• „deep thrill reading“

    Seit langem habe ich keine Kriminalromane mehr besprochen, mit der Ausnahme des Hammerschmökers „Der Gott des Waldes“. Wenig mehr. Nun ist es an der Zeit, auch die aus meiner Sicht anderen beeindruckenden Thriller-Leseerlebnisse der letzten, etwas längeren Zeit zu listen. Und da jeder andere Vorlieben hat, schenke ich mir hier mal meine private Hitliste – alles rückt eh eng zusammen – ich belasse es bei knackig kurzen Beschreibungen dessen, was da zu erwarten ist: „word for word minimalism“! Und die „New York Times“ zitiere ich nur einmal, und zwar jetzt: „A labyrinthine and multilayered horror mystery… The entire mystery is wonderfully complex and carefully crafted… „Seltsame Bilder“ is a story where revelations and new questions wait around every corner, and Uketsu keeps readers guessing until the very end….“

    James Lee Burke: Angst um Alafair (surreal, photorealistisch, landschaftsumrauscht, wild, hardboiled) // Liz Moore: Der Gott des Waldes (transgenerational, verflochten, hochspannend, tiefgehend, wendungsreich) // Uketsu: Seltsame Bilder (innovativ, schockierend, subtil, feinheichnend, existenziell) // Neil Lancaster: Das Gebot der Rache (highlandnoir, fesselnd, flowy, schwarzhumorig, knallhart – und mit einer ursympathischen Ermittlerin, die Ornette Coleman und Tangerine Dream hört🪘- Band 3 der Max Craigie-Serie erscheint im Januar 2026, s. Foto)) // Christoffer Carlsson: Wenn die Nacht endet (preisgekrönt, comingofageig, flüssig, fundiert, brilliant) // Mathijs Deen: Der Holländer (skurril, klug, ostfriesig, exkursfreudig, puzzelig) // Ralf H. Dorweiler: Der Herzschlag der Toten (historisch, hamburgerisch, pittoresk, gruselig, fantasievoll) // Andreas Pflüger: Wie Sterben geht (historisch, mitreissend, literarisch, anspielungsreich, politisch) // (ausgewählt und vorgestellt von Michael E.) // Etwas ausführkicher nun noch S. A. Cosby: Der letzte Wolf: meine DLF-Kollegin Katrin Doerksen las den Kriminalroman wie ich mit Spannung. Die Geschichte um einen Amoklauf im ländlichen Virginia der frühen Trump-Jahre führte uns weit zurück in die Geschichte der Sklaverei und rassistischer Lynchmorde in den USA. Der Autor versteht sich darauf, die unterschiedlichen Interessengruppen schwarzer Aktivisten, konservativer Abgeordneter und fundamentalistischer Prediger auszudifferenzieren und seine Ermittlergeschichte in „alttestamentarische Dimensionen“ voranzutreiben. Southern Noir Goes Gothic!


    Als Zugabe empfehle ich zwei neue Netflix-Serien: die eine, „The Survivors“ ist die gelungene Verfilmung von Jane Harpers Kriminalroman „Der Sturm“, und bei allem traditionellen „plotting“ punktet die australische Miniserie u.a. mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen. „The Survivors is a study in how raw grief and festering resentment warp everything – and how surviving a tragedy rarely means getting away unscathed. At its centre is the particular pain of the three mothers – Finn’s, Bronte’s and Gabby’s – deprived of their children and for ever changed by it. Their suffering is almost palpable and marks The Survivors indelibly out from the murder mystery herd.“ Die andere, „Sirens“ ist eher keine Krimiminiserie, sondern, nun ja, „The White Lotus“ meets „Nine Perfect Strangers“. Dass diese Serie aus der Welt der Superreichen einen scharfen Witz hat und wirklich fesselt, ist auch eine Leistung. Lucy Mangan, die professionelle Serienguckerin des Guardian, gibt den „Survivors“ wie ich vier Sterne, und den „Sirenen“ einen mehr als ich, fünf Sterne! „Without ever losing its wit or bounce, Sirens becomes a study in family, class and all sorts of other power struggles, the endless possibilities for good and ill that wealth brings, and the legacies of childhood trauma.“

  • Die Jahre mit dem Kollegen Karsten

    Als ich meine Feuertaufe im Deutschlandfunk zu bestehen hatte, im Oktober 1989, lang ist‘s her, war Karsten Mützelfeldt dabei – hinter der Trennscheibe. Ich hatte es geschafft, mit Steve Tibbetts toller „Collagen-Kassette“ aus Minneapolis, meine erste Radiosendung machen zu dürfen. Der Chef der Jazzredaktion, Harald, und Karsten schauten sich ein paar Minuten an, was ich da so fabrizierte. Bald war ich Teil des Teams, und wusste von Anfang an, dass Karsten ein wunderbare Kollege war – keine falschen Töne, keine Spielchen.

    Und wir konnten unsere Vorlieben im Jazz und anderswo bestens verteilen. Da war z.B. seine Nachtsendung „Blue Midnight“. Da waren die Zeiten der „JazzFacts“ mit zahllosen Magazinen. Einmal kam Joe Zawinul in den Sender, und Karsten interviewte den Meister, ich glaube, gute zwei Stunden lang für ein tolles zweiteilige Porträt, das seine ganze Vita abdeckte. Bei solchen Meistern hatten wir immerzu Gesprächsstoff – ich glaube, wir beide lieben gleichermassen Joe Zawinuls Debut „Zawinul“. Wir begegneten uns auf Jazzkonzerten in Köln und Leverkusen, wir pflegten small talk, der von Herzen kam, und wir teilten drei hochunterhaltsame Jazzrückblicke in den vergangenen Jahren. Als er sein Loblied auf Keith Jarrett in Budapest sang, hörte ich sehr aufmerksam zu.

    Egal, wie sehr man sich als „teamplayer“ versteht, und das tuen Karsten und ich, das Schreiben und Hören der Musik geschieht oft, sehr oft im Privaten, und nichts kommt diesem schönen Alleinsein näher als nachts live auf Sendung zu gehen: allenfalls ein Kollege in der Technik, angenehme Beleuchtung, ein Mikro vor dem Mund, und das Rotlicht, wenn die Reise beginnt. Wir gaben den DJ über Jahrzehnte und Hunderte Male – wie es einst Donald Fagen zelebrierte auf seiner berühmten Platte „The Nightfly“ (die Harald auflegte, als wir einmal, zwischen den Jahren, und im alten Jahrhundert noch, alle zusammenkamen)…. Zuletzt haben wir mit Karsten in einem Bistro in Köln seinen Abschied gefeiert. Seine Reise geht nun in Frankreich weiter, und er hat mir erlaubt, seine kleine Rede hier in unserer Radio-Kolumne zu veröffentlichen.

    Danke, Karsten für alles! Und das was einiges! Du wirst bald die Boule Kugeln auspacken, die Landschaften ringsum erkunden – play on, walk on! Zum Schluss lege ich HIER noch mal eine Schallplatte auf, von der ich sicher bin, dass sie unsere Liebe zum Leben und zum Jazz auf den Punkt bringt. Und stelle mir einen kleinen Jazzclub in New York vor, in dem wir uns auf einer Zeitreise treffen, früh in den Sechzigern, und diesen drei „cats“ lauschen. All night long, Mr. „Midnight Blue“!

  • Ein Gastbeitrag

    Was für ein Album! Die größten Fans könnten hier Martina, Olaf, und Ingo werden, evtl. klinkt sich auch Michael ein. Dies ist ein Gastbeitrag, hallo! 

    Caroline 2 ist kein lauter Aufschrei, sondern ein Echo, das in Schichten nachhallt – subtil, entrückt, offen für das, was zwischen den Tönen liegt. Die Londoner Band caroline führt ihre eigenwillige Vision fort – und bricht zugleich mit ihr.

    Die erste Gitarre, die das Album eröffnet, ist keine freundliche Einladung, sondern ein Signal: Hier wird mit musikalischem Material gearbeitet, das ebenso aus dem Postrock wie aus Folk-Fragmenten, klassischer Musik oder sogar Ambient zu stammen scheint – ohne sich irgendwo ganz niederzulassen. caroline spielt nicht in Genres, sondern in Atmosphären. Dabei ist die Musik geprägt von Wiederholung und langsamen Verschiebungen, ganz im Geiste von Künstlern wie Steve Reich oder Talk Talk, aber auf sehr eigene Weise entkernt und neu verwoben.

    „Total euphoria“ ist ein ironischer Titel für ein Stück, das seine Euphorie im Zerfall findet. Langsam, tastend, mit dissonanten Zwischenrufen. „Song two“ – alles andere als Blur – entwickelt sich wie eine wortlose Beschwörung, ein sich windendes Geflecht aus Tönen, das wächst, kippt und wieder in sich zusammensinkt.

    Besonders bemerkenswert ist „Tell me I never knew that“, das fast schon wie eine folkige Litanei klingt, aber immer wieder aus der Harmonie bricht – keine Angst vor Dissonanz, nur das Vertrauen, dass sie Sinn ergibt. „Coldplay cover“ ist, wie man vermuten darf, kein tatsächliches Cover, sondern ein musikalisches Spiel mit Erwartungen: Was, wenn Coldplay am Rande eines Blackout-Festivals auftreten würden? Vielleicht klingt es so.

    Dieses Album lebt davon, sich nicht vollständig zu erklären. Die Songs entstehen aus kleinen Impulsen, wachsen langsam, kippen ab, brechen sich selbst. Aber nichts davon wirkt gewollt intellektuell oder verkopft. Stattdessen ist Caroline 2 ein zutiefst emotionales, fast körperliches Werk, das sich mit jeder neuen Hördurchgang ein bisschen mehr offenbart.

    Produziert wurde es von der Band selbst – Jasper Llewellyn, Casper Hughes und Mike O’Malley –, was der Produktion eine wohltuende Unmittelbarkeit verleiht. Alles klingt, als sei es im Moment entstanden, in einem Raum voller Leute, die mehr mit Blicken kommunizieren als mit Worten. Der Mix von Jason Agel und das Mastering von Heba Kadry sorgen dafür, dass dieses fragile Gebilde nicht zerbricht, sondern aufblüht.

    Caroline 2 ist ein Album, das sich nicht anschreit, sondern flüstert. Es gehört zu den Platten, die man nachts hört, allein, mit einem Buch auf dem Schoß oder einem Berg im Blick – so wie auf dem Cover, das durch eine Autoscheibe fotografiert wurde und wie ein Symbol für das ganze Album funktioniert: Schönheit im Vorüberziehen. Wer Geduld mitbringt, wird belohnt. Wer sie nicht hat, wird vielleicht lernen, sie zu schätzen.

  • Mr. Shrimp Boat (Teil 1)

    Wer die folgenden Zeilen liest, könnte sich wie in einem Kapitel eines jener Stephen King-Romane fühlen, die er in der Kindheit ansiedelt, und die ein nostalgisches Flair haben. Oder wie in einer Short Story von Richard Brautigan. Zwei Songs seines neuen Albums gibt es als Zugabe.

    „An einem guten kalifornischen Morgen pflegte ich früh aufzustehen, Tee zu trinken und Gras zu rauchen. Nach einer Weile sagte ich meiner Frau, dass ich auf dem Weg in mein Büro sei. Ich schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr die etwa einstündige Fahrt von meinem Haus in Venice in eine kleine South Bay Gemeinde. Am anderen Ende des Strandes befindet sich ein Surf-Food-Stand, mein liebstes Restaurant auf der ganzen Welt. Oft bestellte ich mir dort ein „Shrimp Boat“ – gebratene Krabben und Pommes frites mit Cocktail- und Remouladensauce. Ich ging so oft hin, dass mein Spitzname Shrimp Boat war. Dann bin ich zum Pier von Manhattan Beach gegangen, wo es ein winziges Aquarium mit einem falschen Hai gab. Das war eine meiner liebsten Fahrradtouren auf der Welt.“

    “Breaking Into Acting“

    Ein Großteil seines neuen Albums ist ein Stückweit von seiner Heimatstadt angesiedelt, auf der Farm seines Onkels, gleich hinter der Grenze zu Indiana. Er verbrachte dort viele Ferien mit seinen Geschwistern und seinen Cousins. Später fing er an, auf dem Land zu arbeiten und bei der Kautabakernte zu helfen, bis sein Onkel in den 1980er Jahren, als neue Informationen auftauchten, die Tabak mit Krebs in Verbindung brachten, zur Weihnachtsbaumzucht überging. „Es war einer dieser Orte, an denen man sich auf eine magische Suchen nach den eigenen Weihnachtsbäume maxhen kann“, erklärt der Sänger. „Es waren keine Bäume in Reihen, sondern sanfte Hügel und Wälder. Ganz Charlie Brown.“

    In den Sommern seiner Collegezeit ging er allein in den Wald, trug dicke Kleidung und hatte ein aufgemotztes Sägeblatt dabei, um die Äste zu beschneiden. „Das war das Schwerste, was ich je gemacht habe“, sagt er. „Ich kam überall mit blutigen Kratzern zurück. Es war brutal.“ Der Spaß kam im Winter, als er die Bäume verkaufte. „Eine Familie in den Wald zu führen, entlang dieser Pfade, um zu sehen, ob sie den richtigen Baum für sich finden können. Und wenn das Kind seinen Baum gefunden hat und du ihn fällst, trägst du ihn auf deinem Rücken zu ihrem Lastwagen und bindest ihn fest. Das ist das Beste. Es ist der beste Job – bis auf den Teil im Sommer.“


    „Times Of Difficulty“

    Wenn der Sänger über diese Zeiten spricht, tut er dies mit Zärtlichkeit. Er erzählt von langen Wanderungen über Hügel und entlang von Flüssen, vom Wandern auf Bahngleisen, vom Schlafen im Freien am Lagerfeuer. Es gab einen Bach und Wasserfälle und ein tiefes Schwimmloch, in dem, so behauptete einer seiner Cousins, vor langer Zeit ein Zug von den Gleisen abgekommen und ins Wasser gestürzt war. Unter ihnen, sagte der Cousin, liege ein Waggon voller Skelette. „Ich habe das geglaubt. Ich glaube es immer noch“, sagt er. „Wir versuchten, so weit wie möglich hinunterzuschwimmen, um zu sehen, ob wir den Waggon finden würden. It was crazy. It was terrifying.“

    FORTSETZUNG FOLGT

    (Laura Barton erzählt eine lange Story rund um das Leben und die neue Platte „Get Sunk“ von Matt Berninger (The National) in der Juliausgabe von „Uncut“. Sehr lesenswert, und hörenswert sowieso! – „Where is the bread, where is the butter? / Can’t you use your beautiful hands for me? / How quickly we can remember / How long we’ve been staring out to sea…“ (aus „Times Of Difficulty)

  • “to the sea“

    SONG

    Das neueste Album von Louis Philippe & the Night Mail, The Road to the Sea, ist eine Schönheit. Ich wusste schon immer von seiner Vorliebe für Brian Wilson und die Beach Boys, und dass er in der Vergangenheit unter anderem mit Sean O’Hagan von den High Lamas und Stuart Moxham von Young Marble Giants zusammengearbeitet hat, gibt eine gewisse Vorstellung von seiner Ausrichtung. Wir haben also Sonnenschein-Pop, Chanson, einen Hauch von Barock (vielleicht mit einer Anspielung auf die Left Banke) und offene Ohren im Allgemeinen, vielleicht mit einer Spur von Francis Lai und Paddy McAloon, aber auch mit einer starken Persönlichkeit, die für Frische sorgt. Dieser Worte stammen von Richard Williams, und wem der obige Song gefällt, mag Richards Besprechung nebenan in seinem Blog „The Blue Moment“ lesen.

  • Sunday Morning Story

    Sunday Morning

    Ich kann gar nicht sagen, wie gerne ich mal wieder auf den Kanaren landen würde, natürlich auf Lanzarote (sollte es da noch mal warm werden!), mit ein wenig Insel-Hopping, damit wir uns am besten alle mal wiedersehen. Eine verrückte Fantasie, dass Freunde und Teilhaber von FlowFlow dort zusammenkämen, jeder mit ein paar „desert island discs“ im Gepäck. Gerne könnte auch unsere Pflegetochter dabei sein. Keine Ahnung, wie viel Wochen oder Monate sie noch bei uns sein wird, da kann alles sehr schnell, oder unheimlich langsam geschehen, nichts wäre schöner, als zu erleben, dass ihre Eltern endlich aus Afghanistan geholt werden, die dort eine eine neue Demokratie mitgestalteten, bis der unorganisierte Aufbruch der Deutschen und der Amerikaner alles über den Haufen warf, und man es versäumte, Tausende von Unterstützern unter den Afghanen mitzunehmen, die für die Taliban Freiwild wurden.

    Es war einmal vor langer Zeit, da war Afghanistan ein freies und freizügiges Land, ein Hippieparadies zudem. Einer meiner Lieblingsschriftsteller, Ernst Augustin, arbeitete dort in den Fünfziger Jahren als Psychiater, ehe er dauerhaft in München landete und seine Lebensgefährtin fand, nachzulesen im bezaubernden Roman „Raumlicht“. Als ich ihn besuchte, auch schon ein Vierteljahrhundert her, machte ich es mir in seinem Wohnzimmer gemütlich, das wie eine Kajüte mit Bullaugen eingerichtet war und zu imaginären Schiffsreisen einlud. Genug Abenteuerromane füllten ein Regal, darunter auch die Südseeabenteuer von R.L. Stevenson. Hauptthema war seine furiose Sage mit viel fernem Orient, „Mahmoud, der Schlächter“. Nur etwas für die harten Augustin-Fans!


    Wir sprachen viel mehr über „Der amerikanische Traum“, eine hinreissende Geschichte über ein geträumtes Leben im Angesicht des Todes, mit wilden Detektivgeschichten In USA und Lateinamerika, und Lee Morgans „The Sidewinder“ als Soundtrack. Wer die Klanghorizonte noch hat, aus den Neunziger Jahren, mit ein, zwei Passagen des Interviews, bitte melden! Der Lohn: Lee Morgans Platte! Augustins Romane sind voller Reisen, wie der eines liebeskranken Psychotherapeuten nach London in den wilden, wilden Siebzigern. Ich verschlang den herrlichen Roman „Eastend“, in dem auch die launigen Selbsterfahrungsgruppen jenes Jahrzehnts auftauchen, früh in meinen Studentenjahren in Würzburg, gleich zweimal hintereinander, und vielleicht ahnte ein mir unbekannter, hellsichtiger Teil meines jüngeren Hippie-Ichs, dass mir einmal, im Dezember 1982, das gleiche Schicksal beschieden sein würde. In einem früheren Leben das alles, aber die Musik von damals begleitet mich noch heute.

    In den zwei Wochen in Hampstead hörte ich nachts die Sendungen von John Peel, und zwei Platten von Magazine und den Flying Lizards gesellten sich damals zu meiner Seelennahrung. Ich kaufte sie in einem Plattenladen in Notting Hill, wo mir ein gewisser blutjunger Robert Forster über den Weg lief. Lange Jahre vor meiner Radiozeit. Viele Jahre danachwar ich öfter in Notting Hill, um Brian Eno in seinem Studio zu besuchen, der in alter Zeit mal ein Pferdestall war. Ein Kollege von mir traf Brian dort vor für ein Interview in der Juliausgabe von „Uncut“. Das ist von Bedeutung für die Pointe dieser leicht zerfaserten Kurzgeschichte. Vorgestern waren wir nämlich bei Ulrike und Tobi, der einen prächtigen Pizzaofen hat, und der Abend ging über Hölzchen und Stöckchen und landete bei dem Song „Suddenly“ (den ihr HIER nochmal hören könnt), und der als erste Single des Songalbums „Luminal“ von Brian und Beatie bereits überall zu hören ist.

    Ein Song, der in unsere Nachbarschaft zum Hit wurde, als ich ihn auf der feinen Sonos-Box im Garten spielte. Jung, alt, und mittelalt begeisterten sich dafür, ohne Ausnahme. Als wir Tage später bei Ulrike und Tobi waren, lag die Story von dem Song auch irgendwann auf dem Tisch: rasch wurde „Suddenly“ aufgelegt, auf zugegeben mickrigen Lautsprechern. Aber es reichte, dass Tobi sich an seine jungen Jahre mit wilder Musik erinnerte, und keine Minute des Songs war vergangen, da fühlte er sich an was erinnert aus alten Zeiten, aus sehr alten Zeiten, und dann liess er den Namen des Songs fallen: „Sunday Morning.“ (Ihr könnt ihn ganz oben „anklicken!)

    „Oh“, sagte ich, „spannend, The Velvet Underground, die Platte mit Nico und Banane.“ Wir hörten das Lied im Vergleich. „Tobi, ich staune!“ Nicht, dass da eine grosse Nähe zu der Melodie, oder den Harmonien war, und doch: Stimmung, Getragenheit, ja, das war was! irgendwas! Ich schmunzelte, irgendwie hatte Tobi eine Fährte aufgenommen. In meinen Interviewfragen, die noch unbeantwortet sind, habe ich Beatie Wolfe darauf angeosproch, ob Lou Reeds „Set Me Free“, das Brian Eno sowieso über alles liebt, hier oder da Pate gestanden habe bei. An „Sunday Morning“ hatte ich nicht gedacht.

    Wenn das mit dem Interview für die Klanghorizonte noch was werden soll, müssen die Antworten von Beatie spätestens morgen nachmittag eintreffen. Dennoch, einen Clou gibt es schon. Also: ich erhalte gestern Abend die Online-Ausgabe von „Uncut“ (july edition), und darin gibt es das ausführliches Interview von Tom Pinnock mit Brian, über Stock und Stein und Jahrzehnte springend. In der einleitenden Passage beschreibt Tom Pinnoch das Ambiente, das ich nur zu gut kenne aus meinen Besuchen. Beatie ist auch zugegen. Das ist vielleicht drei Wochen her. Also, lieber Leser, lies und lausche, diese eine Passage:

    „Eno has a lot on. He has been at his west London studio since shortly after 6am. His new collaborator Beatie Wolfe is here too, working on some of their music in his studio room, with its speakers resting on breezeblocks, and an original Velvet Underground & Nico LP, the yellow banana exposed, propped up like a talisman.“ („Brian hat eine Menge zu tun. Er ist seit kurz nach 6 Uhr morgens in seinem Studio im Westen Londons. Beatie Wolfe ist ebenfalls hier und arbeitet an ihrer Musik in seinem Studioraum, in dem die Lautsprecher auf Windschutzscheiben ruhen und eine Original-LP von Velvet Underground und Nico, deren gelbe Banane offen liegt, wie ein Talisman aufgestützt ist.“) Chapeau, Tobi!

  • “Arcanum“

    Das vierköpfige Quartett, bestehend aus zwei Norwegern – Arve Henriksen (Trompete und Elektronik) und Trygve Seim (Saxophon) -, dem schwedischen Bassisten Anders Jormin und dem finnischen Schlagzeuger Markku Ounaskari, setzt seine beträchtlichen Ressourcen geschickt ein, indem es das Gleichgewicht zwischen Komposition und Improvisation ständig verschiebt und dabei ein Mosaik aus 16 individuellen Miniaturen schafft, die das nordische Jazzideal einer transparenten, zeitlosen und fast schwerelosen Schönheit voll und ganz erfüllen. Vielleicht ein zukünftiger Klassiker. (Richard Williams, Uncut, July 2025)

  • Der Genozid

    „Seit mehr als einem Jahr erleben wir ein unfassbares Ausmaß an Tod und Zerstörung im von Israel besetzten Gazastreifen. In Reaktion auf Kriegsverbrechen der Hamas und anderer bewaffneter palästinensischer Gruppen bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die israelische Armee eine brutale Militäroffensive begonnen. Israel hat zehntausende Menschen getötet, ganze Familien ausgelöscht, Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht und lebenswichtige Infrastruktur zerstört. 1,9 Millionen Palästinenser*innen, mehr als 90 Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens, wurden bisher vertrieben – oft mehrfach. Diese menschengemachte humanitäre Katastrophe ist beispiellos.“

    (Amnesty International. Weitere Informationen HIER!)

  • canariasjazz.com

    My song of the morning: „The Zoological Gardens“ by The Dubliners. Als ich vor 5 Jahren auf El Hierro landete, gab mir Uli Koch (former manafonisto) den Tipp mit: dort gibt es alljährlich im Sommer ein internationales Jazzfestival. Inzwischen gibt es auf allen 8 kanarischen Inseln durchaus vorzeigbare Jazzfestivals.

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    DEE DEE Bridgewater Quartet 4.7.25 Teneriffa(US)
    Alain Perez y la Orchestra 4.7.25 Gran Canaria(Kuba)
    Gonzalo Rubalcaba with Matt Brewer y Eric Harland Gran Canaria(Kuba)
    Take 6 y Orchestra Philharmonica(US)
    Aimée Nuviola (Kuba)
    Vijay Iver Trio (US)
    Melissa Aldana Quartet (Chile)
    Lakecia Benjamin (US)
    Kennedy Administration (US)
    Rita Payes (Spain)
    Ariel Bringuez Quintet (Kuba)
    Kristof Kobylinski (Polen)
    Matteo Mancuso (Italien) (da geh ich hin!)
    Espen Berg Trio meets Villu Veski (Scandinavia)
    Giovane Orchestra( Sizilien)
    The Bamboos (Australien)
    Arin Keshishi Quintet (Armenien/Iran)
    Ellister van der Molen (NL)
    Zuco103 (NL)
    Dahoud Salim Quintett (NL)
    und viele Jazzmusiker von den Kanaren…

    Ich werde mir Esther Ovejero am 4.7. auf La Graciosa anhören.

    VAMOS!