Red Flag in Sylt

Ich erinnere mich an einen kleinen Reiseessay in der „Zeit“, in dem ein bekannter Feuilletonist, auf dessen Namen ich gerade nicht komme, zwischen den Jahren ein paar Wochen auf Amrum verweilte. Ist schon ziemlich lange her. Und er überschrieb seinen Text „Stille bis zum Horizont“. Auf Sylt habe ich selbst mal eine ganz besondere „Stille bis zum Horizont“ erlebt, in Coronazeiten. Frühmorgens, in den Dämmerungen, ist das selbst in der Hochsaison möglich, auf Sylt, auf Amrum sowieso.
Und welche Musik ist ideal für solche stillen Räume? Das ist eine persönliche Sache. Mir fallen Bands ein wie Múm oder Sigur Rós. Die Island-Fraktion der ätherischen Epiker, zwischen Transzendenz und Zerbrechlichkeit, zwischen Horizont und Holzspielzeug. Da waren jeweils die ersten Werke umwerfend, aber mit der Zeit versandeten beide Gruppen in ihren mehr und mehr in Formeln erstarrenden Einzigartigkeiten. Schöne Langeweile.
Unso erfreulicher, dass Múm nun wieder nach über zehn Jahre Pause ein rundum faszinierendes Album vorlegen. Eine lesenswerte Besprechung in Popmatters, und Frank Sawatzki hat diesen Beitrag hier für den DLF gemacht. Er hat einen feinen Sprachstil, den ich von seinen Rezensionen im Musikexpress kannte. Aber die Hauptsache: Múm sind wieder da!
Nach der Produktion von „Northern Song“ verbrachte übrigens Steve Tibbetts einige Tage auf Sylt, und sein erstes Album für ECM könnte allemal beitragen zu einer „history of silence“. „Eine lange Radionacht der Stille“ wäre sowieso ein schönes Thema für den Deutschlandfunk. Und als die Manafonisten 2014 ein Treffen auf der Insel planten, hätte ich beinah „The Sheriffs of Nothingness“ eingeladen, vorm Meer vorzuspielen, vor einer komplett imaginären Stille bis zum Horizont! Places you wanna like to be…!
3 Kommentare
Michael Engelbrecht
Just got this photo from Ralf Schneider.
Martina Weber
Ich habe nach einem dunkelgrünen Cover gesucht und „finally we are no one“ von mùm herausgesucht. Das hat mir damals sehr gefallen, 2002.
flowworker
Yep. Das war das zweite Album und das letzte tolle – bis jetzt …