• The Necks. Bleed.

    Klänge eines leicht verstaubten Klaviers. Tasten werden angeschlagen. Töne klingen allmählich aus, variieren sich im Raum, verlieren ihre Energie. Klänge kommen, gehen, hinterlassen Spuren. Hallräume öffnen sich. Schweres Atmen, kein Körper. Alles scheint sanft, doch nicht entspannt. Woher kommt die Musik, wo endet sie. Klangkompostierung.

  • Podcast Update


    Listen to the first verse of Try a Little Tenderness by Otis Redding.  (… I)t starts hesitatingly, the rhythm isn’t quite settled, Otis doesn’t quite know where to come in exactly, you know? And then the first notes on the guitar and the bass are kind of off slightly. And then it kind of congeals and comes together so that by the start of the second verse, it’s just this magical thing. And the progress from A to B is just this journey that is so moving. And you can feel the humans.

    Nach dem Lesen von Ingos Reisebericht habe ich mir den Podcast von Marc Maron angeschaut und bin gleich bei dem Interview mit Joe Boyd kleben geblieben, aus dem das Zitat kommt. Genau so gerne habe ich vor kurzem dieses unterhaltsame Gespräch mit Michael Pollan gehört.

  • Holy New Sound

    “They ended up doing this album, it starts off with just the berimbau, and then slowly the whole orchestra comes in. It’s something that could be a bit over the top but it just really works somehow. The music’s quite unusual as well, it’s a weird type of modern classical harmony, and is meant to be about this word saudade, which is used all the time in I think Brazilian Portuguese. It means the feeling of remembering, not even nostalgia but just the verb to remember, as a feeling. I was asking about it and it seems sort of untranslatable. Vasconcelos is from this specific area of the rainforest and he’s wanting to represent that, so he’s mixing these interesting harmonies and at the same time mimicking the sounds of birds and the rainforest. It’s a really epic album.” (Link)

    Ich war mir bisher bei der Band black midi nie sicher, ob mir die Musik gefällt, oder doch zu virtuos ist, zu sehr Muckers Mucke. Über das Soloalbum des Sängers Geordie Green stolpere ich nun immer wieder. Die Single hat Ohrwurmqualitäten und scheint den Sound der Band zu erweitern (Steely Crimson oder King Dan – definitiv zappelig), im Interview gibt er über ECM Lieblingsalben Auskunft, im Konzert covert er Eberhard Weber. Ich hör mir sein Solo-Album „The New Sound“ mal an. Hat hier jemand eine Meinung?

  • Medical Grade Music

    Ich werde ja nicht müde, ein Loblied auf die Streams von Stunty / Stuntrock Confusion zu singen. Auch DIESES Interview mit den sympathischen The Utopia Strong (Steve Davis, Kavus Torabi und Michael York) ist sehr sehenswert.

  • Aus dem Tunnel

    Seit 5 Wochen läuft hier der Schulbetrieb wieder. Die 6 Wochen Sommerferien am Stück sind ja ein nicht zu unterschätzendes Privileg. Von daher will ich jetzt nicht in so einen „wir Lehrer arbeiten alle so hart„-Schnack verfallen. Ich bin dankbar für die Arbeit, die ich gerade tue: mit 18jährigen ein Theaterstück einzuüben („Die 12 Geschworenen„), in 7 Wochen ist Premiere.

    Keine Frage ist das viel Arbeit, die letzten 5 Samstage haben wir geprobt, an den Sonntagen habe ich zudem meinen übrigen Unterricht vorbereitet. Unabhängig von dem Theaterstück hatte ich in den ersten drei Wochen des Schuljahres doppelt so viel Unterricht wie normal – diese Stunden kamen dann also noch dazu. Aber die Proben machen – trotz aller Anstrengung, trotz allem Generve („Muss ich auch kommen?“ „Wann ist Pause?“ „Wann machen wir Schluss?“) – wirklich Spaß. Irgendwann wird es einen toten Punkt geben, irgendwann wird es zwischen mir und den Jugendlichen knallen – das gehört dazu. Aber momentan ist es sehr befriedigend, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Schön wäre es, wenn die Schauspieler*innen mit dem Lernen des Texts beginnen würden, da muss ich aber vernutlich noch drei Wochen drauf warten.

    Alte und neue Musik“ habe ich in den letzten Wochen auch gehört, in solchen Momenten ist Musik besonders wichtig. „Repertoire“ von Shane Parish lief besonders häufig. Parish spielt auf seiner Gitarre Versionen von Stücken verschiedener Künstler: Aphex Twin, Mingus, John Cage, Alice Coltrane, Ornate Coleman, Kraftwerk, u.a. Es herrscht eine Atmosphäre wie auf der Veranda eines amerikanischen Holzhauses im Sommer. Und das ganze klingt wunderschön, aus der Gitarre kommen die Klangfarben einen Orchesters heraus. Ich glaube, „Repertoire“ würde vielen der Mitlesenden sehr gefallen.

    Das neue Nick Cave & The Bad Seeds Album gefällt mir auch. Irgendwie leicht überdreht und überkandidelt-schwelgerisch in den Arrangements (diese Chöre!), trägt diese Musik mich auf die angenehmste Weise durch meine Tage.

    Und in das erste Album von Azimuth, dass ich jetzt schon einige Monate besitze, kann ich mindestens genau so gut verschwinden, wie in „Repertoire“. Und dann ist da noch „The Pretender“, ein Song den ich durch Lajlas Post lieben gelernt habe und in den letzten Wochen immer wieder mal gehört habe.

  • 5 – 10 – 15- 20

    possible list of books that made my life

    1. (5) Boy Lornsen – Robbie, Tobbie und das Fliewatüt
    2. (10) Astrid Lindgren – Kalle Blomquist
    3. (15) Jerome D. Salinger – Fänger Im Roggen
    4. (20) Paul Auster – New York Trilogy
    5. (25) H. von Foerster/B. Pörksen – Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners
    6. (30) Haruki Murakami – Mister Aufziehvogel
    7. (35) Rosemary Sutcliffe – Der Adler der 9. Legion
    8. (40) Karl Ove Knausgård – Sterben (Min Kamp 1)
    9. (45) Thomas Tranströmer – Sämtliche Gedichte
    10. (50) W. G. Sebald – Die Ausgewanderten
  • 45 – 50

    45 – Yasuaki Shimizu – Kakashi

    Mit 45 (2018) kaufe ich mir schon seit 2 Jahren wieder Schallplatten. Keine Downloads mehr. In einer kleinen Nische des Internets bin ich ein paar Jahre zuvor auf einen Blog gestoßen, auf dem sich die Autoren unter dem Namen „manafonistas“ begeisternd über unterschiedliche Dinge beyond mainstream austauschen. Hier entdecke ich sehr vieles und bekomme einen neuen Zugang dazu, konzentriert Musik zu hören. Deep Listening. Danke dafür!

    In einer anderen Ecke stolpere ich über einen Mix mit japanischer Musik. Die Musik schlägt dermaßen bei mir ein, dass „japanische Musik aus den 80ern“ (neben „finnischer Jazz“) in diesen Jahren geflügelte Wörter in unserer Familie sind. Kakashi ist eines der eingängigeren Alben, das tatsächlich auch mal läuft, wenn Gäste da sind, das ich aber auch sehr gerne höre, um alleine in Musik zu verschwinden.

    50 – Bengt Berger – Bitter Funeral Beer

    Mehr oder weniger zufällig ergibt sich, dass ich 2023 das Wochenende nach meinem 50. Geburtstag mit guten, langjährigen Freunden in Leipzig verbringe. Am Freitag hören wir Thomaner Chor und Gewandhausorchester das Weihnachtsoratorium spielen. Ein halber Haschkeks macht daraus eine erstklassige psychedelische Erfahrung. Ein Trip.

    Am Samstag erkunden wir die Stadt. Bei Whispers Records in Connewitz finde ich für €60,- eine lang gesuchte Schallplatte: Bitter Funeral Beer von Bengt Berger. Noch nie habe ich so viel Geld für einen einzelnen Tonträger ausgegeben.

    Mir ist wichtig, dass eine ECM-Veröffentlichung in dieser Reihe dabei ist, und dies ist (vorerst) die letzte Möglichkeit. Die Codona Box war bei „40“ eine Alternative zu Ambient 2, Blue Maqams bei „45“ zu Kakashi.

    2019 oder so bemerke ich, dass man die allermeisten alten ECM LPs sehr gut gebraucht kaufen kann. Sie sind oft günstig (die meisten kosten €10-20) und die Vorbesitzer sind im Schnitt sorgsam mit ihnen umgegangen. Der Klang ist fast immer überragend, von der Qualität der Musik ganz zu schweigen. Ich nehme also relativ häufig eine oder mehrere mit, wenn ich sie in einem Geschäft stehen sehe.

    Dann entwickele ich zwischen 45 und 50 eine Vorliebe für Don Cherry, der auf diesem Album die (heimliche) Hauptrolle spielt, von dem ich mir in diesen Jahren einige Alben kaufe und dessen beseelten Klang ich zunehmend lieben lerne.

    Und dann ist auf „Bitter Funeral Beer“ halt ganz einfach famose, spirituelle, archaische, freie Musik. Ein Traum von einem Album, das hier oft läuft (allerdings nicht unbedingt wenn Gäste da sind).

  • – 40 – 43 –

    40 – Harald Budd, Brian Eno – Ambient 2: The Plateaux Of Mirror

    Obwohl ich schon immer viel instrumentale Musik gehört habe, war die Auswahl in dieser Serie bislang text- und stimmlastig. Es wurde gesungen oder gerappt. Da ich die Texte recht schnell schreibe, ist die Auswahl spontan: an einem anderen Tag hätte ich vielleicht etwas anderes ausgewählt. Es gibt sicher einige Alternative Versions, other possible music.

    Seitdem ich so 35 bin, höre ich viel Musik beim Korrigieren von Arbeiten und Vorbereiten meines Unterrichts. Da bietet sich instrumentale Musik an. Das hat vielleicht auch eine Eigendynamik angenommen. Nicht nur deswegen folgt ab jetzt nur noch Instrumentalmusik (sorry, Beth).

    Ich beginne ab 2010 damit, versuchsweise Klassik und Neo-Klassik zu hören: Streichquartette, Nils Frahm, Lubomyr Melnyk. Das ist alles schön, aber nicht ganz was ich suche.

    Und irgendwann frage ich mich, ob nicht Brian Eno die Ambient Musik erfunden hat, um die Stimmung in einem Raum zu verändern, ohne sich all zu sehr aufzudrängen. Ich lade mir also erst „Ambient 1“ und recht schnell auch noch „Plateaux of Mirror“ runter (in der Zeit höre ich hauptsächlich Downloads über eine Soundbar von Teufel). Speziell das zweite Album hat einen unglaubliche Wirkung, ich bin hochaufmerksam am Hören und tief versunken in der Arbeit – ein merkwürdiger Effekt.

    43 – Masayoshi Fujita – Apologues

    Apologues hat einen besonderen Stellenwert und bekommt deswegen hier auch eine gesonderte Erwähnung: es war mit Abstand das meist gehörte Album in meiner iTunes Bibliothek, deren Top Ten zu 80% aus den Stücken dieses Albums bestand. Ich glaube, ich habe es um die 120mal gehört.

    Ein Zwischenschritt also, bestimmt würde ich beim längeren Nachforschen noch mehr Alben finden, die einen besonderen Stellenwert haben. Urlaubsmusik, so etwas.

    2016 absolviere ich eine Prüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie. Ich bin mir nicht sicher, wie viele Mitlesende diesen Schein kennen. Es ist eine relativ anspruchsvolle Prüfung, in der mündlich wie schriftlich das medizinische Wissen zu Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie abgefragt wird; die Durchfallquote liegt bei über 50%.

    Ich bereite mich in einem einjährigen Kurs vor (an einem Abend in der Woche), nach einem halben Jahr treffe ich mich regelmäßig mit einer Lerngruppe. Nebenher arbeite ich und stemme den Alltag mit den beiden Kindern (meine Frau arbeitet in der Zeit extrem viel). Unmittelbar vor den beiden Prüfungen bin ich außerdem privat und/oder beruflich sehr eingebunden – die Termine liegen suboptimal.

    Irgendwann gewöhne ich mir an, beim Lernen immer die fluffig verträumte Musik von Masayoshi Fujita laufen zu lassen, in der Hoffnung, dass es irgendetwas bringt. Auf den Zugfahrten nach Celle bzw. Lüneburg zu den beiden Prüfungen läuft „Apologues“ auf dem iPod. Die schriftliche Prüfung bestehe ich sehr knapp (bei einem Fehler mehr wäre ich durchgefallen) und irgendwie mogel ich mich durch die die mündliche Prüfung, auch wenn mindestens eine der drei Prüfenden mich durchfallen lassen will. Diese 60 Minuten waren so lang wie ein Tag. Vielleicht hat die Musik meine neuronalen Netze wirklich so aktiviert, dass sie zum Bestehen einen kleinen Beitrag leisten konnte.

  • – 35 –

    35 –  Michael J. Sheehy – So Long, Sorrow Town / Niels Frevert – Niendorfer Gehege 

    Im Jahr 2008 bin ich seit zwei Jahren Waldorflehrer und unterrichte an zwei Schulen, die 80 km voneinander entfernt sind. An manchen Tagen muss ich an beiden Schulen arbeiten und anschließend meinen Sohn von einer dritten abholen. Das Gefühl der Umzingelung stellt sich ein. 

    Die Schilderung meines Weges in diesen doch sehr speziellen Beruf, der Hürden, die ich überwunden oder nur aus dem Weg geräumt habe, sprengt diesen Rückblick deutlich. Ich bin – 2024 – immer noch Waldorflehrer, zum Glück schon lange nur noch an einer Schule tätig. Viele Vorbehalte habe ich immer noch und während der Pandemie, in der die Waldorfbewegung nicht immer ein gutes Bild abgegeben und eine noch schlechtere Presse bekommen hat, sind noch einige dazu gekommen. Die Zusammenarbeit mit den Schüler*innen möchte ich aber nicht missen.

    Während ich die Ausbildung zum Waldorflehrer berufsbegleitend absolviere, arbeite ich 2004-2006 als Telefonist einer großen Behörde. Mein Arbeitsplatz ist eine ranzige Pförtnerloge, in der wir immer zu zweit sitzen. Die Tätigkeit ist weder anstrengend noch herausfordernd; ich habe vielleicht noch nie in meinem Leben so viel gelesen wie in diesen zwei Jahren, „Die Buddenbrooks“ sind zum Beispiel in einer Woche durch. Ich verbringe zusätzlich reichlich Zeit im Internet, spiele Schach und Backgammon gegen den Rechner, löse Sudokus und führe gelegentlich auch Telefonate.

    Ich entdecke Blogs für mich und lerne so viel neue Musik kennen. In dieser Zeit hat es mir besonders shake-baby-shake angetan; ich höre immer mehr R’n’B, Country, Blues, Soul. Und bis 2008 wird vor allem noch Bob Dylan dazu kommen, den ich in diesen Jahren wirklich viel und gerne höre und irgendwann später einmal live sehe (vielleicht das einzige Konzert auf dem ich erlebe, dass jemand ohnmächtig wird – ich glaube die Aufregung spielte dabei tatsächlich eine sehr große Rolle).

    Zurück in das Jahr 2008. „Niendorfer Gehege“ (von dem wunderbaren Album „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“) erzählt vom Erwachsensein, von der verlorenen Zeit. Das geht mir sehr nahe, besonders die kleine Reminiszenz an Kiss.

    Die meiste Musik höre ich in der Zeit auf meinem iPod Nano, den ich mir am Ende meines ersten Schuljahres (2007) gönne und sehr liebe; auf den langen Bahnfahrten zwischen den Schulen das perfekte Medium für mich. Meistens kaufe ich mir CDs, importiere die auf den Rechner und packe die Musik dann auf den mp3 Spieler.

    Meine Zeit an der etwas weiter entfernten Schule ist von vorneherein begrenzt. Erst will ich sowieso nur ein Jahr bleiben, die Beziehung zu den Schüler*innen ist dann doch so, dass ich sie noch ein Jahr länger und durch das Abitur begleite. Aber die Fahrerei schlaucht, zudem ist an der Schule die Atmosphäre insgesamt verbesserungswürdig. Und so kommt es, dass ich im letzten halben Jahr immer eine Straßenbahnstation früher aussteige, um in Ruhe eine Zigarette  zu rauchen und dabei „So Long, Sorrow Town“ von Michael J. Sheehy (von „Ghost On The Motorway“, auch ein schönes Album) zu hören: „well I don’t start nothing that I can’t finish/ but this is a cold and tasteless dish/ so I dust down my coat and pull up my slacks/ I hit the road, I ain’t ever coming back/ so fare thee well all you sons of bitches/ if I don’t leave now I’m gonna leave one of you in stitches/ you bullshit merchants with your airs and graces/ we’ll be in hell next time I see your faces/ So long, sorrow town/ tomorrow I’ll be long gone….”