• Hawkwind‘s magic first album


    Deshalb liebe ich auch das erste Hawkwind-Album. Es ist sowohl von der Unschuld der Psychedelia als auch von der (Vor-)Erfahrung des Punk geprägt. Unglaublicherweise neigen viele Hardcore-„Hawkfans“ dazu, es zugunsten der späteren Alben auf Charisma (!) abzutun, und das ist eine Schande. Denn Hawkwinds gleichnamiges Debüt war anders als alles andere, was sie jemals wieder aufnehmen würden. Zunächst einmal war der Gesamtsound so organisch und dünn wie ein filigraner Moosschleier, während er Stimmungen vermittelte, die so verwirrend nach dem Jenseits griffen und dabei genauso scheiterten wie das primitive Coverbild.

    (from Julian Cope‘s Head Heritage)

  • Re-packaged Passengers

    (highly recommended for my analog friends: we will soon meet in Hamburg, guys!)

    If you are like me and haven’t thought about Passengers and Original Soundtracks 1 in a long time, now might be the time to revisit this fine “new” album. Hearing it on vinyl for the first time, the music opens up in a fresh manner, compared to the relatively sterile sound of the original 1995-era CD. I love having this music spread out across four album sides, which allows us to better appreciate the song sequencing without it all getting lost as a mushy, hour-long digital playlist. Stopping to flip each side gave my brain a chance to take it all in, and better appreciate what I just heard. 

    Sonics-wise, there is no contest compared to the CD — the new vinyl edition of Original Soundtracks 1 sounds bold, round, and punchy, with loads of low-end, subsonic-style dance-beat vibes percolating beneath without sounding tubby-thumpy flaccid. Yet it’s not all boombox-car low-end here, as there is lots of nice midrange and high-end sparkle.

    In closing, I’ll summarize that this new 180g 2LP vinyl reissue is like hearing Passengers and their Original Soundtracks 1 anew for the first time. If you love Brian Eno and U2’s work together, you probably need this one in your vinyl collection, ASAP.

    (Mark Smotroff, Analog Planet)

  • Inside Brian‘s Studio

    THE ZANE LOWE INTERVIEW


    Es wird mal wieder Zeit für ein Brian Eno-Interview, und mir würden genug Fragen einfallen, auf deren Antwort ich selbst neugierig wäre. Nicht so leicht, mögen manche denken, denn seit der Zeit des Internets gibt es zahllose Interviews mit Eno, zur Musik, dazu, wozu Kunst da ist, zu Gaza, dem aufkommenden Faschismus in den USA. Meine aufregendste Zeit muskalischer Entdeckungen liegt tatsächlich in den Zeiten vor der Erfindung des Netzes, in der analogen Ära.

    Damals stolperte man über Neuerscheinungen, oder man benutze gewisse „Kanäle“, um auf dem Laufenden zu bleiben. So ging ich in der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre in Würzburg regelmässig zu Montanus, um die neuesten Ausgaben des Jazz Podiums und des Melody Maker durchzustöbern. Was heute allgegenwärtig ist, musste damals ausgekundschaftet werden. Nur wenige Magazine halfen da, die eine und andere Radiosendung.

    Heute ist der Blick auf die neuen Klänge der nahen Zukunft geradezu gleichgeschaltet – und sehr oft mit einem Blick zurück verbunden. Mit einem Schmunzeln merkt Brian Eno im Gespräch mit Zane Lowe an, dass damals, als Roxy Music am Start war, die Geschichte des Rock‘n‘Roll gerade mal 16 Jahre jung war, wenn man die Stunde Null bei Bill Haley ansetzt. As time goes by.

    Meine einzige Roxy Music-Story ist die, um die mich viele beneiden, die Fans der ersten Alben der Band sind, die ursprünglich mit dem Anspruch auftraten, „anti-hippie“ zu sein, und dem allzu schnell kodifizierten „styling“ der Hippie-Kultur unverbrauchte Mythen und Fantasien entgegenzustellen. Nun war ich um 1991 herum (oder Jahre später) in seinem alten Haus in Maida Vale, als er mir nebenbei mitteilte, dieser Raum hier, in dem wir sassen, wäre damals der Übungsraum von Roxy Music gewesen, wo sie wie verrückt die Stücke ihres ersten Albums einstudiert, entwickelt, geprobt hätten.

    Ja, ich nahm es zur Kenntnis (Roxy gehörte nie zum Soundtrack meines Lebens), und war froh, ihm in seinem Arbeitszimmer über die Schulter zu schauen, als er ein am DX-7 entwickeltes Stück für „The Shutov Assembly“ den letzten Schliff verpasste. Ein absolutes Lieblingsalbum. As time stands still. (m.e.)

  • Die drei besten Alben der besten Band der Welt

    Vom Opener „Our prayers will never be answered again“ bis zu „In a Future Age“, in dem Jeff Tweedy uns auffordert, „unsere Gebete in unverschämte Wagnisse zu verwandeln“, schleppt uns das drittbeste Album, das Wilco je aufgenommen hat, durch unseren zwischenmenschlichen Müll, nur um uns dann höflich zu bitten, ihn selbst aufzuräumen. Cool.

    Und da ist genug Zucker in der Medizin: also, Leute, von den süchtig machenden Pop-Hooks des Albums in den Bann gezogen, umgarnt uns die Band mit cleverer Ironie und reichhaltiger musikalischer Bearbeitung, die uns so leicht nicht mehr loslässt. Während das Album seine Feinheiten preisgibt, wird deutlich, dass die Band exponentiell wächst. Und das anno 1999. Nachdem sie sich selbstbewusst von ihren alternativen Country-Geistern verabschiedet haben, ist Wilco zu einer Band geworden, von der wir alles und nichts erwarten können. Mit Summerteeth haben sie ein Album geschaffen, das so wunderbar doppeldeutig und ungewiss ist wie das Leben selbst. Einst schrieb mir Elizabeth Hand dazu:

    „Another album I must have listened to almost every day for a decade. I finally put it aside last year, and this morning found myself in the mood to dig it out again. Beautiful and eerie; the sunny “Pet Sounds” production belies the dark lyrics. You could write an entire essay about the influence of “Pet Sounds” on“Pieholden Suite,” though my favorite song is the alternate version of the brilliant “A Shot in the Arm,” a hidden track (along with “Candyfloss”) which gives “Sergeant Pepper” era John Lennon a run for his money in under four minutes. Gorgeous, desperate, and so dark it’s exquisitely painful to listen to. “Maybe all I need is a shot in the arm/Something in my veins, bloodier than blood.” An entire hidden thread of my life had this as its soundtrack (note: nothing to do with drugs). “You’ve changed: What you once were isn’t what you want to be anymore.”

    Es folgten bald darauf ihr zweitbestes Opus, das viele für reinen Sternenstaub und dunkelstes Gold halten, Yankee Hotel Foxtrot, und dann das überwältigende wie tollkühne Meisterwerk A Ghost Is Born. Unendlich sanfte und wilde Lieder kreuzen sich gnadenlos! Seit damals bin ich Fan und freue mich sie im Juni in meiner alten Heimat zu erleben. Übrigens mag ich alle ihre Alben seit diesen drei großen Würfen der frühen und dunklen Jahre.

    Auf jeden Album seitdem finde ich Juwelen und Songs, die den direkten Weg unter meine Haut einschlagen, und immer wieder mal ein neues Lieblingsalbum, das sich den drei Geniestreichen ebenbürtig erweist. Meistens Sky Blue Sky, betörend verstörend in seinem sanften Flowflow! Derzeit ist mein Album Nummer Vier The Whole Love, mit zahllosen Songs zum Versinken, allen voran der tiefgründige 12-Minuten-Schleicher „One Sunday Morning“, mit seiner Verschmelzung von Wehmut und Freude. Läuft in meinem spanischen Leihwagen in dieser Woche „on high rotation“! (Michael E.)

  • News from Makaronesien

    Auf der kleinsten kanarischen Insel El Hierro trafen sich jetzt grosse Schaffende von den glücklichen Inseln: Madeira, Azoren, Kapverden. Sie kamen zusammen, um sich über die Lage des Tourismus auf ihren jeweiligen Archipelen auszutauschen. Weil auf diesen atlantischen Meerinseln vorwiegend Portugiesisch gesprochen wird, hatte ich mir ein junges Englisch sprechendes chica organisiert zum Übersetzen.

    José Luis Rivero, Wirtschaftswissenschaftler von der Universität La Laguna/Teneriffa moderierte die spannende Runde – claro – auf Spanisch.

    Den für mich attraktivsten Auftritt bot Urbano Bettencourt Machado von den Azoren. Er ist Journalist und Schriftsteller, ein anerkannter Intellektueller, der viel für die Musik tut. Seine engagierte These lautet: gegen die Religionen kann nur die Liebe zur Musik als internationale Sprachen antreten. Er berichtete von Philharmonien, also grossen Orchestern, die unterwegs sind und Künstler wie Kurt Weil und Bertold Brecht im Programm haben. Mich fasziniert der Gedanke, dass unsere grosse Kultur bis in die kleinsten Archipele vordringt. Ich fragte ihn, wie es mit dem Jazz aussehe. Er erzählte mir, dass es eine amerikanische Airbase auf den Azoren gebe. Dort gibt es Jazzmusiker, die den an Jazz interessierten Einheimischen die Jazzmusik beibringen. Aber es sei ja klar, dass die afrikanische Musik den grösseren Einfluss habe. Ich fragte ihn auch nach grossen Dichtern auf den Azoren. Er nannte Antero de Quental mit Daten 1842-1891.

    Glückselig wer
    vorüberging am Weh
    Des Lebens und der Leiden-
    schaft Getose
    Unwissend wie
    vorübergeht die Rose
    Und flüchtig wie der
    Schatten ob der See

    Madeira war vertreten durch den Musiker, Journalist und Schriftsteller Juan Carlos de Abreu. Er verriet mir, dass das nächste Treffen seine grosse Stunde sei, das Thema wäre POESIE.

    Javier Morales Febles lehrt als Agraringenieur an den Unis in La Laguna/ Teneriffa und Las Palmas/ Gran Canaria. Ich glaube, er ist unser Vizepräsident, der sehr nah an seinem Inselvolk ist. Wo sieht man schon mal einen Wissenschaftler oder Politiker aktiv bei den lokalen Tänzen ‚mithupfen‘?

    Cabo Verde, der afrikanische Inselstaat mitten im Atlantik, erhielt meine grösste Aufmerksamkeit. Ich war sehr neugierig auf den Mann von den Kapverden. Leáo Lopes heisst er. Er ist Filmregisseur, Künstler, Professor, in seiner Zeit als Kultusminister gründete er das Institute of Art an der Universität von Mindalo. Er zeigte kleine touristische Bauprojekte und Märkte mit lokalen Produkten. Im gemeinsamen Gespräch nach seinem Vortrag fragte ich ihn nach interkulturellem Kulturaustausch, ob es Residenzen für Künstler gäbe. Er gab mir für meinen Künstlersohn seine Kontaktadresse.Leáo Lopes hatte zwei Künstler mitgebracht, einen Gitarrenspieler und Sänger und eine Tänzerin. Tiolino y Rosy Timas.

    Wie klingt der Sound von den Kapverden? Darauf war ich sehr gespannt. Vollkommen entspannt betrat ein junger hübscher Mann mit seiner Gitarre die Bühne und begann ein langes Lied zu singen. Man konnte ahnen worüber er sang, als die Tänzerin mit um den Bauch gebundenem Ball einen Geburtstanz hinlegte. Sehr graziös vollbrachte sie das Wunderereignis. Aufgrund der Tänze, die alle das Bild der Frau zum Thema hatten, konnte man die Songs gut einordnen. Rosy Timas ist einen begabte Choreografin, die verstand, eine Hausfrau, eine Braut, eine Büroangestellte oder eine verführerische Frivole zu tanzen.Die Rhythmen waren vielfältig : Mazurka, Chachacha hörte ich heraus. Tiolino sang ein Lied von Cesaria Evora, der wohl berühmtesten Sängerin von den Kapverden. Die Beiden bekamen viel Applaus- Ich sah einige Einheimische auf ihren Sitzen tanzen und klatschen zu den afrikanischen Klängen von einer der glücklichen Inseln in Makaronesien. Vamos!

  • Málaga dreaming

    Swimmingpools spielen eine rare Rolle, aber ich unterschlage Erinnerungen, würde ich den Serientraum aus Kindertagen aus dem Spiel lassen, das warme Wasser, in dem die Füße spielen, und die Magierin, die von hinten an mich herantritt. Im Süden Spaniens jetzt ein anderer Traum, und tatsächlich strömt in der Dämmerung, aus schwarzen Lautsprechern, die zweite Sologitarrenplatte von Bill Connors, mit ihrem Hauch von Latino, und einem dritten Swimmingpool (auf dem Cover), der nicht weniger zum Verweilen animiert als dieser hier, und jener aus den frühen Märchen aus 1001 Nacht. (m.e.)

  • Los Thuthanaka


    In den ersten Minuten dieses Albums der bolivianisch-amerikanischen Geschwister Chuquimamani Condori und Joshua Chuquimia Crampton, da glitzern die Gitarren wie Tempelglocken und bilden dämmernde Akkorde. Stürme von Geräuschen wehen hindurch, mal verblüffend in ihrem zischenden Rauschen, mal fremdartig in ihrem Glanz und Rauschen. In von menschlichen und maschinellen Effekten verfremdeten Klangfarben sprechen „Voiceovers“ einleitend und rückblickend über etwas, das wie Stereofelder von lokalen Radiosendungen klingt. It’s a strange world. Irgendetwas passiert hier. Aber was? Nun, wir haben eine interessante Interpretation der Andenmusik. Über Jahrzehnte haben die Musiker diesen Boden vorbereitet, alte Rhythmen von ihren Großeltern gelernt und an Klangzeremonien teilgenommen. Im Jahr 2023 haben sie ein kleines Fenster in die Welt von Los Thuthanaka für die Öffentlichkeit gebaut. In einer aufschlussreichen Ausstellung im MoMA boten sie den Besuchern Kopfhörer und einen Sitzplatz vor einer monumentalen Collage an. Zu den Bildern gehörten traditionelle Medizin und Tiere, die in den Erzählungen der Eingeborenen eine zentrale Rolle spielen. An anderer Stelle hockt ein Ahnenpaar mütterlicherseits zwischen einem monumentalen Soundsystem und schießt Glasscherben und Blitze in den Nachthimmel. Los Thuthanaka klingt so, wie man sich dieses Wandbild vorstellen könnte. Und das ist erst der Anfang.

  • “That childhood preference for a slow lifestyle“ – ein Interview mit Kevin Ayers

    Manchen mag Kevin Ayers bekannt sein, aus alten Hippietagen, von frühen Soft Machine-Alben, oder seinen Soloalben. Oder von seinem „Lampenfieber“. Er stand für fantasievolles, postiv versponnenes Liedergut, undals er einmal nach vielen Jahren der Stille anno 1992 mit einem feinen „Comeback“-Album daherkam, freuten sich die „alten Fans“, wie unverbraucht seine Stimme und sein Charme daherkamen.


    Michael Frank traf ihn damals in meiner alten Heimat in Dortmund zum Gespräch. Und Freunde seiner Musik werden HIER das eine und andere von Interesse finden, etwa seine Kindheitsvorliebe dafür, die Dinge des Lebens langsam anzugehen. „The Unfairground“ war sein letztes Werk – ich habe es in guter Erinnerung, und ganz sicher ein, zwei Songs daraus in den frühen Jahren der „Klanghorizonte“ gespielt. John Mulvey schrieb damals:

    „From what I can tell, Ayers seems to have been mooching about the south of France for an extraordinarily long time, probably doing not much more than some fairly concerted wine-tasting. We spent a while yesterday trying to work out what he lives on – does he have independent means, maybe? But Ayers always comes across as one of those charming, insouciant wasters who sort of glide through life untroubled by the dreary realities that trouble the rest of us. In fact, listening to „The Unfairground“, Ayers tackles angst, romantic mishaps and fear of ageing with a sort of rueful shrug.“

    Unser Interview mit Robert Fripp aus dem Jahre 1997 findet sich in diesem „Blogtagebuch“ am 28. März – unter dem Titel „Everything broken will flow“. m.e.)

  • My Lovely Days (A3)

    Oh mit einem Zittern
    Weiche lustige Sache

    Euphonisch
    Flüstert auf dem Boden

    Platonisch
    Versteckt in einer Schublade

    Cool wie ein Flimmern
    Blauer Wuschel
    Gleitet durch diese Finger

    Verbirg es
    Lauf ein wenig ängstlich

    Aber fühle es
    Öffne dich stattdessen

    Wessen Zittern
    Verstrickt in der Morgendämmerung
    Dieses schöne Durcheinander
    Kaum noch zu halten
    Vergessene Tage
    Fallen weg
    Von uns
    Von uns

    Ladet es ein
    Niemals sicher zu sein

    Erregt es
    Es schreit nach mehr

    Oh kleiner Sonnenstrahl
    Gefangen in einer Wolke

    Wir zittern
    Verstrickt in der Dämmerung
    Dieses schöne Durcheinander
    Kaum aufgehängt
    Vergessene Tage
    Wegbrechen
    Von uns
    Von uns

    Lass uns hier verweilen
    Moosig in der Dämmerung
    Diese unordentliche Liebe
    Kaum festhalten
    Oh schöne Tage
    Weglaufen
    Mit uns
    Mit uns

    Meine schönen Tage
    Wollt ihr nicht bleiben


    Easy does it, könnte eine Besprechung von „Luminal“ lauten: wenig ruft die wilden Welten von Here Come The Warm Jets oder Nerve Net in Erinnerung, oder den Power Pop der Zusammenarbeit von Eno und Hyde. Ist das nicht alles ein wenig smooth umd sentimental? Was assoziieren wir frei? Verrückte Kissenschlachten früher und später Liebe, Glückstaumel der „salad days“, ach ach ach! Ist es nicht viel leichter, das eigene Dunkel zu erkunden, mit „dark songs“ und einem „dark album“, das Spätwerke alter Meister oftmals offerieren?! Warum nur verzaubert mich dieses Songalbum mit Beaties mildrauchigem Timbre und Brians Quantum Samt so sehr?

    Ein Punkt jedenfalls sind die lyrics von Beatie, die nichts ausformulieren, und, wie Impressionisten, der Flüchtigkeit der Linien und Bilder ihren seltsamen Tiefgang anvertrauen. Auch mit Reimformen wird sehr luftig gearbeitet, was die deutsche Übersetzung unterschlägt, z. B. ganz am Anfang der Hauch von Reim von „floor“ und „drawer“: Oh with a quiver / Soft funny thing  / Euphonic / Whispers on the floor / Platonic Hiding in a drawer…“ Genauestens tariert sind die Kürze der Zeilen und die Länge der Strophen: bei de drei „Siebenzeilern“ ein Hauch von Crescendo und Brians „Chor“. Zudem seine „synths“ – vintage Eno and inventive!

    Es gibt zudem auf „Luminal“ keinen einzigen Wechselgesang a la „Nancy und Lee“, und das verblüfft, denn stimmlich die Zwei „a match made in heaven“. Das ist die Kunst: Understatement liefern, ohne Intensität zu opfern! Und dann diese beiden herrlichen dreisilbribigen Eigenschaftswörter „Euphonic“ und „Platonic“! Da komme ich gleich auf launige Tangenten!

    Lese ich allein Beaties Texte, kommt mir sogleich die alte Lust an Lyrikinterpretationen in den Sinn, in jenem schönsten aller germanistischen Proseminare über „Konkrete Lyrik“ (Münster, 1973/74), und im legendären Englischunterricht von Dr. Egon Werlich. Hier, auf „My Lovely Days“, entfalten sich bewegte Liebestaumel mit äkustischem Gitarrengezupfel und dem simpelsten aller Melodiegaranten namens Omnichord. Kein Wunder, dass „My Lovely Days“ demnächst die zweite Singleauskoplung wird!

    Aber, und das ist das grosse verblüffende Aber: stets ist ja das Träumen als Träumen präsent, als fluider Seinszustand – und im Laufe der Lieder von Luminal findet alles Dunkle seine Risse. Beiläufig, der Logik von Traumbildern, Traumsequenzen folgend. Nichts bleibt unverwundet.

  • monthly revelations (april)

    album: anouar brahem
    film: neil young coastal (april, 17, one evening, worldwide)
    prose: „und man hört sie doch.“ (hg: martina w.)
    talk: erik and jan on „manafon variations“
    radio: „playlist in motion“
    binge: „families like ours
    archive: joe henderson


    „Bei der Auswahl von Titeln für seine Kompositionen, die die palästinensische Erfahrung thematisieren, war Anouar Brahem nicht von einem didaktischen oder propagandistischen Ziel getrieben: Dies wären Ziele, die seiner feinfühligen (…) Sensibilität völlig fremd wären. Aber er konnte auch nicht den Eindruck erwecken, dass seine Musik von der Wut, der Trauer und dem Kummer, die Gaza in ihm auslöste, unberührt blieb. Es ist zu früh, um zu sagen, ob man sich an dieses „Quartett für das Ende der Zeit“ als Vorbote des Endes von Gaza erinnern wird, oder vielmehr als Vorbote des lang ersehnten Endes des Leidens in Gaza. Man kann jedoch sicher sein, dass dieses Album für immer die Spuren seiner Herkunft tragen wird. „Musik erinnert sich an uns“, schreibt Jeremy Eichler in Time’s Echo, seiner ergreifenden Studie über Musik, die nach der Shoah komponiert wurde. „Musik spiegelt die Menschen und Gesellschaften wider, die sie geschaffen haben, sie fängt etwas Wesentliches ein, das sie in die Zeit ihrer Entstehung zurückversetzt. Die Erinnerung wird von den Kadenzen, den Offenbarungen, den Trübungen und dem tragischen Pathos der Musik heimgesucht“.

    (aus den liner notes von Adam Shatz zu Anouar Brahems „After The Last Sky“, übersetzt aus einer französischen Vorlage mit deepl ins Deutsche, die Cd enthält die englische Fassung)