Das Punktfestival von Kristiansand ist ja gerade zuende gegangen. Ob Ingo einen kleinen Text dazu schreibt, weiss ich nicht – war ja eher Urlaub als Arbeit! Schade, dass es keine Teleportation gibt: ich wäre gerne vor Ort gewesen, allein schon, um Jon Balke mal persönlich kennenzulernen, nach einem gefühlten Dutzend virtueller „Interviews“. Weiter unten Ingos Foto von Jons Auftritt vor Ort!
Ich habe den roten Mond auch gesehen, er hat wenig geändert an meinen dezenten Schlafstörungen um die Vollmondtage herum.
Gestern hat sich wohl der Sommer verabschiedet mit einem letzten sehr warmen Tag. Mittags ging ich ins Apollo Kino und war der einziger Zuschauer im kleinsten Raum dort, als ich Ozons neuen Film „Wenn der Herbst naht“ sah. Ab und zu schon erlebt, ein ganzes Kino allein für sich zu haben. Kleiner feiner Film, grosses Schauspielerkino, eine Reminiszenz an Claude Chabrol sicher auch. Ich dachte an meine Teenagerzeiten, als ich Truffaut und Chabrol verschlang. Drei Sterne.
Mit Robert Oschatz habe ich einen guten Sprecher fürs „overvoice“ von Steve Tibbetts zugeteilt bekommen. Und Anne Fuchs liest die Übersetzung eines wunderbaren Liedes von Robert Wyatt, das seine Lebensgefährtin Alfreda Benge einst schrieb (ich habe den Blogroll etwas verschlankt, und Steve Tibbetts dazugenommen)
A propos Robert: I travelled three times to London to interview Robert and Alfe on „Dondestan“, „Shleep“ and „Cuckooland“. Unforgettable, when, on the hottest day of that summer of 2003 , we were lead to the empty Purcell Room, that excellent concert hall, and then moved though every track of „Cuckooland“. At one pont Robert told me how Brian Eno sang his part of the uncanny „Forest“ with opulent arm gestures of an opera singer. (And what a deeply moving song that is, from two of my favourite singers ever!) Many of his stories blurring the lines between the private and the political. And such a great humour, too. HERE the story of Richard W visiting Robert W, not too long ago.
Statt Kristiansand live lauschte ich daheim der Triple-Cd „Disquiet“, die ja erst Mitte Oktober erscheint. Vier lange Stücke auf drei Cds, eine weitere Schatztruhe für Freunde der Necks. Mein Lieblingsstück ist „Warm Running Sunlight“, gute dreissig Minuten, kein klassischer Groove, a celebration of cymbals, und ein impressionistischer Rausch (da kann man wirklich an warmes fliessendes Sonnenlicht denken, oder die Seerosen von Claude Monet – und dann, eingestreut, zwei Passagen mit „field recordings“, was perfekt passt zum Unterthema „Feldaufnahmen“ am 25. September).
Es ist interessant, wie Musik, die einen einst begeisterte, nach Jahrzehnten immer noch tief geht, oder sich in reine Nostalgie verwandelt. Beispiel für ersteres: Veedon Fleece von Van Morrison, Beispiel für letzteres: Pink Floyd Live In Pompeji. Das hat nichts mit der Qualität an sich zu tun, vielmehr mit unserer privaten „aural history“. Selbst mit Supersurroundsound nahm mich Pink Floyds nicht mehr so gefangen wie einst in meinem Kinderzimmer, als ich wieder und wieder „Set the controls for the heart of the sun“ auflegte. Das Stück mag ich immer noch sehr, aber lieber ohne die Kulisse des Films. Zu zweit oder dritt Live in Pompeji gucken, das ist aber dann doch wieder cool, weil bestes „Popkornfutter“, und eine wohltuende „Regression im Dienste des Ichs“, um den alten Groddeck mal zu zitieren.
“Warm Running Sunlight“: erstes Hören vor Wochen im Jardin du Luxembourg, with warm running sunlight all around me…
Here, after Ingo’s comment, my kind words on Jon‘s album „Skrifum“: „Let’s call this, like that underrated gem of Leonard Cohen, another „new skin for the old ceremony“. Jon Balke’s fourth solo piano album on ECM is a strangely organic affair, no matter how much science from the laboratory may be involved. A llittle machine called „spektrafon“ is extrapolating sounds from the grand piano that inspire in subtle ways Jon‘s playing of the keys. I‘m immediately thrilled by the game he‘s playing here. Like from a shadow world, sounds unheard appear in drone-like clothing, on the verge of vanishing or lingering on – you never know. And they are not tapping into the „drone trap“ by sounding especially mysterious or alien. So forget about „new age“ and „old tricks“. Thanks to Jon’s heightened awareness ranging (to follow the meaning of the Icelandic word „Skrifum“) from a sharp pencil to a broad brush (staying away from conversational stylings), every track of this adventurously discreet music is a little world of its own. The whole album is a quietly flowing, exciting journey, a ghost story for an old instrument – delivered with a constant sense of wonder. Welcome to your next favourite ritual of deep listening!“
Nachdem ich gestern den gesamten Tag über von Kristiansand nach Berlin zurückgefahren bin (wunderbares Wetter hatten auch wir dabei): PUNKT war erwartungsgemäß wieder sehr besuchenswert – wegen der tollen Konzerte wie auch wegen vieler Wiederbegegnungen mit näheren und loseren Bekannten.
Zu den Höhepunkten zählte u.a. in der Tat Jon Balkes Soloauftritt; ich saß direkt neben dem Flügel (das Publikum war im „Kunstsilo“ quasi um ihn herum positioniert), hatte aber auch schon vormittags beim Soundcheck einige Fotos von ihm gemacht. Es war ein echtes Erlebnis, ihn nach so vielem Jahren (und ein paar persönlichen Begegnungen) endlich auch mal live zu erleben. Auf meine Nachfrage hin erläuterte er auch, dass es mit den geplanten Deutschland-Konzerten zuletzt leider nicht geklappt hat, auch weil das Interesse hierzulande wohl nicht groß genug sei, und ob ich wohl Ideen hätte, wo er beispielsweise in Berlin auftreten könnte. Wer also Ideen hat, wie man Jon Balke nach Deutschland bekommt, möge sich an ihn wenden! [Ein Foto, das ich während des Konzerts gemacht habe, hab ich in die Mediathek hochgeladen; kannst du in deinem Eintrag einfügen.]
Weitere Höhepunkte waren dann auch das Trio „Ghosted“ mit Oren Ambarchi, der auch einen Soloauftritt und ein Gespräch über seine Gitarrenarbeit bot – das Trio war mir bisher unbekannt bzw. an mir vorbeigegangen; ein großartiger Auftritt, wie auch, erwartungsgemäß, wieder das abschließende einstündige Konzert von Trygve Seims großem Ensemble, mit alten Stücken von „Different Rivers“ und der jüngeren Vergangenheit. Und einen besonders ungewöhnlichen, eindrucksvollen Remix gab’s im Duo von Andrea Giordano und Jan Bang.
Du kanntest GHOSTED nicht, erstaunlich, hier ist Olaf W der „Fanclubvorsitzende“.
Das Domicil in Dortmund wäre sicher ein guter Ort dafür, es gibt einen grossen und einen kleinen Raum. In letzterem traten Jan Bang und Arve Henriksen mal, auf, zusammen mit einer bald darauf gestorbenen Thereminspielerin. Jon Balkes Solopianoalbum SKRIFUM wird bei meinen Top 10 des Jahres seinen Platz behaupten – magische Musik.
So gut kenne ich Ghosted – leider – gar nicht; gut genug aber um sie zu mögen. Das gleiche gilt auch für Herrn Ambarchi, von dem immerhin zwei LPs hier stehen – beide sind großartig.
Von Ambarchi hab ich ein paar Sachen am Rande gehört, im Regal hab ich nur die CD „Quixotism“, die eigentlich auch auf Martinas Wellenlänge sein müsste.
Den neuen Ozon Film hätte ich auch gleich angesehen. Ich hoffe, das kann ich im Dezember nachholen. Bin dann für vier Wochen in Berlin und Düsseldorf. Vielleicht klappt dann auch ein Flowy Treffen?
It’s only been a year since guitarist Oren Ambarchi, bassist Johan Berthling, and percussionist Andreas Werliin released Ghosted II, their second album as a trio. If the making of that extraordinary record was as intense as the experience of listening to it, then you could have forgiven them for taking a longer break. But, to everyone’s benefit, they’re right back in the saddle with the third installment of Ghosted, and it’s a pleasure to report that it’s every bit as impressive as the other two.
Danke für den Hinweis, Ingo. In „Quixotism“ habe ich reingehört, ein langes Stück (erst dachte ich, der Lautsprecher sei defekt, weil lange nichts zu hören war). Es hat was, ist mir aber doch eine Spur zu kühl. „Plastikman“ ist zwar auch kühl, aber eine Spur fließender und jedenfalls ganz auf meiner Wellenlänge.
Cooles Foto von Jon Balke! Trotz und wegen der Dunkelheit.
Wie gesagt Lajla ein schöner kleiner Film … ich muss schmunzeln Peter Bredshaw im Guardian gibt aber auch nur drei Sterne … susanna in der sz war hin und weg …
12 Kommentare
ijb
Nachdem ich gestern den gesamten Tag über von Kristiansand nach Berlin zurückgefahren bin (wunderbares Wetter hatten auch wir dabei): PUNKT war erwartungsgemäß wieder sehr besuchenswert – wegen der tollen Konzerte wie auch wegen vieler Wiederbegegnungen mit näheren und loseren Bekannten.
Zu den Höhepunkten zählte u.a. in der Tat Jon Balkes Soloauftritt; ich saß direkt neben dem Flügel (das Publikum war im „Kunstsilo“ quasi um ihn herum positioniert), hatte aber auch schon vormittags beim Soundcheck einige Fotos von ihm gemacht. Es war ein echtes Erlebnis, ihn nach so vielem Jahren (und ein paar persönlichen Begegnungen) endlich auch mal live zu erleben. Auf meine Nachfrage hin erläuterte er auch, dass es mit den geplanten Deutschland-Konzerten zuletzt leider nicht geklappt hat, auch weil das Interesse hierzulande wohl nicht groß genug sei, und ob ich wohl Ideen hätte, wo er beispielsweise in Berlin auftreten könnte. Wer also Ideen hat, wie man Jon Balke nach Deutschland bekommt, möge sich an ihn wenden! [Ein Foto, das ich während des Konzerts gemacht habe, hab ich in die Mediathek hochgeladen; kannst du in deinem Eintrag einfügen.]
Weitere Höhepunkte waren dann auch das Trio „Ghosted“ mit Oren Ambarchi, der auch einen Soloauftritt und ein Gespräch über seine Gitarrenarbeit bot – das Trio war mir bisher unbekannt bzw. an mir vorbeigegangen; ein großartiger Auftritt, wie auch, erwartungsgemäß, wieder das abschließende einstündige Konzert von Trygve Seims großem Ensemble, mit alten Stücken von „Different Rivers“ und der jüngeren Vergangenheit. Und einen besonders ungewöhnlichen, eindrucksvollen Remix gab’s im Duo von Andrea Giordano und Jan Bang.
Michael Engelbrecht
Sehr interessant auf allen Ebenen, Ingo!
Du kanntest GHOSTED nicht, erstaunlich, hier ist Olaf W der „Fanclubvorsitzende“.
Das Domicil in Dortmund wäre sicher ein guter Ort dafür, es gibt einen grossen und einen kleinen Raum. In letzterem traten Jan Bang und Arve Henriksen mal, auf, zusammen mit einer bald darauf gestorbenen Thereminspielerin. Jon Balkes Solopianoalbum SKRIFUM wird bei meinen Top 10 des Jahres seinen Platz behaupten – magische Musik.
Olaf Westfeld
So gut kenne ich Ghosted – leider – gar nicht; gut genug aber um sie zu mögen. Das gleiche gilt auch für Herrn Ambarchi, von dem immerhin zwei LPs hier stehen – beide sind großartig.
flowworker
Mein Lieblingsalbum von Oren ist SIMIAN ANGEL.
Alter Klanghorizonte Stoff
HIER meine Besprechung.
Olaf Westfeld
Ja genau, The Angel and (the whole) Shebang – die beiden meine ich.
ijb
Von Ambarchi hab ich ein paar Sachen am Rande gehört, im Regal hab ich nur die CD „Quixotism“, die eigentlich auch auf Martinas Wellenlänge sein müsste.
WItzigerweise hab ich gar nicht gewusst, dass er seit sechs Jahren in Berlin leben soll:
https://www.tagesspiegel.de/kultur/musikalischer-tausendsassa-oren-ambarchi-und-sein-wilder-klanggarten-13487614.html
Die Ghosted-Platte(n) würd ich gern mal hören, hab aber ein bisschen Angst, dass die nicht so stark sind wie das Konzert.
Olaf Westfeld
Die erste Ghosted ist gut, zu dem Rest kann ich nichts sagen.
Lajla
Den neuen Ozon Film hätte ich auch gleich angesehen. Ich hoffe, das kann ich im Dezember nachholen. Bin dann für vier Wochen in Berlin und Düsseldorf. Vielleicht klappt dann auch ein Flowy Treffen?
flowworker
Bin alle paar Wochen bei Robert am Rheinufer – easy.
flowworker
It’s only been a year since guitarist Oren Ambarchi, bassist Johan Berthling, and percussionist Andreas Werliin released Ghosted II, their second album as a trio. If the making of that extraordinary record was as intense as the experience of listening to it, then you could have forgiven them for taking a longer break. But, to everyone’s benefit, they’re right back in the saddle with the third installment of Ghosted, and it’s a pleasure to report that it’s every bit as impressive as the other two.
Mehr dazu bei klofmag.com
Martina Weber
Danke für den Hinweis, Ingo. In „Quixotism“ habe ich reingehört, ein langes Stück (erst dachte ich, der Lautsprecher sei defekt, weil lange nichts zu hören war). Es hat was, ist mir aber doch eine Spur zu kühl. „Plastikman“ ist zwar auch kühl, aber eine Spur fließender und jedenfalls ganz auf meiner Wellenlänge.
Cooles Foto von Jon Balke! Trotz und wegen der Dunkelheit.
flowworker
Wie gesagt Lajla ein schöner kleiner Film … ich muss schmunzeln Peter Bredshaw im Guardian gibt aber auch nur drei Sterne … susanna in der sz war hin und weg …
https://www.theguardian.com/film/2025/mar/20/when-autumn-falls-review-francois-ozons-diverting-mystery-of-tricky-family-dynamics