings, surrender, play, etc. that Brian expounds in this ‘unfinished theory’, which he claims is so comprehensible that even teenagers who haven’t fallen on their heads can understand it, and it is also wonderfully colourfully illustrated! If I were an art teacher, this would be standard reading in my classes. I enjoy browsing through the book from time to time. But I much prefer to encounter art without a meta-level, to let the feelings flow and rush through me when I put on ‘Luminal’ or ‘Lateral’, Brian Eno’s famous new albums with Beatie Wolfe, and experience there, unfiltered, Surrender, Play, etc., in all shades between the unheard and the uncanny, between the celebration and the darker waves of life. Because all of this comes through here, and far too captivating, to want to lose clever words about it. In the moment. The experience of the profundity of art always takes place in the space between sender and receiver, and here, with the eleven songs of ‘Luminal’, for example, I simply get to the heart of the matter in such a way that my presumed song album of the year 2025 catches me so deeply, touches, embraces, ensnares, seduces, haunts, that it finds its place alongside my song albums of the last two years by Beth Gibbons and P.J. Harvey. „Luminal“ is an album that opens gates, dives deep, and simply elevates! At least that happens to me!„Grosses Leeres Land“
Parallel zu dem Songalbum „Luminal“ von Beatie Wolfe und Brian Eno erscheint am 6. Juni, als LP, CD, und DL, das Instrumentalalbum „Lateral“, mit der Komposition „Big Empty Country“: in der Vinyledituon heisst Seite A „Big Empty Country (Day), und Seite B „Big Empty Country (Night)“. Einmal mehr öffnet dieses Ambientwerk eine ganz eigene Atmosphäre, die zwar unverkennbar Enos Handschrift trägt, aber eben einen weiteren unerhörten Raum öffnet, insofern nur strukturell vergleichbar ist mit Grosskompositionen wie „Discreet Music“, „Thursday Afternoon“, „Lux“, oder „Reflection“. Der Titel „Big Empty Country“ ist mit Bedacht gewählt, und impliziert (mein ganz privater Höreindruck) sowohl das Unheimliche wie das Unberührte, das Pittorekse wie das Postapokalyptische. Der Klang der Gitarre, die hier und da ihre Spuren hinterlässt, ist pure Reminszenz ohne Nostalgie. Mehr wird nicht verraten. (m.e.)Once again, this ambient work opens up a completely unique atmosphere that bears Eno’s unmistakable signature, but opens up another unheard-of space that is only structurally comparable with major compositions such as “Discreet Music”, “Thursday Afternoon”, ‘Lux’ or “Reflection”. The title “Big Empty Country” was chosen with care, and implies (my very private impression) both the uncanny and the untouched, the pittoresque and the post-apocalyptic. The sound of the guitar, which leaves its mark here and there, is pure reminiscence without nostalgia. (m.e.)
„Grosses Leeres Land“, und andere Traummusik
Es ist noch unklar, ob ich meine kommenden Klanghorizonte völlig ohne Interviewausschnitte, als eine Art Essay aufziehe, oder mit drei Interviewpartnern, die Angel Bat Dawid, Beatie Wolfe und Brian Eno wären. Ein kontrastreicheres Gespann lässt sich kaum vorstellen: Die aus ehrwürdigen Free Jazz Zirkeln Chicagos entstammende Angel mit all ihren „african roots“ und der Tendenz, jeden Auftritt in eine wilde Perfromance zu verwandeln, sowie der gewitzte „spirit“ von Beatie und Brian, das hätte was! Ohne Interviews würde – HIER! – eine alternative Playlist aktiv!
Heute Nacht träumte ich, dass Brian bei mir in einem Frankfurter Hotel zu Gast war. Ein offensichtlicher Tagesrest, denn ich beschloss, am kommenden Montag Brian und Beatie ggf. ein paar Fragen zu senden (über DGG / Verve). Nicht so leicht, mich und ohn da ei zu überraschen, zu gut kenne ich mich in Brians Gedankenwelt aus. Und so sassen wir in meinem sehr geräumigen Hotelzimmer, und ich war ein wenig ratlos. Brian hatte mir als Geschenk leuchtende alte Alben unter anderem von David Darling in Form kleiner Kristalle mitgebracht, die ihre Klänge nur preisgaben, wenn man sie in Licht tauchte. Trotz dieses Highlights verlief die Begegnung etwas schleppend.
NEW GHOSTS OF HIGHWAY 20
Nach dem Erwachen ging mir die Musik von „Lateral“ durch die Sinne. Ich hatte am Vortag der einstündigen Instrumentalkomposition gelauscht, nur Beatie an der Gitarre und Brian an den „synths“. „Lateral“ besteht aus acht Teilen „Big Empty Country“. Nüchtern gesagt: wie bei Discreet Music, Neroli, Lux, Thursday Afternoon oder Reflection (HIER mein alter „Manatext“ (oder sollte ich „Metatext“ sagen?) zu dem Album), passiert (scheinbar) nicht viel in diesen sechzig Minuten, aber das, was passiert, kann endlos faszinieren, zum Träumen einladen, immersiv sein, inspirierend, Vordergrund, Hintergrund, Mittelgrund. So umfangreich Brians Katalog der Ambient Music ist, er öffnet mit jedem dieser Album eine andere Soundwelt.
Weniger nüchtern formuliert, und nicht ganz in eigenen Worten: „Big Empty Country: was für ein Trip! Die meisten Reisen führen über eine gewisse Distanz, um ans Ziel zu gelangen, doch nur wenige packen den Ort, an dem man sich befindet, mit solch komplexer, unverschämter Herrlichkeit aus, dass man keinen einzigen Schritt tun muss, um ans Ende des Universums und zurück zu reisen.“
Gönnen Sie sich nun erstmal einen tiefen Atemzug! (eine kurze Pause)
Parallel erscheint am 6. Juni die nicht weniger fesselnde „Country Dream Music“ von „Luminal“ des Duos, mit den Gesängen von Beatie, den „background vocals“ von Brian, sowie allerlei Instrumenten. Wundersam tief und luftig!
WIDE OPEN SPACES
Eins noch: bei dem David Darling-„Kristall“ handelte es sich um „Cello“ mit dem Himmelblau aus einem Godardfilm. Damals, früh in den Neunzigern schickte ich Brian diese ECM-Produktion von Manfred Eicher, und er war begeistert!
Wie auch Tyran Grillo, der zu Cello schrieb: „…one of the most stunning albums ever to be released on ECM in any genre. Its fluid paths feel like home. Darling plows the improvisatory depths of his soul, given free rein in the studio to paint the negative spaces in between those clouds on the album’s cover, ever deeper, ever truer to the core of something alive. Most journeys might take you across some distance to get you to where you’re going, yet few will actually unpack where you are standing with such complex, unabashed glory that one need not take a single step to travel to the end of the universe and back. Cello is one such journey.“
Appendix:
ORANGE JUICE FOR THE EARS: BEATIE AND BRIAN (HERE!)
PLAY ON: ANGEL BAT DAWID IN ACTION (HERE!)in-depth reviews of Lateral (Big Empty Country) and Luminal will be posted at the end of May, in German and English.
The exciting two albums of Mr Henderson from the 70‘s
In meiner Erinnerung wurden die beiden Alben „Horn Culture“ von Sonny Rollins und „Multiple“ von Joe Henderson auf der gleichen Seite in einer alten Ausgabe des Jazzpodiums besprochen. In meiner Erinnerung bekam Sonny die vollen fünf Sterne, und Joe viereinhalb. Bei mit war es damals und ist es heute noch andersrum. Ernst beiseite, „Horn Culture“ ist auch ein tolles Album! Wie „Multiple“ ist auch „Horn Culture“ auf dem Label „Milestone“ erschienen, anno 1973. Bisher noch keine „reissue“! Im übrigen fällt mit auf, dass ich im folgendem Text vergessen habe, meiner Begeisterung über Larry Willis‘ Rhodes-Piano Ausdruck zu verleihen!
Ich kenne seine Lebensgeschichte nicht, aber es verwundert schon, dass er in den Siebziger Jahren so wenig Musik aufnahm. Ein Werk namens Canyon Lady“ kam mit illustrer Besetzung und all seinen „latin vibes“ nicht an seine zwei „milestones“ aus jenem Jahrzehnt heran. Ich stiess auf ihn fast zufällig, als er schon lange Geschichte geschrieben hatte auf dem Label Blue Note, als Leader und Sideman ein tonangebender Meister des Saxofons, auf etlichen Klassikern.
Dann, als die Zeit der „fusion music“ anbrach, Jazz und Rock und Funk und „weissderkuckuckwasalles“ sich in kühnen Amalgamen fand, vom „elektrischen Miles“ bis „Weather Report“, da tauchte auch Joe Henderson auf. Er dachte sich aber nicht, dass er jetzt mal was Modernes für die Kids machen würde.
Joe suchte sich Produzenten, die das Studio auch als Spielwiese begriffen und nahm zwei Alben auf, die das pure Feuer waren und auch sonst der griechischen Lehre der Elemente tollkühne Klänge folgen liessen: „The Elements“ hiess das eine Werk, das mit erlesener Bande, mit Alice Coltrane, Charlie Haden und Co. Wasser, Erde und Luft folgen liess. So mitreissend und deep wie „Brown Rice“ von Don Cherry oder „Love, Love“ von Julian Priester.
Das andere Album, „Multiple“, umarmte nicht ganz so ferne Horizonte, und war gleichermassen wild, funky, herzergreifend (dieser warme Ton, selbst wenn er die Luft zerriss, in ausgewählten Momenten of „overblowing“! ). Am Bass Dave Holland (vor Tagen noch, the old fire still burning, an der Seite von Anouar Brahem in Hamburg), am Schlagwerk Jack DeJohnette.
Diese beiden Alben sind in den letzten Jahren als Schallplattem neu aufgelegt worden, „Multiple“ zuletzt, feines Remastering durchweg, und was das Schönste ist: die Musik nimmt mich heute genauso gefangen wie damals in dem Siebzigern, als ich darüber las, im Jazz Podium, und gleich zugriff. Ich kann mich an den beiden Alben offenbar nie satt hören, und verpasse selten einen einzigen Ton seines Spiels!
(Also, wenn das mit dem angefragten Interview mit Eno & Wolfe nicht klappt, und / oder ich eine Woche vor VÖ nur die beiden dann als Videos gelisteten, überall tausendfach gehörten, Songs spielen darf (s. „Ultimative Playlist nebenan in „Radio“), dann hebele ich wohl den zentralen „Beatie & Brian-Part“ aus und spiele „Tress-Cun-Deo-La“. 10 Minuten und 34 Sekunden: das ist so verdammt grossartige Musik! Und die Moderation hätte ich auch schon im Sack.)
„What can ordinary be“ (on a sunny afternoon)
Ich bin viel zu sehr am reinen Hören interessiert, um je ein besonderes Faible für Songvideos entwickelt zu haben, aber dieses ist eine Ausnahme von der Regel, ganz gleich, ob man Song und Bilder werkimmanent deutet oder biographische Fakten hinzuzieht. Als es mir noch vorschwebte, Deutschlehrer zu werden, interessierten mich beispielsweise die diversen Interpretationsverfahren, Herr Gadamer und der „hermeneutische Zirkel“ so sehr wie die Freuden der Konkrete Poesie (ich belegte Proseminare zu beiden Themen, und sehe noch heute Ernst Jandls „Laut und Luise“ auf meinem Nachttisch in Münster liegen, neben einer alten Tonbandmaschine mit vielen Leonard Cohen-Liedern und einer Sendung von Winfrid Trenkler über Soft Machine).
Auf jeden Fall ist Robert Forsters „Butterflies“, geschrieben mit ohne seine Lebensgefährtin Karin Bäumler, und dargeboten „at home“ mit Karin und einer aufmerksamen Katze im Garten (oh, Fusel klopft gerade ans Fenster und will eine kurze Sommerpause einlegen), ein Meisterstück, was filmische Inszenierung, Song und Lyrics betrifft. Mir erscheint es auch alles andere als weit hergeholt, hier eine Spur Ray Davies zu wittern (so wie mir bei einem Song von Alabaster DePlumes neuem Werk Schwingungen einer Platte von Donovan in den Sinn kommen namens „Wear Your Love Like Heaven“).
Einmal, als die beiden Go-Betweens mir gegenüber sassen, erzählte ich ihnen, wie ich ihr allerwrstes Album im Nördlichen Bayerischen Wald hörte, mit dem langen Song als Favoriten, und dass es nur ein Katzensprung von Grasfilzing nach Regensburg war, früh in den Achtzigern. Ich nannte „understatement and passion“ die „basics“ in ihrem Songbuch. So viele Jahre später jetzt. Hier, in diesem Song ist das wieder so eine spezielle Mischung: unendliche Nonchalance auf der einen Seite, das Dunkle, Unheimliche schimmert auf der anderen durch, genauso wie eine weiter zurückliegende magische Zeit: man kann es werkimmanent betrachten, Biografien als Folien drüberlegen. Selbst Lee und Nancy würden staunen und einen Sommerwein entkorken.
(m.e.)
News From Frederiksberg Records
Das Besondere dieses beinah vergessenen Albums aus dem Jahre 1983, das schon seinerzeit nur privat in kleiner Auflage gepresst und vertrieben wurde, ist keinesfalls eine unerhöre Mischung von Stilen. Zuviel ist hier vertraut als Anklang von Bill Evans bis MCoy Tyner, und das Quantum Kalimba reicht nicht aus, um der Zeit von damals voraus zu sein. Alle vier Jungs kannten ihren Coltrane, besonders die Quartett-Alben, und hin und weg waren sie nach eigenen Angaben von John Handys „Indo-Jazz“ namens „Karuna Supreme“, einer herrlichen Schwarzwald-Produktion des Labels MPS. Das Besondere ist gar nicht leicht auf den Punkt zu bringen, und beruht auf der immensen Spielfreude, die nie überdreht und stets massvoll bleibt, mit einer frappierenden Leichtigkeit des Ausdrucks. Ich hätte damals meine helle Freude gehabt, diesen gesammelten Unaufgeregtheiten zu folgen, und hole das nun gerne nach, dank einer weiteren Ausgrabung der Schatzjäger von Frederiksberg Records: „Abendmusiken“ von „Green Cosmos“. Die Aufnahme ist vom Feinsten, und dass die Jungs hier alles, was sie kennen, in die Stücke hineinlegen, und etwas von dem, was sie nicht kennen, bringt ein Gespür fürs Unerhörte ins Eigentlich-Vertraute!In memory of …
Later in his life, John Kelman wrote a stream of reviews about albums that did not get a fresh remaster or that just appeared in the endless stream of novelties. He had an eye on albums that he kept returning too every once in a while and nearly vanished from the public eye and ear.
One of these albums that just springs to mind, was „New Rags“ from Jack DeJohnette‘s Directions. A rather wild ECM production, full of energy and „uninhibited joie de vivre“. I bought that album in the days it was released, and was impressed when listening again, after reading John‘s text: I joined his excitement.
Now I remember our conversation about „Manafon Variations“ in Kristiansand, a sort of „remix-reshape-reinvention“ of the meanwhile classic „Manafon“. We talked about the richness of details, the impressing input of artists that were not around in the days of Manafon, and, especially David‘s „slow motion singing“. O me oh my!
This conversation on a rainy afternoon has happened a long time ago, and moments of it appeared out of nowwhere today when I put on the first vinyl reissue of „Died In The Wool – Manafon Variations“. The double album features an extra sidelong track „When we return, you won‘t recognise us“ that is so much more than a curiosity from dusted shelves.
Now, we old listeners do exactly return, and we experience every piece of it like it would be a terrific first time. This work is on par with Manafon, equally powerful. One of the side effects I experienced was, well, an uninhibited „joie de écouter“, a strangely elevating feel in a work that is generally supposed to come from the dark. A passionate affair all the way through!
In the words of John from 2011: „If Manafon was a masterpiece that found new ways to shape music, then Died In The Wool is equally important, as it eschews the concept of remix and, in its place, aims for reinvention—re-composition that takes place, in multiple degrees of separation, from the founding material that was the previous album’s inspiration.“