Another dark and dancing world
„Manchmal macht man Entdeckungen, wenn man eigentlich viel zu müde ist dafür. Dann traut man seinen Ohren nicht, und dann doch!“
Speaking of perfect summer songs with deepness inside and surprises all along, HERE is one. Except it is not really a summer song. I am so stunned and haven’t heard any other song from the album. How often I am slightly disappointed when writers surpass one another with their writing on the next great singer. Oh, well, I say to myself, probably i‘m too old for this, but not here, not in this case.
I haven‘t read any review yet, but, in its own mysterious or very clear ways, this song takes me back to the early 80‘s and my time in the northern part of the Bavarian Wood, with „Too Rye Aye“ on high rotation in my little house in the middle of nowhere land. More than curious if the whole thing lives up to the time traveling standards of this song, and, more than that, its passages of euphoria and darkness.
„Turn a moment of nothing into something“, oder: Ein paar Dinge am Rande
„One day, we will put it all behind
We’ll say, that was just another time
We’ll say, that was just another day on Earth“
– Brian Eno
Wie man mit einem Blick auf die Playlist rasch erkennt, ist International Anthem Rec. Co. eines der Themen meiner Radiostunde in der kommenden Woche. Die Sendung wurde gestern produziert; ein paar O-Töne von Scott McNiece, einem der Gründer von IAR kamen wenige Stunden zu spät, um noch eine Rolle zu spielen. Ein O-Ton von Benedicte ist dabei (DLF, 31. Juli, 21.05 Uhr), das „overvoice“ besorgte meine Lieblingsstimme des Senders, Christiane Nothofer, die auch ein paar Zeilen aus der Besprechung von „Lofoten“ vorträgt, die „Electronic Sound“, aus ein paar guten Gründen, zum Album des Monats August erklärt hat. Ich bin gespannt, was Lajla zu dieser Musik sagen wird, die mir einiges zu der Inselgruppe weit im Norden erzählt hat.Resavoir & Matt Gold HORIZON (International Anthem) Benedicte Maurseth MIRRA (Hubro) David Boulter YARMOUTH (Clay Pipe Music) Jeremiah Chiu & Marta Sofia Honer DIFFERENT ROOMS (International Anthem) Carlos Niño & Miguel Atwood-Ferguson CHICAGO WAVES (International Anthem) Ben LaMar Gay YOWZER (International Anthem) Amina Claudine Myers: SOLACE OF THE MIND (Red Hook) Henriksen Seim Jormin Ounaskari ARCANUM (ECM) Benedicte Maurseth MIRRA (Hubro) Cate Francesca Brooks LOFOTEN (Clay Pipe Music)
Apropos „Inselmusik“: zu meinen, sagen wir mal, zwölf „Inselalben“ von International Anthem gehört sicher ein Doppelalbum, das sich auch unter meinen liebsten Jazz-Live-Doppelalben „ever“ einfinden würde, „The Way Out Of Easy“ von Jeff Parker und seinem Quartett (Foto 2). Und es ist eben nicht von 1975 („Agharta“) oder 1977 oder 1969, sondern von 2024. Hier ein Zitat von Jeff, und meine freundliche Aufforderung, diesem „Weg aus dem Leichten hinaus“ mal eine Chance zu geben – es ist leicht (easy peasy & deep)!
That’s why I called the record The Way Out of Easy. Within the context of free improvisation or free jazz, sometimes freedom seems like it can be exploited where cats feel like everything has to be really dense. Sometimes freedom can mean just not doing anything, or it can be very restrained. The band, when we improvise together, we really are trying to think compositionally and really developing things and letting stuff go slow, and being very intentional and deliberate about what we’re doing.
Die „September-Horizonte“ sind speziell. 35 Jahre lang habe ich die Sendung gemacht. Demnächst gibt es bei International Anthem das erste Album des Chicago Underground Duos seit elf Jahren (Foto 3). Es gefällt mir so gut, dass es seinen Platz sicher hat. Nicht zuletzt, weil es ein paar naheliegende und verrückte Verbindungen nahelegt – zu dem Cover eines Albums von Brian Eno (welches wohl!?), zu Jonathan Richman (hört! hört!), und zu Don Cherry sowieso. Der Grundton dieser „Dinge am Rande“ ist die Vergangenheitsform, obwohl alles – letztlich – „Zukunftsmusik“ ist. Wie das „Traumteil“ hier (Foto 4).Ich stelle im September wohl auch ein Stück aus Steve Tibbetts‘ neuer Arbeit vor, die im November rauskommt. Bin gespannt, wo es sich in seiner umfangreichen „Albenhistorie“ einordnet, in der „wilden Musik“ rund um Hammerwerke a la „The Fall Of Us All“, oder „A Man About A Horse“ oder im meditativen Feld seiner stillen Meisterstücke a la „Northern Song“ oder „Life Of“.
Einige „Radiokreise“ schliessen sich, wenn abends am 22. Januar 2026 mein Steve Tibbetts-Portrait „laufen“ wird (im November und Dezember waren schon alle Termine vergeben). Meine allerersten zwei Radiosendungen überhaupt liefen abends, im Oktober 1989, über genau diesen Steve Tibbetts, erst im Deutschlandfunk, und unmittelbar danach, mit völlig anderem Skript und anderen O-Tönen, im NDR bei Michael Naura. Reiner Zufall, diese zeitliche Nachbarschaft, und eine schöne Herausforderung für ein „creative writing“-Seminar. Aber (patati patata!), wie gesagt: Zukunftsmusik, wie etwa auch das neue Dreifach-Opus der Necks, „Disquiet“ (Foto 1), das im Zentrum der „Herbsthorizonte“ aufleuchten könnte (so der alte Zauber weiter wirkt): „always different, always the same“.Weisst du noch, damals.
Nein.
Weisst du noch.
War es schön, es war doch schön, manchmal, oder.
Ja ja, auch. Aber.
Aber.
Es war auch … anders.
Unheimlich.
Manchmal unheimlich schön.Es ist eine Freude, die Kommentare zu lesen: darin kommt auch folgendes Album vor (Foto 5):
„Although somewhat unexpected choices of instruments, Takada and Bro share the affinity of openness and exploring sound as source material. Taking a step deeper beyond musical training, cultural background and age difference (which also would be besides the point since Midori Takada is by Bro considered forever young at heart, and Bro himself is nearly fluent in Japanese language), Until I Met You is its own ecosystem, a gesture of unity and worldbuilding. “I try to express myself with sound and have no ambition with my instrument other than to create moments of beauty with my fellow collaborators. I see Midori Takada as someone who can do exactly this. Turn a moment of nothing into something,” says Jakob Bro.“
Das Ende des Inselhopping
Ich reise früher zurück als gedacht. An dem grossen Backfisch lag es nicht, der ein Archetyp von Backfisch war mit archetypischer Remouladensauce. Es war eine kleine Mission, tief in Dortmund, vor dem Trip in den Norden, mit Blick auf den himmelnahen Käfer der Desperados, ein, zwei Biere zu trinken mit Jeff Tweedy. Mittlerweile landete der hyperdiskrete Link zu seinem Frühherbst-Dreifachalbum „Twilight Override“ in meinem Computer, und auf der Uwe-Düne stiess im Laufe eines Postkartensonnenuntergangs einiges an Dünenlaufkundschaft zu all diesen sich schlängelnden, schleichenden Liedern, die Jeff, in dieser dunklen Zeit, mit all den abgehängten kalifornischen Himmeln und Gazamordenden Israelis und Co., aus Düsternis und Lust aus dem Ärmel schüttelte. Ich spüre eine ferne Nähe zwischen Jeffs Singsang mit Jon Hassells Trompetenlinien. Nur ein Zufallszeuge murrte über die aus meiner Sonos-Box ertönenenden Songs, ob sich so etwas gehöre unter freiem Himmel. Ich sagte, welcher Himmel sei schon frei in diesen Jahren, und das hier sei Teil des Programms „Offizielles Nordfriesisches Entertainment für die Seele“ – ich sagte das freundlich, hatte aber keinen neuen Freund gefunden. Später sass ich mit dem einzigen Wilco-Kenner unter den Dünenkletterern beisammen, und wir pflückten das Lied „Stray Cats In Spain“ auseinander, dass es eine Freude war – mit der sprödesten Schrammelfigur seit meinem jugendlichen Scheitern an Peter Burschs Songbuch für Gitarre. Im Radio muss man aufpassen mit dem Wort „herzergreifend“. Ich bin also zurück in der elektrischen Höhle, habe meine „Inseldinge“ erledigt (ein Job, zwei Träumereien), meine Freude an Ben LaMar Gays „Yowzers“ entdeckt (nach dem drittem Hören), von der englische Ostküste in der Nachsaison geträumt (thank you, David Boulter!), auch von Rentieren auf dem Hardanger Plateau, und aus gut unterrichteten Kreisen erfahren, dass die neue Platte von Steve Tibbetts im November erscheint. Kreise schliessen sich.Der kleine Urlaub von Michael E
Failure is unimportant. It takes courage to make a fool of yourself. (C.C.)
Liebe Freunde, liebe gute Bekannte!Es ist unwahrscheinlich, dass ich mein kleines Road Movie im Juli mit diesem Käfer antrete, aber die groben Daten der Reise stehen fest. Zwischen dem 1. und 30. Juli schreibe ich hier nichts. Höchstens ein paar comments aus der Ferne. Meine nächsten Klanghorizonte sind am 31. Juli um 21.05 Uhr im Deutschlandfunk. Daher auch die einzig sichtbaren „Eingriffe“ meinerseits, in der wandlungsfreudigen Playist (nebenan in den „monthly revelations“, Abteilung „radio“). Man wird der Sendung vielleicht anhören, dass ich mit offenem Verdeck unterwegs bin. Wenn die Sendung gelaufen ist, geht es hier mit vorübergehenden 120 beats per minute weiter. Ich wünsche einen frohen Juli und gute Musik sowieso.
“Diese eindringliche Dunkelheit“ – eine Unterhaltung von Laura und Michael
Einführung 1: At a certain age, and equipped with a sense for funny risks, you just DO certain things. So I bought Bruce Springsteen‘s vinyl box set „Tracks 2“. Only foolishness? I‘m not even a hard core fan. From time to time, Bruce Springsteen entered my life and left traces. „Darkness On The Edge Of Town“ has always been my favourite Springsteen album. Along with „Nebraska“ and „The Ghost of Tom Joad“. And, yes, „Magic“. Some I didn’t like at all. So what made me really go for the big box of buried treasures? First: the cd „Lost and Found – Selections from The Lost Albums“. To my surprise there were more than just a few songs on it that really had an unexpected impact, something not heard before, a strange, dark vibe at times, and the impression of two, three of these tracks sounding like taken from a vintage Daniel Lanois production from the golden days of Grant Avenue Studios, Ontario. Or from that mobile studio with which he recorded Emmylou and Will. No joking. Second: this conversation between Laura Barton and Michael Hann. As some of you know: Laura belongs, along with Sam Phillips, to my favourite music writers from a younger generation, and now I loved the depth and their Springsteen talk in The Guardian so much that I couldn’t resist to make my own mind You can now read their talk here, in translation, or go for the original.
Einführung 2: Der Boss hat sieben verschollene Alben veröffentlicht, die zwischen 1983 und 2018 entstanden sind. Wo soll man anfangen? Lassen Sie sich zwei „Bruce-Gelehrten“ Licht ins Dunkel bringen … soeben hat er seine Schatztruhe: „Tracks II: The Lost Albums“ geöffnet, 83 bisher ungehörte Songs – es sei denn, man gehört zu den engen Freunden, denen Springsteen sie anscheinend seit Jahren vorgespielt hat. Um dieser riesigen Menge an neuem Material einen Sinn zu geben, hat der „Guardian“ die „Landstreicher“ Michael Hann und Laura Barton gebeten, die Risiken, das Bedauern und den Reichtum dieses bahnbrechenden Boxsets auseinanderzunehmen.
Michael Hann: Ich habe den Trailer für Springsteen: Deliver Me From Nowhere gesehen, der den symbolischen Moment zeigt, in dem der junge Bruce sein erstes neues Auto kauft, einen 305 V8. „Das ist sehr passend für einen gut aussehenden Rockstar“, sagt der Verkäufer und lehnt sich durch das Fenster. „Ich weiß, wer Sie sind.“ Springsteen schaut auf und sagt wehmütig. „Nun, das macht einen von uns.“ Ich glaube, das ist es, was Tracks II: The Lost Albums ausmacht: Springsteen, der in jenen Jahren, als die Welt eine sehr klare Vorstellung davon hatte, welchen Bruce Springsteen sie haben wollte, einen Sinn in sich selbst fand, vielen Dank. Ich habe das Gefühl, dass er jetzt ganz klar den Boss von einer anderen, nuancierteren Version von Bruce Springsteen abgegrenzt hat. Der Boss tourt mit der E Street Band; Bruce Springsteen schreibt seine Memoiren, tritt in einer Broadway-Einmann-Show auf und nimmt seiner Muse folgend unkonventionelle Platten auf. Jetzt ist er vielleicht in der Lage, das zu tun, was er in den späten 80ern und in den 90ern tun wollte, weil er sich sicher ist, zwischen diesen beiden Ideen hin- und herwechseln zu können – und er weiß, dass „der Boss“ eine Idee ist, die er geschaffen hat – und auch sicher, dass sein Publikum ihm genug vertraut, um nicht immer der Boss zu sein.
Laura Barton: Ich glaube, Sie haben damit Recht, vor allem mit der Frage, was die verlorenen Alben sind. Aber es ist interessant, dass er sogar in den frühen 80er Jahren, kurz bevor diese Aufnahmen entstanden, davon abrückte, der Boss zu sein – er veröffentlichte Nebraska und nicht Born in the USA. Ich bin mir nie ganz sicher, ob das aus Selbstvertrauen, Zwang oder einer Art Notwendigkeit heraus geschah. Was auch immer es war, ich denke, es hat eine Spannung zwischen den beiden Bruces erzeugt, die sich als fruchtbar erwiesen hat. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass diese Spannung vielleicht mit Songs wie Stolen Car und The River im Jahr 1980 begann, aber das ist ein Thema für ein anderes Gespräch, und wahrscheinlich spricht er es 1987 auf Tunnel of Love’s Two Faces selbst an …
MH Wo kommst du deinem platonischen Ideal von Bruce in diesem Set am nächsten?
LB In den ersten beiden Tracks aus den Streets of Philadelphia Sessions, die um 1993 herum entstanden – Blind Spot und Maybe I Don’t Know You. Sie haben diese eindringliche Dunkelheit, die meine Lieblingssongs von Bruce kennzeichnet. Du?
MH Ich dachte, es wäre auf LA Garage Sessions ’83. Sie klangen wirklich nur wie Band-Demos. Was mich am meisten überraschte und begeisterte, war Twilight Hours, das Bacharach-ähnliche Album, auf dem viele andere Musiker zu hören waren. Das hat er zusammen mit Western Stars aus dem Jahr 2019 geschrieben, und obwohl ich nicht sauer auf Western Stars war, fand ich, dass die Songs von Twilight Hours etwas sehr Altersweises an sich haben und Bruce auch in eine amerikanische Bar-Tradition zurückführen, wenn auch eine andere Art von Bar als The Stone Pony.
LB Ich habe laut gelacht, als Twilight Hours eröffnet wurde, auf eine herzliche und überraschte Art. Ich liebe diese Tradition des amerikanischen Songwritings – und der Performance. Es ist Bacharach, aber das Material hat auch viel von der Sehnsucht eines Jimmy Webb oder Glen Campbell. Aber seine Stimme hier ist faszinierend für mich, weil ich glaube, dass viele Sänger an einen Punkt kommen, an dem sie sich fragen, welchen Weg sie einschlagen sollen, und eine Menge bekannter Künstler verfolgen die Klassiker und graben das amerikanische Songbuch aus und nehmen diese Art von Kamingesang an, und es ist interessant, dass Bruce diesen Weg eingeschlagen haben könnte.
MH Das ist interessant, denn ich höre diese Lieder nicht auf diese Weise. Darkness on the Edge of Town von 1978 ist mein Lieblings-Springsteen-Album, und das hier scheint – auf eine sehr eigenartige Weise – ein Pendant dazu zu sein. Es klingt wie die Platte, die die Eltern der Figuren in „Darkness“ gehört haben könnten, um ihre Sorgen anzusprechen.
(Fortsetzung folgt)
“Diese eindringliche Dunkelheit“ – eine Unterhaltung von Laura und Michael (Fortsetzung)
Intermezzo 1: Zuweilen wirkt das Wort „Noir“, wenn man von alten Filmen spricht, wie ein Artefakt. Aber „Noir“ ist nicht historisch, und bleibt in keiner Zeit hängen wie ein Relikt. Man kann „Noir“ nicht goutieren, nicht mit Nostalgie überziehen, und es so besänftigen. Man kann das natürlich tun, aber es ist absurd. Lege Bruce Springsteens „Nebraska“ auf, und halte es aus. Von Anfang bis Ende. Schwerer, schwarzer Stoff. Fuck the Erinnerungsseligkeit. Jeder Song ist nachtschwarz. Zum Beispiel „Atlantic City“. (m.e.)
Intermezzo 2: „MAZZY‘S FINE OVERVIEW“
Intermezzo 3: In den frühen 1980er Jahren sah Springsteen überall die gleiche Leere. In der Verehrung der Habgier und den schwindenden wirtschaftlichen Aussichten für die Arbeiterklasse. In der gezielten Ausfransung von Amerikas sozialem Sicherheitsnetz durch die Reagan-Regierung. In der Art und Weise, wie die Gesellschaft zu zerbröckeln schien und so viele Menschen isoliert und wütend zurückließ. Springsteen las bis spät in die Nacht hinein und fühlte sich zu den Kriminalromanen von James M. Cain und den Südstaatengeschichten von Flannery O’Connor hingezogen. „Gothic“ und „Noir“, Hand in Hand. Er identifizierte sich mit den Helden der klassischen Noir-Geschichten, mit Figuren, die von Kräften bedrängt wurden, die sie weder sehen noch verstehen konnten. Im Kino begeisterte er sich für Charles Laughtons Film Die Nacht des Jägers aus dem Jahr 1955 und vor allem für „Badlands“, die fiktionalisierte Nacherzählung von Charles Starkweathers Mordserie in den Jahren 1957 und 1958 in Nebraska und Wyoming. Bei letzterem griff Springsteen zur Gitarre, wo sich der Film von Terrence Malick und die realen Verbrechen von Starkweather mit den Erinnerungen des Musikers an seine Großeltern vermischten. Zunächst betitelte er den Song „Starkweather (Nebraska)“. „Ich habe versucht, die Stimmung einzufangen, die in diesem Haus herrschte, als ich ein Kind war“, sagte er mir. „Öde und heimgesucht. Dieser unglaubliche innere Aufruhr.“
Ein zugegeben weiterer Sprung als man ahnt, vom Nebraska Noir zu den „Twilight Hours“. Aber genau mit dem Reden über diesen Songs spinnt sich die Unerhaltung von Laura und Michael weiter. Das Erstaunliche an „Tracks 2“ ist die Vielzahl an Stimmen und Stimmungen, die Springsteen verkörpern kann )den ich niemals im Radio oder sonstwo im Fansprech „The Boss“ nennen würde).Dass er unermüdlich die Stimme erhebt gegen „scumbag“ Trump, rechne ich ihm hoch an. (m.e.)
LB Das ist eine gute Art, es auszudrücken, aber ich sage nicht, dass es wie ein Kamingesang-Album klingt. Ich will damit sagen, dass der Croon seiner Stimme diesen Weg eröffnet, den ich für Bruce nie in Betracht gezogen habe.MH Du hast Recht mit dem Croon. Ich finde, dass seine Stimme auf Twilight Hours besser klingt als jetzt auf Rocksongs. Es ist schön, dass man die Anstrengung nicht hört. Aber ich möchte dich zu den Streets of Philadelphia Sessions zurückbringen. Ich liebe die Songs dort, aber ich hasse die Arrangements. Nun, nicht einmal die Arrangements. Die Drumloops, die zum Teil vom Hip-Hop der Westküste inspiriert sind. Das datiert alles so schlecht. Ich erwarte ständig, dass der Manager Jon Landau schreit: „Hört, wie der Schlagzeuger sich aufregt!“ Wir haben beide Teile des Bruce-Katalogs, die uns nicht besonders gefallen. Aber das hier?
LB Ich liebe diese Loops und werde sie bis in den Tod verteidigen.
MH Bist du okay, Schatz? Du hast dein Little Steven Bandana bedrucktes Toilettenpapier kaum angerührt.
LB Als ich hörte, dass sie enthalten sein würden, befürchtete ich, dass sie veraltet klingen würden, aber überraschenderweise glaube ich nicht, dass sie das tun. Die Art und Weise, wie sie eingesetzt werden, hat etwas sehr Starkes und Düsteres. Ich höre mir gerade Streets of Philadelphia’s Blind Spot an, und da ist ein Aufjaulen zu hören, das ganz anders ist als das Aufheulen von, sagen wir, I’m on Fire oder Atlantic City, aber es hat etwas Animalisches an sich, das mich ähnlich anspricht. Einige meiner liebsten Bruce-Momente in seiner gesamten Karriere sind diese wortkargen Äußerungen.
MH Mir gefällt die Tatsache, dass es sich im Wesentlichen um eine Reihe von Genreübungen handelt. Normalerweise denke ich, dass seine Genre-Pastiches das Schwächste in seinem Repertoire sind – top o‘ the mornin‘ für dich, irisch-amerikanischer Folk-Punk – aber diese Sammlungen auf diese Weise zu veröffentlichen, ermöglicht es mir, sie nicht als „das Album nach Tom Joad“ oder so zu hören, sondern als einzelne kleine Pakete.
LB Oh, das ist interessant, denn ich sehe sie jetzt nicht mehr so sehr als einzelne kleine Pakete, sondern als fortlaufende Gespräche mit seiner eigenen Musik.
MH Ich weiß, dass sie genau das für ihn sind. Denn er hat diese Gespräche mit diesen Liedern über Jahre hinweg geführt, während sie für mich brandneue Informationen sind. Es ist, als würde ich einen alten Freund sagen hören: „Habe ich dir jemals erzählt, dass ich an einem Wochenende in Ulaanbaatar geheiratet habe und geschieden wurde?“
LB Glauben Sie, dass sich das bei wiederholtem Zuhören ändern wird? Denn die Art und Weise, wie ich sie in den letzten Wochen gehört habe, war mit dem Rest seines Repertoires vermischt. Ich habe sie sozusagen in das Gefüge dessen, was ich schon kenne und liebe, zurückgenäht.
MH Ja, ich denke, das werden sie – wie viele der Songs aus der ersten Tracks-Sammlung oder aus den Darkness- und River-Boxen. Ich bin fasziniert von der Art und Weise, wie eine Generation älterer Musiker – Bruce, Neil Young, Bob Dylan, Joni Mitchell – ihre Tresore geleert hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dabei nur darum geht, diese netten geriatrischen Dollars zu kassieren. Ich frage mich, ob sie alle auf ihre Weise all den Fragen über, nun ja, alles zuvorkommen wollen. Es ist, als ob sie sagen würden: Hier ist alles, alles, was mir musikalisch durch den Kopf gegangen ist; entscheide du selbst.
LB Mein Verdacht ist, dass es etwas mit der Freiheit und Trittsicherheit zu tun hat, die man findet, je älter man wird. Dass es etwas damit zu tun hat, keine Angst zu haben, gesehen zu werden. So wie Bruce die Autobiografie und die Broadway-Show geschrieben hat und dadurch einige Elemente seines Lebens und seiner Karriere ans Licht kamen, die ein jüngerer Bruce vielleicht lieber verborgen gehalten hätte – so fühlt sich das für mich wie eine Erweiterung dessen an. Und vielleicht gibt es auch eine Verbindung zur Eröffnung des neuen Springsteen Archives/Center for American Music im nächsten Jahr: ein Geschenk an unser Verständnis eines Werks. Es ist die Anerkennung der Tatsache, dass es erhellend ist, seine Arbeit zu zeigen.
MH Es gibt etwas, das er in Interviews gesagt hat, das mich interessiert, nämlich dass sein Publikum für diese Alben „nicht bereit“ war. Das deutet auf eine gewisse Unsicherheit hin, die er inzwischen überwunden hat. Denn in Wahrheit werden sich nur die Besessenen in so viel Musik vertiefen, und das ist gut so, und das wäre auch damals schon so gewesen. Aber damals, ohne die E Street Band, hatte er vielleicht das Gefühl, zu viel zu riskieren. Wenn er also fast ein ganzes Jahrzehnt lang keine Rockmusik machen wollte, sollte er besser nicht zu viel Nicht-Rock herausbringen, damit die Rocker noch da waren, wenn er bereit war, zurückzukommen. Ich glaube nicht, dass er jetzt, wo er wieder vor 75.000 Menschen pro Abend in Europa spielt, so unsicher ist.
Intermezzo 4: „Mazzy ranking the lost albums“
(Es folgt noch der dritte und letzte Teil. Allerdings erst Anfang August. Die gesamte Unterhaltung findet sich dann in unserer Kolumne TALK wieder. Noch etwas verfeinert.)
Monthly Revelations (June)
ALBUM – in the preparation of my penultimate edition of KLANGHORIZONTE on July 31, I came across a little masterpiece from the genre of „where-am-i-music“. „Different Rooms“ ist the third International Anthem Release from the duo Jeremiah Chiu & Marta Sofia Honer following their beatiful collaboration with Monsieur Kalma. The photo here is from that awesome solo album by Amina Claudine Myers, titled (for good reasons) „Solace of the Mind“ that was another hot contender for the „album of June“! (On the fine „Zen Sounds“-blog, Stephan Kunze just reviewed three albums from jazz and beyond, and one of them is the terrific „Different Rooms“. The other two are Mary Halverson‘s „About Ghosts“ and, well, „Solace of the Mind“!)
FILM – A few days ago, Richard Williams wrote a review about a movie that every flowworker will, I think, love, or, at least, like very much. The good thing is: it will soon arrive in German cinemas. So i know what some of you will be doing on a nice midsummer evening. Don‘t hesistate to spread word and set the exepectations high in regards to „The Ballad Of Wallis Island“. A film about a „corporate“, a well-paid private gig for rich people. Dear all, please rememeber, on a legendary meeting of Manafonistas years and years back on the island of Sylt, I planned such a „corporate“ with „The Sheriffs of Nothingness“ on Rantum Beach, the deal was nearly realized when the project stopped because two or three Manas simply didn‘t like that great duo as much as I did. In fact It was the only summer of my life I could call myself rich for a while. Maybe I should have asked Roedelius…
PROSE – You‘ll find there my great and deep reading pleasuree of the last two years in the wide field of great crime novels. Literally literary crime novels, beautifully written, with a sense for excellent plotting, suspense, and three dimensional figures. Among these books is one of the deepest Swedish crime novels since the days of Stig Larsson, „Wenn die Nacht endet“ by Christoffer Carlsson!
TALK – Remember the conversation with Jan Bang and Erik Honoré on their collaboration with David Sylvian, especially the one that led to his later days masterpiece „Manafon Variations“. You can atill read it on the blog diary, and for two months, it was placed in our TALK column. And, here we go, for a second month, with Beatie Wolfe‘s „solo talk“ from Brian Eno‘s studio in Notting Hill. She recorded it top-notch, and it is even a joy to listen to her, if you haven‘t been falling in love with „Luminal“ as I did from first listen onwards.
- BY THE WAY, LAJLA, DID LUMINAL ARRIVE IN EL HIERRO FINALLY?)
- Estoy muy contendo. Gracias!
RADIO – My evening hour of KLANGHORIZONTE will be aired on July 31, 9.05 p.m., and, no surprise, I am still looking for the perfect sequencing of the most beautiful albums. Thus, it can look different every day. And the best sequence means: not every fine album fits that hour – Amina‘s „Solace of the Mind“ still hasn‘t found its place, nor has Fred Hersch‘s forthcoming trio album on ECM with Joey Baron and Drew Grass.
BINGE – Just a quiet praise for two new NETFLIX series, „Sirenen“, and „The Survivors“. To quote Lucy Mangan from the Guardian: „Without ever losing its wit or bounce, Sirens becomes a study in family, class and all sorts of other power struggles, the endless possibilities for good and ill that wealth brings, and the legacies of childhood trauma.“
ARCHIVE – Die drei Neil Young-Alben, die den Soundtrack meiner Jahre und Jahre am intensivsten und dauerhaftesten mitgeschrieben haben, heissen „After The Goldrush“, „Tonight‘s The Night“, und „Zuma“. ZUMA wird im November ein halbes Jahrhundert alt.
How to move into a nearly forgotten corner of my living room in 1978 or 1979 (das 36. flowflow-Musikrätsel)
DER RAUM – Das Foto stammt aus meinem Bilderfotoband „Die Abenteuer einer schwarzgekleideten Frau“ – natürlich ein Unikat, das ich einst meiner Verlobten in Würzburg schenkte. Den leicht verwaschenen screenshot machte ich, als ich sie einmal, 100 Jahre später, besuchte. Ein sehr verwaschenes Bild, und ich gäbe einiges dafür, mir das Plattenregal links im Foto nochmal vornehmen zu können. Einzig Beethovens 8. Symphonie passt nicht ins Bild, gehört also nicht zur richtigen Antwort.
Das Quintett – Bei dem „Alben-Quintett“ ist auch ein Doppelalbum vom „dark magus“ dabei, Jahre bevor Brian Eno ein Stück davon als Inspirationsquelle für „On Land“ erwähnte (in verblüffender Nachbarschaft von Fellinis Amarcord). Würde ich aus den fünf Schallplatten, um die es hier geht, eine Stunde freestyle-Radio machen, niemand würde sich wundern – eine wandlungsfreudige Klangreise ins Herz der Siebziger Jahre, mit Rock, Jazz, Fusion – und einem Opus, das den Blick, über vertraute amerikanische Gartenzäune hinaus, in ferne Horizonte schweifen schweifen liess!
DIE ZEIT – This has been our (and then my) living room between 1977 and 1979. Gerbrunn near Würzburg. Now, look deeper into the picture. I found it years ago. I do not have any photos from those years, so looking at it for the first time after eternities, brought back a flood of feelings, memories – amd sounds remembered.DAS RÄTSEL – You can stay cool and watch out for all the albums / covers you will find exposed here. Forget about that one album left from the record player. Something classical, not my thing. But the other five ones, well, they stayed with me all my life.
DIE AUFLÖSUNG –
Miles Davis: Get Up With It (Including He Loved Him Madly and Maiysha)
Anthony Braxton: Creative Orchestra Music 1976 (Ein allseits geschätzter Kollege betrachtet seine wenigen Alben für Arista als Braxtons „heiligen Gral“)
Neil Young: On The Beach (oh, my god, what a terrifiic work)
Dave Liebman & Richard Beirach: Forgotten Fantasies (Michael Cuscunas Label veröffentlichte damals in kurzer Zeit einige wundervolle Alben, inspiriert von der ECM-Ästhetik, zB von Sonny Fortune, Dave Liebman, oder auch von Paul Desmond, als er schon sehr krank war. Cusvücunas Label hatte übrigens den Namen HORIZON.
Oregon – Live In Concert (ich hatte mir seit Distant Hills jedes Album von Oregon gekauft, bis zu den ECM-Platten. Live In Concert bekam völlig zurecht fünf Sterne von downbeat).
The Perfect Sunday Morning Albums
Well, if you click on the first line, some DJ‘s from National Public Radio discuss perfect Sunday Morning albums. And there are some Sunday Morning Standards, like Miles‘ bluest album ever, or surprising choices like Lauries Spiegel‘s „The Expanding Universe“. A good choice anyway, so what are the choices of a flowflowie! Here is my list of the three mind blowing and ultimately relaxing Sunday Morning Albums:
- Dadawah: Love And Peace
- Beatie Wolfe and Brian Eno: Luminal*
- Bo Hansson: Lord of the Rings**
* Luminal radiates an atmosphere of dreaminess and euphoria and melancholia from beginning to end, capturing a sense of quiet transcendence throughout the project.
** i played this album when I was 16, about 200 times and more, and, you think, that‘s enough for a lifetime but i came back to it after decades on my strange real life road movie through the Northern Highlands in 2016, literally in the days after David Bowie died, and now it is a classic Sunday Morning Album offering a feel with a „come rain or come thunder-everything is mysterious-vibe“! I love this album from a Swedish loner more than the blockbuster movies, and more than the Tolkien novel itself.“