„Openness Trio“ und „Chicago Waves“

Ich blätterte durch Seiten, in denen ein Fan des Labels Blue Note in alten Zeiten schwelgte und fachkundig viele Klassiker in Kurzkritiken umkreiste. In späteren Jahren kamen da nicht mehr so viele Alben zusammen, eine neue Generation, neue Besitzer, die Helden starben, usw. Natürlich gab es immer wieder Werke, seit den Neunzigern, die etwas Besonderes waren, ob von Cassandra Wilson, Madlips „Shades of Blue“, und was uns da noch in den Sinn kommen mag.

Wenn ich fünf Alben des Labels hernehmen sollte, aus der Zeit zwischen 1990 und 2025, als „my blue note favorites of new times“, „Openness Trio“ wäre dabei, von Nate Mercereau, Josh Johnson, und Carlos Niño: von der Ästhetik bis zum Cover eigentlich zu einhundert Prozent der Welt von „International Anthem“ „entlehnt“. Das Album entstand, auch eher typisch für IAR, meist in freier Natur, einmal nahm man unter einem mexikanischen Pfefferbaum Platz.

Solche Naturklanginspirationen deuten, wie die ersten Saxofonsekunden des Albums, auf ECM und Jan Garbarek – und ansonsten: Freier Jazz, Psychedelik (immer ein Ausdruck bei verschwimmenden Sounds – mit Carlos Niño kann man gut über „magic mushrooms“ reden), Ambient Music (aber hinhören, bewusst, sollte man schon) – ich lasse die Floskeln ruhen, nur dies noch: das Album ist ziemlich unbeschreiblich! Und hat einen festen Platz in meinem Jahresrückblick!

Wie, in den „archival recordings“ die Langspielplatte „Chicago Waves“, die Neuauflage eines Livemitschnitts des Duos Miguel Atwood-Ferguson / Carlos Niño aus dem Jahre 2018. International Anthem! Strukturell als völlig freie Improvisation angelegt („zwischen Ashram, Free Jazz und Ambient“, merkte ich in den JazzFacts mit einem Schmunzeln an), ist es in mancher Hinsicht ein enger Verwandter des „Openness Trio“, und Miguel gab als Inspirationen das Blau des Lake Michigan an, Jon Hassell, und einen Free Jazz Violinisten, der einst auf Impulse Records ein paar Platten veröffentlichte, Michael White.

2 Kommentare

  • Michael Engelbrecht

    „The sound of Openness Trio is the sound of futurism, experimentation, and of a band re-writing what a jazz trio can be. Guitarist/producer Nate Mercereau, saxophonist Josh Johnson, and percussionist Carlos Niño are no strangers to the worlds of jazz and experimentalism. They are among a small but powerful group of “new” jazz players that are pushing the walls further out in the world of jazz. Much like Miles Davis, John Coltrane, and Andrew Hill did in their heydays, sometimes losing more fans than gaining. Yet history showed us they were indeed forward-thinking and seeing far beyond the horizon line we saw.“

    Nicht immer so weit aus dem Fenster lehnen mit der Zukunft, sage ich zu der so beginnenden Lobeshymne von J. Hubner in „complex distractions“. Aber das Album finde ich schon dezent sensationell gut! 😉

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