• music for dreaming


    Ich verkaufe dreimal 50 Schallplatten, allesamt mint, near mint oder vg plus. An Händler oder Privatpersonen. Die drei Listen werden in der zweiten Märzhälfte in Rundmails verschickt. An mir bekannte Händler. Wer als Privatperson einen Blick darauf werfen möchte – es sind Sammlerstücke dabei – möge sich melden: die zwei erste Stapel kosten 520 Euro. Der dritte 800 Euro. Der Transport ist inclusive. Und die abgebildeten Schallplatten sind nicht dabei. (m.e.)

  • monthly revelations reshaped (march)

    (album) das aussergewöhnliche Pianoalbum „Skrifum“ von Jon Balke, das m.E. in einer eigenen Sphäre existiert irgendwo zwischen Harold Budds und Brian Enos „The Plateaux Of Mirror“ (das Jon nicht kennt) sowie Paul Bleys „Open, to love“ (das eines seiner desert island records ist) (film) Ingo J Biermann erinnert an David Lynch (prose) Craig Thompson: Ginsengwurzeln (talk) „The infinity of goove“ – life and times of Philip Jeck (radio) Playlist in Motion: die Ausgabe der Klanghorizonte am 27. März (binge) Mo, Staffel 1 und 2, die tragikomische Geschichte eines Palestinensers in Mexiko (archive) Nicos „The Marble Index“, ein Remaster des Labels Domino, geschrieben von „special guest“ Richard Williams

    Wir machen keinen Fetisch aus dem Neuen, und der „letzte Schrei“ ist oft überbewertet. Also leisten wir uns auch Blicke „vorwärts in die Vergangenheit“ und machen Altes im Sinne von Wiederkehrendem aufmerksam, das uns schlicht viel bedeutet in diesen Tagen: in den „march revelations“ sind es Erinnerungen an David Lynch und Philip Jeck, Olafs Lieblingsbuch des Jahres 2024, sowie eine Sternstunde von Nico (die bereits 2023 wieder veröffentlicht wurde). Es hätte auch Paul Bleys Meisterwerk sein könne, das nun in der ECM-Reihe „Luminessence“ vorliegt. Übrigens, zwei Alben, die sonderbar gut zueinander passen, nicht nur, weil sie beide 1973 rauskamen: „Open, to love“, und „Paris 1919“! (Die „april relevations“ kommen am 1. April! Die „may revelations“ wegen diverser Reisen schon Mitte April (es sei denn, jemand übernimmt den Wonnemonat!)

  • „I don’t know what jazz is“ – two cups of Usambara (and Alabaster speaking)

    This may look like some wild journey through the worlds of jazz and beyond, „zigzagging“ is the keyword here I once learned from a Robert Wyatt song, still unable to write it correctly. And it IS a wild journey, an special mix of records either loved for ages, or records I‘ve heard for the first time like „Gravity“, or never before, like the „spirituals“ of Paul Robeson. Sorry for the „echoey“ sound of Alabaster‘s speaking, i had to record it from a speaker to place it here. I think you can handle it, and, maybe, you discover some wonderful music. For example Alabaster‘s „A Blade Because A Blade Is Whole“. To be released on my birthday on March 14.

    I really use music as part of my survival kit, this is why i don‘t do yoga or zen meditation. The kind of music that takes risks, creates mysteries, haunts me with decent portions of light and shadow. Necessary in times like these anyways, and no escapism. Or the best escapism of all. It‘s an anti-depressant. A horizon.


    Today, early in the morning, K7 (Berlin) delivered, to my surprise, the vinyl of „Gravity“, by Finnish Joona Toivanen Trio. Hearing it, I remembered their fresh approach to the piano trio format from an earlier album that was more on the moody side. No cultural baggage on their shoulders that can‘t be dissolved in fresh air. Pure joy to listen to, and go for the tiniest details. First 2025 release of WeJazz Records, Helsiniki.

    Later in the afternoon a friend came by, who finally wanted get inside – with daylight vanishing behind the curtains – one of the last recordings of Charles Mingus, the quadrophonic version of „Mingus Moves“. Two big cups of Usambara for the journey, piano, bass and drums up front, the reeds coming from the rear speakers. Pure joy, part 2 (and more revelations in the lines to come…) The way Don Pullen hits the piano shows how to courageously handle the bass wizard!

    And another „jazz vibe“ of the day: Marshall Allen, a member of the Sun Ra Arkestra since 1958 and its leader since 1996, has just released his debut solo album „New Dawn“. He is 100 years old now (and allows himself to be quite nostalgic). This makes him the oldest artist to ever release a debut album, and, by the way, when he was 90 or so, I saw him at Stadtgarten, Cologne, on a birthday of mine. It was – pure joy! As an inhabitant of too many caves, I mildly regret not having seen some of my old heroes when they were still around. For example, John Coltrane in 1961 at the Village Vanguard. I was six years old, I would have been ready for it. (In fact, Brad Mehldau, look at his early revelations Lajla has posted days ago, was a huge fan of Trane‘s „Live At The Village Vanguard (Again)“, more on the free side of jazz!)

    And last, but not least, there is another cracker reappearing, from the mid-70‘s. On vinyl. A hidden gem from the few fusion-fuelled albums by saxophone giant Joe Henderson, named „Multiple“, with the infamous „stellar“ ensemble at his side. Time traveling at its best! Closing the circle, I cannot recommend Joona Toivanen‘s trio music of „Gravity“ high enough. Stephan Graham may have some minor quibbles in his 3 1/2 star review on Marlbank, but finally he concludes: „It’s not a band to get the party started. More it’s a unit made for deep rumination and some serious soul searching.“ I deliberately offer four glowing stars for this long lived trio that, instead of exercising a formula once found, acts with a „beginner‘s mind“ from album to album. There‘s a little mystery in each and every track here, let‘s call it „the blow away zone“!

    Postscriptum mit „Interview“: Alabaster DePlume about three albums from the „spiritual“ side that sent him places: that one „Japanese Folk Song“ of Thelonious Monk‘s „Straight No Chaser“, „Paul Robeson’s „Live At Carnegie Hall, 1958“, and „Angels And Demons At Play“ by Sun Ra.

    LISTEN NOW (in the words of Alabaster)

    Ich war natürlich gespannt, welche drei Alben Gus Fairbarn alias Alabaster auswählen würde. Und als er auf dieses Stück aus „Straight, No Chaser“ zu sprechen kam, fiel mir ein, dass ich schon öfter eine gewisse „soulmateship“ zwischen Robert Wyatt, dem lange Zeit dezidierten Atheisten sowie „Humanisten“ Robert Wyatt (ich gebrauche das Wort „Humanist“ ohne elitären Ballast) und Alabaster DePlume wahrnahm, ihre Sicht auf die Kriegsverbrechen Netanjahus und seiner „Bande“ (Robert schrieb Lieder über das Grauen dort, Alabaster nahm Musik vor Ort auf): beide agieren mit einer sanften Stimme, eher untypisch für politische Songs, und beide finden einen Antrieb für ihre Musik in dem Mitgefühl für die Opfer, nicht in politischer Programmatik. Und beide haben einen besonderen „Draht“ zur Musik von Thelonious Monk.

  • Strandlektüre für Rantum im März

    Geradezu „entdeckt“ habe ich einen „Professor of History at Middle Tennessee State University“! Ein fundiertes, alle Sinne ansprechendes Büchlein über John Cales „Paris 1919“. Auch wenn er zuweilen in munterem Galopp durch die Histore jagt (mit pointierten Pausen des Verweilens), von Versailles 1919, über Dada und Surrealismus und Dylan Thomas bis hin zu Andy Warhol und Fluxus, nimmt er all diese Hürden en passant, ohne oberflächlich zu werden. Alles kreist, bereichert mit spannenden Tangenten, um diesen gespensterreichen Songzyklus, voller Hintergründe und „sidesteps“.

    Mir gehen reihenweise Lichter auf. Ich schätze zum Beispiel, wie Mr. Doyle die Unergründlichkeit dieser Lieder herausarbeitet. „Mark Doyle runs down the ghosts haunting Cale‘s most enduring solo album.“ ich begab mich ratzfatz auf seine Spur. Es gibt natürlich etliche Mark Doyles, aber genau dieser veröffentlichte 2020 auch ein Buch über die Kinks, Untertitel: „Songs Of The Semi-Detached“.

    Die Helden meiner Kindheit und ihre „Psychogeographie“: die Kinks rangierten damals in meiner Welt knapp vor den Beatles. Und 1976 weigerte sich ein breites Honigkuchengrinsen , eine runde Woche lang in Würzburg mein Gesicht zu verlassen, als dank des bayerischen Zündfunks die Langspielplatte „801 Live“ meine Studentenbude flutete, Phil Manzaneras Super Group mit meinem damals brandneuen „Helden“ Brian Eno als Sänger und Synthesizerspieler, und seine „hot takes“ von „You Really Got Me“ und „Tomorrow Never Knows“ mich im Sturme nahmen, wie im gleichen Zeitenraum auch „Miss Shapiro“, und überhaupt das pure very britische Seventies-Opus „Diamond Head“.

    Tja, und obwohl ich BRAVO-sozialisiertes „human being“ viel über die die Kinks wusste und weiss, mit all ihren Umwegen über „5 o’clock tea“, Carnaby Street, The Village Green Preservation Society und USA (und auch über Ray Davies’ innere Distanziertheit zu überschwappendem Flower Power), freue ich mich wie Bolle auf Boyles 213 Seiten am Meer, sowie einen historischen Kriminalroman, der in den holländischen Bergen spielt anno 1961, sowie auf Martina W.‘s Anthologie „Und man hört sie doch“, die tatsächlich schmökertauglich ist, sowie, bald oder etwas später, Jan R.s jüngsten Streich über einen mir weitgehend unbekannten Künstler. (Der hervorragende, 1975 und früher spielende Gesellschaftsroman „Der Gott des Waldes“ von Liz Moore, Krimi, Survivalkurs und tiefenpsychologische Finnesse in einem, ist soeben erschienen, und wurde leider schon von mir in atemraubendem Tempo verschlungen.)

    Der Koffer ist gepackt, das Haus am Meer wartet auf mich, es hat einen Cd-Spieler, und ich wieder mal nur Ausgesuchtes dabei, sowie „Paris 1919“, dann die neuen Werke von Alabaster DePlume, Vijay Iyer & Wadada, zudem und sowiesoso „Grosses Wasser“ von Cluster (das lange Stück!) als auch Philip Jecks Vermächtnis „rpm“ (was gibt es Rauschenderes und Knisternderes als Jecks Vermächtnis nachts in „Klein-Afrika“ zu hören, auf Kopfhörern, die dem Sound der Wellen natürlich Einlass bieten!?)…

  • Radio On

    Today I got Alabaster‘s answers for the Klanghorizonte at the end of March. If you look at my playlist in motion, there are not many questions open in regards to the playlist, except the final piece, or playing three ECM‘s in one hour. I will ask for that, good arguments I have. There‘s is a fine connection over decades between Paul Bley‘s Open, to love and Jon Balke‘s Skrifum, for example. Anyways, HEAR the kind greetings from Alabaster! Afterwards he spoke about two songs, his saxophone paying and much more. HEAR The Hebina, Hebina story! Kindred spirits in peculiar ways, Alabaster and Brian! (I will write that hour on Sylt, cold cloudy winter days will be guaranteed.)

  • the 100 records that all came to me „like a hurricane“ in the wild, wild 70‘s

    Früh am Nachmittag kam ein Päckchen, darin Mark Doyles beeindruckendes Büchlein über John Cales „Paris 1919“ (ich fliege gerade im Kindle durch die 120 Seiten) und – sehr preiswert (ich verschenkte es schon diverse Male) – Paul Bleys „Open, to love“ als digipak-Cd. Ich stockte: „Na hör mal“, sagte ich zu mir, „das ist doch Synchronizität“. Ich schaute nach, genau: beide Platten erschienen 1973! Und das waren wohl die beiden besten Alben jenes Jahres, naja, vielleicht würde ich ihnen noch ein, zwei, drei, aus meinem 18. Jahr an die Seite stellen. Denn jenes Jahrzehnt war wirklich verrückt. And completely overflowing with lessons of love, life, magic, and death. I‘m still learning them today. Learning to fail. Learning to surrender. (Another magic list of the 70‘s)

    The Human Arts Ensemble: Under The Sun
    Soft Machine: Third
    Terje Rypdal: Odyssey
    Bo Hansson: Lord of the rings
    Bob Dylan: Desire
    Terje Rypdal: What Comes After
    Don Sugarcane Harris: Fiddler on the rock
    Chris Hinze: Mission Suite
    Leonard Cohen: Songs of Love and Hate
    Joni Mitchell: Blue

    Miles Davis: Live At Fillmore East
    Neil Young: After The Goldrush
    Neil Young: Tonight’s The Night
    Neil Young: On The Beach
    John Cale: Paris 1919
    Brian Eno: Taking Tiger Mountain (By Strategy)
    Jacques Brel: Das letzte Album
    Brian Eno: Discreet Music
    Keith Jarrett / Jack DeJohnette: Ruta and Daitya
    Brian Eno: Another Green World 

    Keith Jarrett: Bremen / Lausanne
    Keith Jarrett: Belonging
    Byard Lancaster: Us
    Brian Eno: Music For Airports
    Jan Garbarek: Sart
    Volker Kriegel: The Missing Link
    Brian Eno: Before and After Science
    Paul Bley: Open, to love
    Keith Jarrett: The Survivors Suite
    Jan Garbarek: Witchi-Tai-To

    Jan Garbarek: Dansere
    Dave Holland: Conference of the birds
    Anthoyn Braxton: New York, Fall 1976
    Leonard Cohen: New skin for the old ceremony
    Oregon: Distant Hills
    Ralph Towner: Diary
    Ralph Towner: Solstice
    Van Morrison: Veedon Fleece
    Weather Report: Mysterious Traveler
    Chick Corea: Return To Forever

    Wire: Chairs Missing
    Wire: 154
    The Allman Bros Band: Live at the Fillmore East
    Eberhard Weber: The Colours of Chloe
    Eberhard Weber: Yellow Fields
    Brian Eno: Music For Films
    Eberhard Weber: The Following Morning
    Joni Mitchell: Hejira
    Keith Jarrett: Fort Yawuh
    Keith Jarrett / Jan Garbarek: Luminessence 

    Bennie Maupin: The Jewel In The Lotus
    Julian Priester: Love, Love
    Joe Henderson: The Elements
    Don Cherry: Brown Rice
    Can: Tago Mago
    Marion Brown: Geechee Recollections
    Robert Wyatt: Rock Bottom
    Meredith Monk: Dolmen Music
    Steve Reich: Music For 18 Musicians
    Walt Dickerson Trio: Peace

    Neil Young: Comes A Time
    Kraftwerk: Mensch-Maschine
    Marion Brown: Sweet Earth Flying
    Marion Brown: Vistas
    Egberto Gismonti: Danca des Cabecas
    Phil Manzanera: 801 Live
    Terje Rypdal: Whenever I Seem To Be Far Away
    Robert Fripp: Exposure
    Neil Young: Zuma
    Gavin Bryars: The Sinking of the Titanic

    Penguin Cafe Orchestra: Music From The Penguin Cafe
    Keith Jarrett: The Köln Concert
    Paul Bley: Alone, Again
    Television: Marquee Moon
    David Bowie: Low
    Cluster & Eno
    Eno / Moebius / Roedelius: After The Heat
    Michael Rother: Flammende Herzen
    Jan Garbarek / Arild Andersen / Edvard Vesala: Triptykon
    Edward Vesala: Nan Madol

    John Martyn: Solid Air
    Talking Heads: More songs about buildings and food
    Talking Heads: Fear of Music
    Caravan: If I Could Do It All Over You…
    Jethro Tull: Thick As A Brick
    The Residents: Eskimo
    Dollar Brand: Good News from Africa
    Keith Jarrett: Sun Bear Concerts
    Art Lande / Jan Garbarek: Red Lanta
    Mahavishnu Orchestra: Birds Of Fire

    Chick Corea: Paris Concert
    Sam Rivers: Streams
    Codona: Codona (1979)
    Carla Bley: Tropic Appetites
    Julie Tippetts: Sunset Glow
    Paul Motian: Dance
    Holger Czukay: Ode To The Peak Of Normal
    Jackson Browne: Too Late For The Sky
    Peter Rühmkorf: Kein Apolloprogramm für Lyrik
    100: Miles Davis: Jack Johnson

  • Eine andere Wetterscheide

    Mir ist klar, warum ich EIGENTLICH keine Liste meiner Alben der Siebziger machen kann, es wären dreihundert Langspielplatten. Und wie viele von ihnen enthielten lessons of life and love, die widerständig blieben, egal, welche Narrheiten über einen kamen. Das war die beste Sozialisation, oder, um es in einer alten Sprache auszudrücken, die beste Schule des Herzens. Und das Herz schlägt links, bingo! Was sonst wählen am kommenden Sonntag ausser Grün, Die Linken, oder SPD. Ich verachte die Leute, die aus eigenem Frust den Gang zur Wahl verweigern und somit die neuen Nazis stärken.

    Und, jaja, es ist alles andere als purer Eskapismus, in meinem Plattenregal in einem lang vergangenen Jahrzehnt zu stöbern, und eines dieser ewigen, erschütternden, herzschmelzenden, melodietrunkenen, geschichtsbewussten, umwerfenden Songalben jener wilden Dekade aufzulegen (ich nenne es spasseshalber die Nummer 12 meiner Top 300), zum wievielten hundertsten Male eigentlich!? Da wird auch der Geist von Versailles gestreift, jene Konferenz der Mächtigen, die den Boden mitbereitete für die Schrecken, die dann noch kamen. „Paris 1919“ heisst das unfassbare, unerschöpfliche Album, das erstmal daherkommt wie eine Soft Rock-Platte unserer besten Jahre (kein böses Wort gegen den Zauber von Al Stewarts „Year Of The Cat“, my number 301), und dann, mit der Zeit, alle möglichen Geister und Gespenster zum Tanz bittet. Es ist mir eine dunkle Freude, in diesen Tagen Mark Doyles brandneues Buch über John Cales „Paris 1919“ zu lesen. Hier folge ich den Wegen von John Cales Kindheit in Wales, hin zu seinen Jahren in New York und Los Angeles. Mark Doyle hat zum Glück keine track-to-track analysis im Sinn, denn er kennt das Phänomen, dass bestimmte Alben einen ein Leben lang begleiten, und nicht aufhören, zu überraschen. Fragt mal Jan Reetze!

    Und jetzt mache ich doch eine Liste.
    My 100 most beloved albums in the 70‘s.

  • Wetterscheide

    Mein grosser Held veröffentlichte 1986 einen Song namens „A Quiet Life“, und, bereits ein begnadeter Aussenseiter, als er seinen modeverrückten Bruder auf der Carbanby Street begleitete, sagen wir 1966, blieb er sich auch später treu in seinem Blick auf Elementares. Wir frühstücken gerade, und die beiden Mädels richten schon mal den Blick nach Malaga Ende April. Da ist natürlich Sonnenschein garantiert, so wie Regen in Wuppertal, bei mir ist die Lage nicht so klar. Habe alle meine Wetterprognosen für Lanzarote in den ersten sieben Tagen im März parallel geschaltet – ernüchternd. Dagegen ist das Wetter auf Sylt und Langeoog verlässlich kühl und wechselhaft. Und plötzlich landen wir bei Urlaubsgeschichten, die in den grossen Sommerferien im Norden der alten BRD immer auch Dünenschleichwege waren, Verliebtheiten, Kissenschlachten, Fahrradausflüge zur Meierei im Ostland, Wattwanderungen mit Würmern, Halmatage im Hotel, und morgendliche Spaziergänge zu den neuen Kinoplakaten mit Abstechern zum Kiosk. Und so deutet auch jetzt alles auf die Scholle „Finkenwerder Art“ statt auf Mojo rojo und Mojo verde. Einmal mit 14 und meinen Eltern in Westerland, Bilderbuchsommerwetter, Tag für Tag, auch Milchreis mit Zimt, der Wellengang aber recht zimperlich, und mir war seltsam langweilig, ein Urlaub ohne Schwärmerei, Lieblingsbücher, neue Freunde – der einzig magische Moment war im ersten Anflug ein mächtiger Schreck: der Kauf einer „Bravo“, mit entlarvenden Fotos, wie sich zwei meiner „heroes who never die“ auf der Bühne prügelten, sturztrunken. Der Kioskbesitzer hatte ein Transistorradio, und als ich den Artikel im Stehen verschlang, ertönte aus dem kleinen Lautsprecher und dem Schatten seiner Bude die vertraute, absteigende Basslinie von „Sunny Afternoon“, und die Welt war für ein paar Minuten unverwundbar.

  • The last excellent jazz album of 2024

    Per „Texas“ Johansson; tenor saxophone, clarinet, contrabass clarinet, cor anglais & flute   / Ståle Storløkken; grand piano, fender rhodes & synths  / Petter Eldh; double bass, electric bass & mpc  / Gard Nilssen; drums & percussion

    Some days ago, I received a batch of recent WeJazz vinyls, and I started listening to „Unionen“, the first album of a stellar set of Nordic Jazzmen with a history. They all are bandleaders, ans theit creative output is quite incredible. Free of self-imposed things called style and genre, you never know what to expect. This album is, from start to end, a stunner, and it quite remarkable to release an album between the years, on Decmeber 6, 2024. You can see these four guys as sonic architects who create a very different sound and atnosphwre with every piece: though free as they are in their playing, they know how to handle dark cinematic moods, grooves in the most open territory, twists and turns after every corner. You can easily get lost in this album. There is no lost moment here, and, while listening, you very soon quit labeling, comparing, or thinking hard. This fantastic album tales you on a journey, on which you see and hear things different every time. Absolutel refined, raw, sensual music. And, word of honour If I wozld have received this album on December 6, ist would‘ve landed in my Top 20 list of last year‘d overflowing harvest. Fact: I listened to the record three times in a row, that good it is! I am not alone with my enthusiasm. To quote Jazztrail:

    „Die unkonventionellen Stimmungen sind es, die Lust auf diese Platte machen, und Stücke wie „Ganska Långt Ut På Vänsterkanten“ und „Tomikron“ veranschaulichen diese Qualität mit ihren kohärenten Klangwelten. Ersteres, das von durchgehenden Folk-Riffs geleitet wird, wird von Kontrabassklarinette und Flöte geprägt und erzeugt eine leidenschaftliche Stimmung, die mit bittersüßen Wendungen die Farben wechselt; letzteres, mit seinem gebürsteten Schlagzeug, groovigen Basslinien und luftigen Melodien, strahlt Charme und Wärme aus.“ Und der Rezensent setzt noch einen drauf: UNIONEN bietet ein meisterhaftes Gleichgewicht zwischen gut ausgearbeiteten Passagen und Ausbrüchen spontaner Kreativität, die neue Wege im modernen Jazz aufzeigen. Das Ergebnis ist eine fesselnde und befreiende Erfahrung, und die Hörer werden wahrscheinlich eine seltsame Befreiung des Geistes erleben. (For further info go the label page or bandcamp site of WeJazz.)

  • Einmal Tamla Motown mit einer melancholischen Note

    Mit 15, 16 war ich ein Fliegendgewicht und flog mehr am Geländer in das Erdgeschoss hinunter als dass ich sanft herunterglitt. Im Wohnzimmer meiner Eltern legte ich 1971 oder so die einzige Single auf, die ich je von Tamla Motown besass, „Just My Imagination (Running Away With Me)“. Der Titel war auch mein Programm in Sachen Verliebtheit, Sex, und Autosex. Das Wort „Knutschen“ war in regem Umlauf, und das Mädchen, das mir den ersten Zungenkuss erlaubte, war einem jungen, aufstrebenden Briefträger versprochen. Ich dachte, ich trumpfe wild auf mit all meinen Besonderheiten, aber ich war ein blutiger Anfänger und schnurrte beim Küssen wie eine Katze. Jene Single der Temptations lief heiss, als ich von Petra Schmidt-Rimpler träumte (ich war so verliebt). Mit ein paar Zeilen auf Tinte und Papier beendete sie den einseitigen Zauber, während in meinem Kopf diese Single nun erstmal ausgespielt hatte. Keinen Song der Soulgeschichte habe ich mehr geliebt als diesen. Es musste 2025 werden, dass ich erstmals die dazugehörige Langspielplatte auf 140 Gramm Vinyl erwarb, in einer feinen Edition. Meine erste Tamla Motown-Platte ever! Und sie macht mir einen Höllenspass (einerseits): eine perfekte Zeitreise, ein afroamerikanisches Lebensgefühl mitten im Herzschlag der Hippie-Ära, das allen Traumata der Zeit trotzte und die Utopie Titel werden liess: „Sky‘s The Limit“. Sieht man sich das Cover in Ruhe an, ist es schon ein bisschen crazy, woll!? Mit dem Charme von Bravo-Starschnitten besiedeln die einzelnen Temptations einen imaginären Raum zwischen Meeressaum und Wolke Nummer 9. Der vorherrschende Farbton ein rostrot gefilterter Sundowner. Das Traurige an diesen Zeitreisen, dass sich neben einer gewissen Berauschtheit (beim Versinken in den alten Klängen) immer auch die gute alte Tante Wehmut breitmacht. Einen Teil des letzte halben Jahres ging ich auf Kindheitssuche in meiner alten Stadt, und das Resultat war die Nachricht vom Tode meines besten Freundes aus jenem alten magischen Revier zwischen den Lebensjahren fünf und zwölf, dessen Grenzlinien die Kohlenhalde, der Weissdornweg, die Harkortstrasse und das Stadion Rote Erde waren. Das war vielleicht traurig, das war vielleicht eine Scheisse! Und kaum suche und finde ich noch ein paar angeschlagene Recken von damals (Zurli und Klaus W.), ist es nun leider, leider, leider nicht mehr an der Zeit, uns aus gefunden Ästen schicke Schwerter zu schnitzen: wir erzählen uns Stories, die ein halbes Jahrhundert und diverse andere Ewigkeiten zurückliegen. Die Zeit ist ein endlos weisses Band, und völllig ausser Rand und Band, wenn das Träumen beginnt. Man weiss, wieviele Millionen Fäden Marcel Proust gesponnen hat! Aber, ähem, um diesen einen Faden zuendezuspinnen: es gibt auf der Langspielplatte der Temptations einen epischen Song, der knapp die Dreizehn-Minuten-Grenze verfehlt, und (weil die Jungs um Norman Whitfield nun mal keine völlig durchgeknallten Romantiker waren) mit scharfkantigen Bläsersätzen, eine Geschichte kompletter Desillusionierung bereithält: „Smiling Faces Sometimes“, und was sich an Dunkelheit und Gemeinheit und Leere dahinter verbergen kann. Aber du tanzt dich da hindurch, weiter und weiter, Wirbel für Wirbel, und noch eine Runde, please!