„Ness“



Es gibt solche Räume der  Natur, zuhauf,  in denen sich die dunkle Historie und die Pracht der natürlichen Welt überlagern, verdrängen. Um einen solchen Raum in Suffolk / Norfolk / East Anglia geht es in der „prose poetry“ von Robert Macfarlane. Keine 100 Seiten lang ist dieses Büchlein, und noch hat sich kein Verlag herzulande an die deutsche Übersetzung getraut. Umso bewundernswerter, dass sich der Musiker und Komponist Hayden Thorpe dieser Arbeit genähert hat, in der sich alte und neue Zeiten spiegeln, Todesgefahr, Bombenbau, kalter Krieg. Die Zeiten haben sich nicht geändert, dort aber ist mittlerweile alles, soweit möglich, „renaturiert“. Einmal mehr, nach W. G. Sebalds „Die Ringe des Saturn“, eine fesselnde Wanderung durch Küstengebiete im Südosten Englands: Geschichtsstunde, Meditation, Songrreigen in einem. Was drohen da alles für Fallen (frömmelnde Erhabenheit, ein Himmel voller Geigen, und mehr) – nur scheint mir Hayden Thorpe in keine einzige getappt zu sein. „Ness“ (LP, CD, DL) ist ein Klassealbum.

(P.S. „Meine“ Ausgabe der Klanghorizonte im März (Deutschlandfunk, 25.3., 21.05 Uhr) wird – neue „Spielregel“ – nur Alben vorstellen, die zwischen dem August 2024 und April 2025 rauskommen. Also keine „reissues“ (ausser, evtl., einem alten, zeitlosen Stück Musik, das ich im Rahmen von Joe Boyds neuem Buch „And The Rhythm Will Remain“ spiele (aus Kapitel 4, „Latcho Drom“)) – und wenn der Veröffentlichungsrahmen schon so weit gespannt ist, komme ich im März gerne auf solche „in between“-Alben zurück wie Laura Cannells „medieval trips“ oder Haydens „Hauntology“. Die leider nur wenig „airplay“ bekommen. Egal wie weit entfernt die Quellen: alles wird in einen „ocean of sound“ münden, und einer Portion „storytelling“.)

Ein Kommentar

  • flowworker

    There are many such spaces in nature, in which the dark history and splendour of the natural world overlap and displace each other. One such space in East Anglia is the subject of ‘prose poetry’ by Robert Macfarlane and Stanley Donwood. This little book is less than 100 pages long and no publisher in this country has yet dared to translate it into German. This makes it all the more admirable that the musician and composer Hayden Thorpe has approached this work, which reflects old and new times, mortal danger, bombing, the Cold War. The times have not changed, but everything there has now been ‘renaturalised’ as far as possible. Once again, after W. G. Sebald’s ‘The Rings of Saturn’, a captivating hike through coastal areas in the south-east of England: a history lesson, meditation and song roundelay all in one. There are all sorts of traps (sanctimonious grandeur, a sky full of violins, and more) – but Hayden Thorpe doesn’t seem to have fallen into any of them.

    DeepL

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