Ella Edelmann erlebte Radiohead in Berlin

Es war ein ganz wunderbares Erlebnis, wobei „Wunder“ und „bar“ beide gleichermaßen Teil dieses besonderen Abends waren. Irgendwie verwunderlich in seiner Eigenart und gleichzeitig bar jeden Zuviels, genau richtig in seiner Schlichtheit – sofern sich das von einem Arena-Konzert sagen lässt.

Interessant fand ich die Art Gaze-Leinwände, hinter denen die Band anfangs eingeschlossen war, und die – obwohl teiltransparent – später auch als Videoleinwände dienten. Das erste Lied („2+2=5“) spielten sie noch komplett hinter dieser Art Netz. Ich empfand das erst als sonderbare Distanz zwischen Performenden und Publikum, als die Wände dann aber später angehoben wurden, kam mir doch der Gedanke, dass es eigentlich ganz passend ist, das Erscheinen auf der Bühne durch dieses Zwischenelement nochmal um einen Schritt zu erweitern und sich so auch sichtbar dem Publikum zu öffnen.

Die Leinwände waren das ganze Konzert über sehr geschmackvoll eingesetzt. Oft finde ich es ein bisschen schade, wenn die Leinwände einfach in groß das zeigen, was man von seinem hinteren Platz sonst eben nicht erkennt, zumal ich mich dann oft dabei erwische, wie ich nur noch die Leinwand anstarre.

Das war diesmal anders. Die leinwandübertragenen Sequenzen waren immer wieder verfremdet, teilweise auch gedoppelt oder schnell nacheinander wiederholt. Das hat das Element der Konzertleinwand, finde ich, hier viel interessanter gemacht.

Musikalisch hat es mir sehr gut gefallen. Anfangs hatte ich das Gefühl, den Gesang etwas leise zu hören – das hat sich aber schnell gegeben.

Die Band hat toll gespielt und die Songs teilweise auch in Versionen präsentiert, die ich nicht direkt so erwartet hätte. Manchmal war rhythmisch etwas anders oder es wurden synthetische Intermezzos eingefügt und/oder ausgedehnt.

Besonders begeistert und eingenommen hat mich auch die Bühnenpräsenz Thom Yorkes. Er hat sich tatsächlich viel bewegt und getanzt, wie auch in den Kritiken, die ich vorher gelesen hatte, beschrieben. Ich fand das ungemein passend. Es hatte eine Leichtigkeit und ich hatte das Gefühl, er performt all diese Songs sehr bewusst, ohne aber irgendetwas bestimmtes darstellen zu wollen. Seine Art die Bühne zu bespielen, hatte meines Empfindens nach eine große Authentizität. Gleichzeitig fand ich die Art, wie er bei den vielen düsteren Texten damit auch Leichtigkeit und Freude vermittelt hat, sehr taktvoll.

Für mich persönlich war es besonders schön die vielen Songs aus „In Rainbows“ zu hören. Jetzt nach diesem Live Erlebnis finde ich mich nochmals darin bestätigt, dass es wohl mein Lieblingsalbum von Radiohead bleibt.

Es hat mich sehr berührt, zu spüren, dass diese Lieder mehr oder weniger einem ganzen Stadion viel bedeuten und ich fand es schön, in diesem Moment ein Teil davon zu sein.

Auch schön war, dass in meinem Hostel nahezu ausschließlich KonzertgängerInnen unterschiedlichsten Alters untergekommen waren. Mein Zimmer teilte ich mir mit einer Gruppe junger FranzösInnen, die extra aus Lyon für das Konzert angereist waren. Im Aufzug hatte ich mich am Abend noch mit einer Gruppe älterer Herren (Sie dürfen niemals erfahren, dass ich sie so genannt habe, da sie sich schon an meinem Siezen gestört haben – sagen wir also „für mich älter“) unterhalten, die ganz stolz auf ihre Merch-Errungenschaften waren.

Es ist einfach immer wieder schön zu sehen, welche verbindende Kraft Musik hat. Das habe ich gestern wirklich nochmals in aller Deutlichkeit erlebt.

3 Kommentare

  • Michael E

    Ein „älterer Herr“ spricht hier. Leider bin ich kein Designfuchs, und so bildete si h dieser Text als Email innerhalb einer Email beim Posten genau so ab. Das hat aber auch mal seinen Reiz so😉…

  • Olaf Westfeld

    Ich fürchte, Du würdest uns alle siezen… hatte mich erfolglos um Karten bemüht und bin etwas neidisch – aber immerhin kann ich mit dem Text ein bisschen dabei gewesen sein.

  • flowworker

    Auf Netflix kann man ANIMA erleben, 19 Minuten lang verwandelt der Regisseuer Paul Thomas Anderson einige Thom Yorke Songs in experimentelles Tanztheater, was zeigt, wie sehr Mr. Yorke diese Darstellungsform einfach draufhat. (m.e.)

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