Ein paar Geschichten rund um Tabula Rasa (1)
In der Vinyl-Serie „Luminessence“ von ECM ist nun, zum 40-jährigen Bestehen der „New Series“, das erste Werk dieser Reihe für notierte Musik als Schallplatte mit Gatefold-Cover wiederveröffentlicht worden. Zu einem stolzen Liebhaberpreis knapp unter 50 Euro. HIER ein zehn Jahre altes Gespräch mit dem Produzenten Manfred Eicher darüber. Es folgt, bis Monatsende, ein kleiner launiger Text zu diesem aussergewöhnlichen Werk. Vielleicht haben ein paar Leser dieser Zeilen Lust, sich das Album erst einmal (wieder) daheim anzuhören (auf Cd, einer etwas älteren Schallplatte, oder als Download) und ihren eigenen Erinnerungen und Empfindungen nachzuspüren. Wer mir seine kleine „Hörgeschichte“ mit „Tabula Rasa“ erzählen möchte, schreibe diese bitte, egal wie kurz oder lang, an micha.engelbrecht@gmx.de
„Jazz im Deutschlandfunk“
(JazzFacts, Deutschlandfunk, September 5, incl. the talking voices of Søren Skov, Frode Haltli, Bill Frisell, Kit Downes, Florian Weber, Miles Okazaki, Johannes Ludwig – and Wayne Shorter‘s take on a beloved movie tune from the 80‘s, „The Edge Of The World“) … on amazon prime: Zero Gravity – The life and times of Wayne Shorter in three parts. Thinktank and inspirations by Brian Whistler.
Søren Skov Orbit: Adrift (Frederiksberg)
Frisell / Cyrille / Downes: Breaking The Shell (Red Hook)
feature 1: Miles Okazaki: Miniature America (Karl Lippegaus)
feature 2: Florian Weber: Imaginary Cycle (Niklas Wandt)
feature 3: Nano Brothers: Ascend Flowers (Odilo Clausnitzer)
Trygve Seim / Frode Haltli: Our Time (ECM)
Wayne Shorter Quartet: Celebration, Vol. 1 (Blue Note)„Celebration, Vol. 1“ simmers and stews with creative possibilities. And hey, I even recognized Orbits! The lovely Edge of the World by film composer Arthur Rubinstein totally floored me. And following it, Lotus was equally stunning. I didn’t hear anything in this rendition of She Moves Through the Fair that particularly reminded me of the original recording – the main theme is nonexistent, but it was a hell of a strong free group improvisation to end the record with. Perez is almost psychic here. He’s the glue that makes it really come together. He’s the net under the constantly transforming textures and sonic explorations. But of course, each player is integral in keeping the kinetic sound sculptures from collapsing. Brilliant stuff.“ (Brian Whistler).
Ein Dank auch an Ingo J. Biermann für die Bereitstellung seiner Gespräche mit Kit Downes und Bill Frisell. Zur Veröffentlichung wird sein kleiner „Film zum Album“ bei youtube zu sehen sein.
Des weiteren hatte ich das Glück, dass Jens Müller der Techniker bei dieser Produktion war. Man kann hören, wie wunderbar die Mischung aus Klang und Wort geworden ist. Und wir mussten beide schmunzeln, dass am Ende der Stunde Wayne Shorters „Edge of the World“ noch gute fünf Minuten zu hören war – der perfekte Ausklang einer Sendung, welche, in Form und Sequencing, einem „imaginary cycle“ nahekommt.
„From Strawberry Hotel to Keel Road (and the jukeboxes in between)“
„Wo der Geier gleitet, absteigend
Auf einer Asphaltautobahn, die sich
Durch Bibliotheken und Museen, Galaxien und Sterne
Die windigen Hallen der Freundschaft hinunter
Zu der Rose, die von der Peitsche gestutzt wird
Das Motel der verlorenen Gefährten
Wartet mit beheiztem Pool, beheizter Bar“
There will come, in October and November, some promising albums (possibly mixing up the places 2 to 10 in Olaf’s and my „Nikolausliste“:)), and this is the cover of one of them, „Strawberry Hotel“. Underworld‘s last effort, „Drift“, was an artistic success all the way through (in my ears), the short version and especially the long epic edition. It was music to sink in, and as i was never much into techno (except some of it I preferred to listen to while sitting, not raving. I even danced to „Drift“ in my electric cave, and normally only dance here when listening to Marc Bolan‘s best song).I had my Underworld days long after their early milestones (two of them were classics, „Beaucoup Fish“ not that strong). Later came the „Barbara“ album that didn‘t impress me too much, but „Drift“ was and is killer, always only a look and a dance and a deep listen away. I love to listen to „Drift“ in the dark, with the mini-movies or without. I love the way Karl Hyde let his lyrics and diary notes enter the tracks. His way of delivering words. Now one of the songs you can listen to HERE from the forthcoming album, reminds me of his first collaboration with Eno (my interview is HERE, and now ten years old), and i could imagine Brian‘s voice from 2014 joining Karl‘s verses, but that‘s just my imagination running away with me. (You know this classic? Who doesn‘t. When I heard it in the radio back in 1971 for the first time, I was literally floored. Buyed the single. Played it again and again. Til I was inside. Time capsules. Like THIS one.
Back to Underworld. I just have preordered this double album in vinyl, in a rush with the moving pictures Brian, The Whistler, recently wrote about, „Music For Black Pigeons“. A gift now for soul mates. A propos Jakob Bro who is a central figure in that documentary : i will see the Danish guitarero on one of his concerts in December, it may be December 04 at the Domicil in Dortmund, or at a festival in Palma de Mallorca three days later. At his side Arve Henriksen and Jorge Rossy. Speaking of Bro, immediately brings to mind his fantastic 2023 live album with Mikkelborg and Mazur (now available on vinyl, too), the nothing less than awesome debut of the Danish Søren Skov Orbit (Olaf, Norbert and me now are close to open up an internarional fanclub).
Seriously, I had the fantasy of a three record box of SSO and sent Manfred Eicher a message to keep an ear on this heavenly music corporation. Now my story with telling Manfred about artists he should work with, is (over the decades) thankfully very short – and reads itself like this: The Necks, Tigran Hamasyan, Thomas Köner, and SSO. And now, the icing – and the strawberry – on the cake: another Danish record you may fall in love with: „Keel Road“. Take your time listnening to this: „Once A Shoemaker“. And, speaking of ECM, „Keel Road“, and a somewhat older album (with the Cicada String Quartet, and the voice of Annette), „An Acrobat‘s Heart“, will get their vinyl appearance a few weeks from now, in September and October.
Assoziationen zu der Erinnerung eines anderen (Teil 1)
„Die Kombination des Schlagzeugers Pete La Roca und des Bassisten Steve Swallow auf Paul Bleys Footloose hatte mir sehr gut gefallen, und auf Basra (1965) kamen Pete und Steve wieder zusammen, um eine offenere Musik zu erkunden, begleitet von dem stets inspirierenden Steve Kuhn am Klavier und Joe Henderson am Tenor. Unter den vielen Blue Notes mit Henderson sticht diese Aufnahme wegen ihres Geistes und ihrer Energie hervor. La Roca verschwand für lange Zeit von der Bildfläche, um Jura zu studieren und dann zu praktizieren. Nach seiner Rückkehr spielte er mit John Abercrombie, und eine Zeit lang war ein Aufnahmeprojekt mit Pete, John und Kenny Wheeler im Gespräch – das leider nicht realisiert wurde.“
Das erzählte Manfred Eicher vor Jahren, als er nach seinen Favoriten bei Blue Note gefragt wurde. Wer vertraut ist mit ECM-Alben der genannten Musiker, kann sich ganz gut den Sound und die Atmosphäte dieses imaginären Trios im Geiste vorstellen. Einige Assoziationenen zu den Protagonisten dieser Erinnerung…Pete La Roca: Vielleicht habe ich eine Blue-Note-Platte, bei der er Sideman war, aber ansonsten keine greifbare Erinnerung. Vielleicht kennt ein Leser Basra, es wurde, lese ich, 2020 remastert, und erneut auf Vinyl herausgebracht.
Steve Swallow: Der Bassist begegnete mir erstmals zu einer Zeit, als er schon vom akustischen zum elektrischen Bass gewechselt war: in Dortmund kaufte ich mir, frisch zum Erscheinungsdatum zwei Lp‘s, die in einer Hülle zusammen verkauft wurden, Steves Duos mit Gary Burton und Ralph Towner – traumhaft! Meine Frage war, beim Betrachten des eines Covers: Wo ist das „Hotel Hello“, da will ich hin!
Paul Bley: Paul Bley haute mich um mit seinem ECM-Soloalbum „Open, To Love“. Der Sound war speziell, und anders als die ebenfalls damals in Oslo aufgenommenen Solowerke von Keith Jarrett („Facing You“) und Chick Corea (Piano Improvisations, Vol. 1 und 2), die mich nicht weniger umhauten und das heute noch schaffen, hatte „Open, to Love“ einen eigenartig-dünnen, spinnwebenhaften, auch kühlen Sound. Wieso habe ihn damals, als ich Mr Bley in Bremen interviewte (und er mir mein vielgerühntes, mittlerweile historisches, Sennheiser-Kondensator-Mikrofon abkaufte), nicht danach gefragt? Ein unbeabsichtigter Effekt der Aufnahme, oder kalkuliert, weil er beim Spiel die Hüllkurven früher Synthesizer nachempfinden wollte?
(Teil 2 findet sich am 2. September)
Der Klang von Tintagel (John Surman zum 80. Geburtstag, mit etwas Verspätung)
“My Room Is Full Of Boxes Of Loose Threads“
(Ingo‘s interview video)
Polperro / Tintagel / Trethevy Quoit / Rame Head / Mevagissey / Lostwithiel / Perranporth / Bodmin Moor / Kelly Bray / Piperspool / Marazion ./ Bedruthan Steps. Etliche dieser Orte wirst du heutzutage leicht ansteuern können. Damals, auf einer Reise nach Cornwall, noch im letzten Jahrhundert, in der Woche, als Bob Dylans „Time Out Of Mind“ erschien, 1998 oder 1997, brauchten wir noch Landkarten.
Ich hatte, in einer Besprechung von „Road To St. Ives“ (Jazzthetik), dem Fremdenverkehrsverein von Cornwall empfohlen, mit diesem Soloalbum von John Surman Werbung zu betreiben. Tatsächlich machen die Namen neugierig, Orte, die in historischen Roman auftauchen, Geschichten von Liebe, Tod, Wahnsinn, Hexerei sowie Legenden, die in unseren Hinterköpfen rumschwirren, von König Artus bis zu den Nebeln von Avalon. Es war später Sommer, als John Surmans Platte (und Dylans melancholisches Album) zum Soundtrack unserer Reise wurden.
Wir schliefen in dem Haus, und dem Himmelbett, in dem Daphne de Mauriers Schreibzimmer unversehrt erhalten war: hier hatte sie den berühmten Piratenroman geschrieben, den Hitchcock später verfilmte, oder war es nur „Rebecca“? Wir gingen durch den kleinen Ort mit dem wundervollen Namen Tintagel, ich erinnere mich an das Backsteinpflaster, die Ruhe am Meer, einen Fish’n’Chips-Laden, aus dem tatsächlich Scarborough Fair in der Version von Simon & Garfunkel ertönte.
Wir wanderten lange Tage auf dem Coastal Path, von Klippe zu Klippe. Wir brachen auf zu Trethevy Quoit. Die Sonne stach vom Himmel, schließlich kamen wir dort an. Ein oller Steinhaufen, dem man nur mit viel Phantasie etwas Pittoreskes abgewinnen konnte. Ein Hund schlug an der Kette, neben dem keltischen Ort der Kraft hingen weisse Bettlaken im müden Wind. Der Ort hatte allen Zauber eingebüßt. Eine Ruine ohne Strahlkraft.
Das entsprechende Stück von John Surman ist sehr kurz, ein Furor mehrerer übereinander geschichteter Saxofone. Ich spielte es öfter in den Klanghorizonten, als akustischen Koffein-Booster, und habe John Surman später einmal gefragt, wie er auf die Namen dieser Kompositionen gekommen sei. Ich glaube, er hatte einfach Namen genommen, die er mit Reisen in seiner Kindheit verband, oder solche, deren Klang ihm gefiel. Anouar Brahem liebte das Album. John Surman ist in diesem Jahr 80 geworden, wie ich gerade bei Ingo gelesen habe. Ich sah ihn nur einmal live, in Münster 1974, mit S.O.S., viele Jahre späte sprachen wir über „Thimar“ sprachen, das Trio mit Anouar Brahem und Dave Holland.
Über die Jahrzehnte landeten all seine Soloalben bei mir, auch seine Duos mit Jack DeJohnette. Jedes Werk garantierte mindestens einen Ohrwurm (wie etwa „Nestor’s Saga“), und ich bekomme gerade beim Schreiben Lust auf das zweite Album jenes Paul Bley Quartetts, bei dem neben John Surman auch Bill Frisell und, ich glaube, Paul Motian dabei waren. Es hiess schlicht und ergreifend „The Paul Bley Quartet“.
Assoziationen zu der Erinnerung eines anderen (Teil 2)
Steve Kuhn: Meine eindeutig liebste ECM-Platte von Steve Kuhn ist heute ein fast vergrabener Schatz: sein Soloalbum „Ecstasy“ ist beispielhaft, was meine Idee von „wild-romantisch“ angeht, das Ausreizen der Räume zwischen „hingetupft“ und „voller Dröhnung“ (ohne auch nur einmal im Pathos zu versinken).
Joe Henderson: Habe fast alles Blue-Notige von ihm verpasst, und meines ersten beiden und lange einzigen Alben dieses grossen Saxofonisten waren zwei innig geliebte Scheiben aus der „Fusion“- und „Spiritual Jazz“-Ecke der Siebziger Jahre, „Multiple“ (mit dem Gespann Dave Holland / Jack DeJohnette) sowie „The Elements“ (oh my god!)… wann immer ich Blue Note rückwärts entdeckte, mochte ich seinen warmen, durchdringenden Hornklang, etwa auf dem famosen „laid back jazz“ von Kenny Burrells „Midnight Blue“.
John Abercrombie: ich habe mal ein langes Interview mit John Abercrombie gemacht. Wer will, kann das Porträt HIER nachhören. Ich verstehe, wieso John sein zweites Duo-Album mit Ralph Towner, „Five Years Later“ höher einschätzte, als ihr Debut „Sargasso Sea“, aber ich liebte beide (und sehe heute noch mein kleines, am Morgen sonnengeflutetes Zimmer im Würzburger Studenenwohnheim vor mir, in meinen Wochen mit „Sargasso Sea“).
Kenny Wheeler: müsste ich meinen Favoriten von Kenny auswählen, käme ich früher oder später auf „Deer Wan“. Mit John Abercrombie und den üblichen Verdächtigen für das Jahr 1977. Bei „Sideman Kenny“ denke ich an das erste Azimuth-Album, und an sein Spiel auf Anthony Braxtons grossem Wurf „New York, Fall 1976“.
“When there is no sun“
Ein halbes Jahr, oder anderthalb Jahre, bevor diese Platte in Rom entstand, war ich auf der einzigen Verlobungsreise meines Lebens, etwas nördlicher allerdings, zwischen Perugia und Padua. Mit einem Abstecher nach Venedig natürlich, einem damals weitgehend verdreckten „Sehnsuchtsort“ voller Giftschilder, und selbst der Platz mit den Tauben strahlte nur lang verblichenen Glanz aus. Gut zwanzig Jahre früher war Katherine Hepburn vor Ort, als David McLean dort „Summertime“ (1955) drehte. Ein kultureller power spot meines Trips war ein Plattenladen in Perugia oder Padua, nichts weniger als ein Sun Ra-Shangrila: über zwei Regalreihen verteilt, so viele seiner auf kleinen, obskuren, wagemutigen Labels vertriebenen Schallplatten! Italien war für Sun Ra scheinbar ein perfekter Ort des Verweilens zwischen zwei Weltraumerkundungen. Wäre mein Geldbeutel besser gefüllt gewesen, ich hätte ich im grossen Stil zugeschlagen. Christiana war daran gewöhnt, dass ich sie in manchen Plattenladen schleppte, und (was man so alles erinnert) sie war dabei, als ich in Paris, Im Quartier Latin (grosser Laden, erster Stock), „Fast Last!“ von Lester Bowie erstand, und „New York, Fall 1976“ vom Anthony Braxton Quartet. Und in München, bei Elektro Egger in der Gleichmannstrasse 10, erster oder zweiter Stock, Paul Bleys „Alone, Again“ (auf diesem kleinen feinen Paul Bley-Label, Improvising Artists Inc. (IAI), in dem auch mal ein Album namens „Turning Point“ mit dem Sun Ra-Weltenwanderer John Gilmore erschien, an der Seite von Paul Bley, Gary Peacock und Paul Motian).
„New Steps is one of several albums done with this basic lineup in January of 1978. This album is billed to the Sun Ra Quartet, but it sounds like there’s a bass player present on at least some of the cuts (it could be Ra, but he’d need three hands). There are two standards amongst a program of Ra originals, and things get started with a stellar version of „My Favorite Things.“ The music quickly takes its only sharp turn toward outer space as Ra introduces listeners to „Moon People,“ the only track where Ra emphasizes synthesizerk over piano.“
So beginnt Sean Westergaards Besprechung von „New Steps“. Ich kam auf das Album, und speziell das unten zu hörende Stück „When There Is No Sun“ – ein wunderschönes Beispiel für „spacige evergreens“ in seinem Werkeverzeichnis – weil Søren Skov es auswählte für eine Stunde der Sendung „Hidden Tracks“ auf byte FM, in der er auch über sein fantastisches Album „Adrift“ sprach (ich warte in diesen Tagen auf seine audio-files, für mein JazzFacts-Magazin am 5. September). Gilles Peterson hatte mal vor Jahren eine sehr gelungene Sun Ra-Compilation herausgebracht, wo die melodische Seite des Meisters im Vordergrund stand. Jedenfalls begeisterte sich Søren Skov für das hingebungsvolle, neugierige Saxofonspiel seines Kollegen John Gilmore auf dieser Komposition („humble“ ein Wort seiner Wahl) – ganz und gar traumhaft in der Tat! Seans Besprechung eines Albums, das im Laufe der Jahre mit zwei Covergestaltungen im Handel war, geht dann so weiter:
„Sun Steps“ is a slow tune featuring some beautiful piano playing from Sun Ra. In fact, the remainder of the album is on the mellow side („When There Is No Sun“ is the only track with vocals), and features some great statements by John Gilmore and Ra. Michael Ray is in fine form as well, if somewhat less exuberant than usual. With such a small group, solo space is ample, and Luqman Ali’s understated drumming really holds things together nicely. New Steps is another fabulous release from Sun Ra, but all the Horo albums can be difficult to find.“
Recorded in Rome, Italy, January 1978. Such a brilliant piece from the album that i downloaded at bandcamp for 10 Euros, . You can download it on Bandcamp. Thanks for Søren Skov‘s recommendation! The old vinyl is a bit more expensive, between 260 and 490 Euros! In a region of „moon prices“, comparable to the vinyl edition of Jon Hassell‘s fantastic double album „Last Night The Moon….“ Any guys out there who want to make me a nice gift?! 😉Eine Art Unverwundbarkeit
Vielleicht ist meine Sendung über Brian Blade noch irgendwo vorhanden in den Archiven des Deutschlandfunks. Um Mitternacht herum, nach seinem Auftritt im Quartett von Wayne Shorter in der Kölner Philharmonie, sassen wir in einer kleinen Ecke am Ende des Flurs in einem nahgelehenen Hotel , und ich stellte die Fragen, die man stellt, wenn man in 55 Minuten Radio einen grossartigen Schlagzeuger und seine Vita nahebringen möchte. Ein Teil des Gesprächs drehte sich um seine Aufnahmen mit Dan Lanois, ein Teil um seinen Mentor Ed Blackwell, auch dessen fantastische Duoalben an der Seite Don Cherry (MU und EL CORAZON), wir sprachen über die tiefen Spuren, die frühe Jahre in New Orleans hinterlassen haben, und über den kaum fassbaren Zauber des Wayne Shorter Quartetts. Unspeakable, and all happens without a net.
Ich hatte Wayne bereits backstage 10 Minuten interviewt, und wusste damals noch nicht, dass seine kryptischen, surreal anmutenden Antworten Teil seines Spiels waren, selber eine gewisse Freude an solchen Befragungssituatuonen beizubehalten. Die Vier sind meines Wissens nie ins Studio gegangen, ihre an Zahl recht überschaubaren Werke sind allesamt Dokumente von Liveauftritten. Als Wayne mit seiner Frau alte Aufnahmen, diesseits und jenseits dieser Band (die ich zu den aufregendsten längerlebigen „Saxofon-Viererbanden“ der Historie zähle, in drei Atemzügen mit dem „amerikanischen“ Quartett von Keith Jarrett, und dem John Coltrane Quartett) für die Zeit nach seinem nahenden Tod durchging, fiel die erste Wahl auf „Celebration, Vol. 1“, aus Kopenhagen. Let‘s talk great double albums in jazz history. Circle – Paris Concert, for example.
So, und langsam komme ich zum Kern dieser Tagebuchnotiz. Ich lege jedem Leser und jeder Leserin dieser Zeilen die Idee ans Herz, sich die Musik als Doppel-Cd oder Doppel-Lp zu besorgen, an einem Abend alle Störfelder zu beseitigen, sanftes Licht oder Dunkelheit herzustellen, und den Kopenhagener Auftritt von 2014 auf sich wirken zu lassen. Nicht als posthume Dankbarkeitserweisung, sondern, weil ich ja nicht der einzige bin, der hier etwas Besonderes erlebt hat und erleben wird. Natürlich sollte man eine grundsätzlich Lust an solch offenen, raffinierten, abzweigungsfreudigen Improvisationnen haben. Alles fliesst, alles mäandert.
Am liebsten würde ich hier die Geschichten solcher privater Hörabende lesen, sollten die Michaels (und der Wolfgang) aus Saarbrücken und Bremen, Toni aus Ostfriesland, Norbert aus Hamburg, klar, Ulrike aus Düsseldorf, Lorenz aus Leinfelden-Echterdingen, Andreas aus Ostrwalhausen (oder wie das Kaff heisst), alle anderen El Hierro- und Lanzarote-Reisenden der nahen Zukunft, und ein paar Flowworker sich auf diese wunderbare Klangreise begeben. Einfach nur die Begleitumstände, die Randdaten, den jeweiligen Hörraum, die Stimmung vorher und nachher. Die Vorbereitungen. Der ausgewählte Wein, oder andere massvoll eingesetzte Drogen. Das Foto zeigt übrigens unsere sehr relaxte Katze Fusel, in einer kleinen Pause, nachdem sie die ersten zwei Seiten des Doppelalbums gehört hatte. Nur so eine Idee, am besten gleich vergessen, oder auch nicht. Free choice, time for improvisors!
Ich ertappte mich jedenfalls dabei, über weite Strecken völlig sprachlos zu sein. Das Wort sublim wird vielleicht auftauchen, wenn ich im Radio dazu ein paar Sätze sage. Würde die Welt hinter Tonis Fenster, wie vor zwei Jahren, wieder mal tiefdunkel werden (in shocking moments while time stands still and nature forgets breathing), und ein Baum von einem Tornado der Stufe F2 aus dem Erdboden gerissen, er würde, mitten in „Orbits“, einfach nur weiter atmen, wohlwissend, dass seine Bande, Frau und Hund, nebenan weilen, keinerlei Furcht empfinden: zuweilen gewährt Musik wie diese ein tiefes Empfinden von Unverwundbarkeit. It sends you places.
Der wunderbare Song aus der Wirbelsäulengymnastikstunde
Susanne Rosenkranz bietet uns natürlich mehr, und bezieht den ganzen Körper mit ein. In seltenen Momenten fliege ich durch den Raum, meist lerne ich meine Grenzen kennen, wenn sie uns beispielsweise en passant, und mit pointiertem Humor, maximal aus dem Gleichgewicht bringt, natürlich mit einem ausgefuchsten Konzept. Immer wieder tauchen alte Tamla Motown-Songs als beschwingter Hintergrund auf, und so kam ich vor einer Woche mit halbwegs geschwungenen Ruderbewegungen völlig aus dem Takt, als dieser eine wunderbare Song mich aus der Bahn warf. Dabei kannte ich ihn allemal, und hätte den Oldie Oldie sein lassen können. Aber wie so oft, wenn ein einziger Sound, ein gewisses Etwas aus einem wie immer gearteten Klanggebilde voll reinhaut, will ich nur eins: mich in seinem Kern, lauschend, still und ergriffen, gern auch in wildem Tanz, auflösen. Nun fragte ich Susanne hinterher und sang ihr zwei Stellen vor, aber ihr fiel dazu wenig ein, und auf der Kassette stand ohnehin nur „Platters“. Daheim googelte ich mich zu den Hits der Platters, aber mein Song klang anders, voller, satter. Fast wie zwei Powerlieder in einem. Mittlerweile verzettelte ich mich zunehmend, etwa, als ich einmal unsern Gästen in der Abendsonne Fragmente des Songs vorzusingen versuchte – und war das nicht eher was von den Temptations, irgendwas mit „Follow me“ – vielleicht auch Diana Ross & The Supremes, oder doch männlicher Leadgesang?! Die verkrampfte Erinnerungssuche floppte vollends, und ich muss warten, bis mich in irgendeiner der kommenden Wirbelsäulengymnastikstunden dieses Lied einmal mehr kalt erwischt, am besten in einem der seltenen Momente, in denen ich durch den Raum fliege. Es wäre eine fabelhafte Bruchlandung!
Sehenswert
Der Film beginnt mit einem Zitat von Gabriel García Márquez – „Jeder Mensch hat drei Leben: das öffentliche, das private und das geheime“ -, aber sie ist offen. „Ich bin nicht sehr gut in persönlichen Beziehungen“, sagt Baez, “ich bin großartig in Beziehungen von eins zu zweitausend, wissen Sie?“Je nach Alter und Woody Guthrie-Quotient kennen wir uns mehr oder weniger aus im Leben von Joan Baez. Mit ist sie anfangs mächtig aif die Nerven gegamgen, als wir Junghippies überall dem Refrain „The night they drove old Dixie down“ begegneten, und ich moche ihren hehren Glockengesang in diesem Oldie gar nicht. Aber vieles änderte sich (auch die Wahrmehmung ihrer Stimme), als ich mitbekam, was für ein politisch hellwacher Aktivposten Joan Baeu in den Sechziger und Siebziger Jahren war, und später auch noch. Eine schillernde Figur – hinreissend schön und klug, Kopf und Herz, was wollt ihr mehr? Ihre Beziehung zu Bob Dylan – komplitziert (bei mir blitzen ein paar Bilder auf aus der Doku über Dylans „Rolling Thunder Tour“. Die Doku lässt keine Mauern einstürzen und rauscht, wie es Lebensgeschichten nun einmal tun, durch die „Memory Lane“. Es ist nicht zuletzt Joan Baez’ oft entwaffnende Ehrlichkeit, die „I Am Noise“ zu einer rundum gelungenen Veranstaltung macht.