In meinem Lieblingspark
Ich habe im Jardin du Luxembourg auf einer großen grünen Wiese „Causeway“ gehört, nicht weit von dem Teich, wo Gross und Klein Miniboote auf kleine Fahrten schicken, aus dem bald erscheinenden Album „Disquiet“ der Necks. Wunderbar, von „Unruhe“ in diesen zeitlosen 26 Minuten keine Spur! Das Wetter wie eine gemalter Sommer an diesem langen Wochenende, erst zum Ende von „Causeway“ zogen dichtere Wolken auf, bald würde heftiger Regen folgen, wir winkten ein Taxi herbei. Noch immer schweben mir die Klänge durch den Kopf – ein Hauch der frühen Jahre von Caravan. Richtig interessant würde diese kurze Kurzgeschichte, wenn ein zweiter Hörer irgendwann auftaucht und im gleichen Park das gleiche Musikstück hört. Wo sitzt er oder sie? Welches Wolkenspiel zeigt der Himmel? Und was löst die Musik aus? Sicher nicht das Wort, das die Necks ihm gaben: „Damm“. Oder „Dammweg“. Und während ich meinen Platz auf der belebten Wiese suchte, voller glücklich leuchtender Zeitabschnittsgefährten (vertieft im Spiel, in der Liebe oder der Routine), schweifte, auf dem Weg dorthin, mein Blick nah wie fern, um jenen Steinbrunnen zu finden, wo einst ein Girl, jung wie ich, 1972, in einem anderen Sommer, „Ohio“ sang, von Crosby, Stills, Nash & Young. Diese beiden Stücke würden, zusammen mit der Schneemusik des Parks im Dezember 1992, als ich Tamia und Pierre Favre besuchte im Jüdischen Viertel, den Soundtrack meines Lebens im „Jardin“ abbilden.. Mir fiel sogar eine Szene aus einem Eric Rohmer-Film ein, der hier natürlich zu gerne seine jungen Sinnsucher manche Runde drehen liess. (m.e.)
The Necks. Bleed.
Klänge eines leicht verstaubten Klaviers. Tasten werden angeschlagen. Töne klingen allmählich aus, variieren sich im Raum, verlieren ihre Energie. Klänge kommen, gehen, hinterlassen Spuren. Hallräume öffnen sich. Schweres Atmen, kein Körper. Alles scheint sanft, doch nicht entspannt. Woher kommt die Musik, wo endet sie. Klangkompostierung.
Magic and Trance
Gestern hatte ich nicht nur das große Vergnügen The Necks im gut gefüllten Heimathafen Neukölln zu erleben, sondern konnte dort auch erstmals fellow blogger (oder Bloggenossen?!) Ingo kennen lernen. Da mein Freund M auch dabei war, ich hatte ihm die Karte zu einem runden Geburtstag geschenkt, die Band war ihm allerdings unbekannt, war die Zeit vor und nach den Auftritten mit anregenden Gesprächen sehr gut gefüllt.
Die Musik, die uns ja zusammengebracht hat, war hypnotisch. Es gab zwei Sets, unterbrochen von einer kurzen Pause. Der erste Abschnitt war etwas kürzer; ich würde schätzen, dass die drei Musiker ungefähr 45 Minuten auf der Bühne standen, aber Zeit spielte nach wenigen Tönen keine Rolle mehr. Klangwellen türmten sich übereinander, kleine Nuancen veränderten die Strömung, irgendwann brachen die Wellen, liefen aus um von den nächsten abgelöst zu werden; ein wahnsinnig spannendes und intensives Miteinander im Zusammenspiel. Nach einer kurzen Pause kamen die drei wieder auf die Bühne, um noch einmal zu spielen, dieses Mal etwas länger (vielleicht 60 Minuten). Es begann mit wenigen, sehr melodiösen Basstönen, zu denen sich Klavier und die swingenden Becken des Schlagzeugs gesellten, grundiert von einem Schaben auf der Snare. Zum Ende der 60 Minuten wurde diese Atmosphäre wieder aufgenommen, dazwischen lagen Klangcluster, Wiederholungen, Höhepunkte – ein ocean of sound. Es hat nicht nur uns dreien sehr gut gefallen, es gab standing ovations und lang anhaltenden Applaus.
Insofern kann ich nur allen Mitlesenden empfehlen, sich The Necks anzuschauen, wenn sie gerade mal in der Gegend sind. Im Idealfall in netter Gesellschaft, dann macht das gleich viel mehr Spaß. Im November scheinen sie noch einmal in Berlin zu spielen.