Go out on a high note
Gibt es hier Freunde von Saint Etienne? An mir sind sie spurlos vorübergegangen, ohne dass ich mir überhaupt ein Urteil erlauben könnte. In 35 Jahren Klanghorizonte, also ziemlich genau der „Lebenszeit“ der Band, habe ich sie nicht einmal nachts gespielt, und hatte sie als „wohlklingende Postmoderne mit Charme“ abgespeichert. Ihren Bandleader Bob Stanley habe ich schätzen gelernt, mit seinem Themenmusken, z.B. über das englische Wetter – er ist ein wandelndes Gedächtnis der Pophistorie, und hat mindestens ein dickes Buch verfasst, das von Bill Haley bis Beyoncé reichte.

Die Oktoberausgabe von „Electronic Sounds“ enthält einen sehr schönen Text über die Band, hier der erste Teil als screenshot. Die Besprechung macht mich neugierig, besonders auf ihr vorletztes Album, das von mitternächtlichen Stimmungen durchdrungen sein soll. In so langer Zeit entgeht einem das eine und andere. Ich konnte ja stets auch Schätze der Historie einfliessen lassen, die Jukebox durfte auch en passant bedient werden. Paul McCartneys „Band On The Run“ lernte ich erst vor zwei Jahren so richtig kennen, sein feinstes post-Beatles-Opus – „Mrs. Vanderbilt“, den Song mit Picasso, oder die schönste Liebeserklärung ever an einen Hund, all das hätte ich bestimmt gut unterbringen können. Bob Stanley könnte aus dem Stand ein kleines Buch zu dem Album schreiben, dessen verrückte Entstehung auch eine Netflix-Serie Wert wäre. Womit wir wieder bei Saint Etienne angekommen sind. „Life is a history of holes.“
10 Kommentare
Olaf Westfeld
Ende der 90er lief ein Album häufig in der WG-Kücher, das ich gerne mochte. Good Humor. Keine Ahnung, wie mir das heute gefallen würde, ich erinnere ein wirklich schönes Pop Album; hab ich nie wieder gehört.
Dann gab es noch diesen Hit – only love can break your heart. Jahre später stellte ich erst fest, dass es sich um eine Cover Version handelt. Und Heart failded in the back of a taxi fällt mir noch ein. auch ein schöner Song.
Anonym
Ich kenne die Zeile
only love can break your heart
nur von Neil Youngs After The Goldrush.
Norbert Ennen
Genau. Saint Etienne haben „only love can break your heart“ von N. Y. gecovert.
ijb
An „Band on the Run“ hatte ich mich relativ schnell sattgehört, komme aber auch nach vielen Jahren immer wieder gerne zu einzelnen Songs des Albums zurück. Da finde ich, dass McCartney eine ganze Reihe feinerer Alben gemacht hat, auch wenn nicht von diesen wiederu nicht alle von vorne bis hinten exzellent sind. EIn zu oft übersehenes Album ist bspw. das mit Nigel Godrich entstandene „Chaos and Creation in the Backyard“: Auch „Flaming Pie“ finde ich ganz wunderbar; es war das erste Album, das er nach der Arbeit an dem opulenten „Beatles Anthology“-Projekt MItte der 90er gemacht hat und atmet daher eine gehörige Portion beatleesker Melodien, Einfach- und Direktheit. Paul war sehr inspiriert, die Sache wieder einfacher und lockerer anzugehen, als er es in vielen Jahren getan hatte.
Letzte Woche hörte ich mal wieder das mit Elvis Costello entstandene „Flowers in the Dirt“. Das hat auch sehr viele Höhepunkte, ungeachtet des teils noch in den späten 80ern verhafteten Sounds.
Michael Engelbrecht
Ich kannte natürlich Band On The Run, den Song, und Jet, den Hundesong, aus einer Jukebox bestens, als ich 1973 mit C. und der späteren Frau von Tanner in einigen Schimanski Tatorten, in Scheveningen war, im Sommer 1973, als das Abitur gerade hinter mir lag. Wier waren alle 18 in jenem Sommer. Und als ich das Album erstmals ganz hörte, vor kurzem, wie gesagt, da mochte ich es von Anfang bis Ende. Das war auch in den letzten Tagen so, da lief es unentwegt im Auto.
flowworker
Irgendwann in den letzten Tagen ging mir Diedrich Diederichsens Satz durch den Kopf (und zwar als ich den Satz raushaute vom besten post-Beatles-Album von Paul McCartney („Band On The Run“), aus einer alten „Sounds“ oder frühen „Spex“, sinngemäss: „Low ist das viertbeste Album von David Bowie“. Haha, lachte ich. Also sprach der alte Chef – apodiktisch ist das Zauberwort. Und es ist doch ein „semantisches Modell“: statt stets zu wählen aus dem Fundschatz des Subjektiven („meiner Meinung nach“, „in my decent opinion“ etc.), werde ich mich bemühen, In Zukunft genauso verkündend zu verfahren – (dass ich nicht mit der Stimme des Hegelschen Weltgeistes daherkomme, ist selbstredend). Hier eine kleine Reihenübung in klaren Ansagen, und ich limitiere mich auf das „ECM-Universum“. Übrigens: „Low“ ist das beste Album von David Bowie, keine Frage (jedenfalls bis zu dem Jahr, als DD das von sich gab)! Heute würde ich es allerdings immer noch genauso so sagen. Das viertbeste Album von Bowie ist „Scary Monsters“!
as beste Album von Jan Garbarek: Dis / Das beste Band-Album von Keith Jarrett: The Survivors Suite / Das beste Album von Ralph Towner: Solstice (wie gesagt, nur ECM-Alben, sonst käme mir Winter Light in den Sinn, von Oregon, das aber bei einem anderen Label erschienen ist) / Das beste Album von Meredith Monk: Dolmen Music / Das beste Album von Egberto Gismonti: Danca das Cabecas / Das beste Solopianoalbum von Keith Jarrett: Bremen – Lausann / Das beste Jon Balke-Album: Warp / Das beste Edward Vesala Album: Nan Madol / Das beste Arvo Pärt Album: Arbos / Das bester Gavin Bryars Album (auf ECM, klar, woll): After The Requiem / Das beste David Darling Album: Cello / Da beste Eleni Karaindrou Album: Music For Films / Das beste Nana Vasconcelos-Album: Saudades / Das beste Heiner Goebbels Album: Shadow – Landscape with Argonauts / Das beste Steve Kuhn Album: Ecstasy / Das beste Steve Tibbetts-Album: Close
Der Weltgeist
Hier ist ein Fehler unterlaufen. Das beste Album von Egberto Gismonti auf ECM ist Dança Dos Escravos.
flowworker
Hahaha!
Auch der Weltgeist kann irren.
Danca dos Ecravos ist das drittbeste Album von Egberto.
Das zweitbetste ist Solo.
😅
Aus jeden Fall sind die drei die besten!
Der Weltgeist
Werch ein Illtum!
Die erste Seite von Danca des Cabecas mag besser sein, als alles von Dança Dos Escravos. Aber die zweite Seite taugt nix. Das jüngere Album ist konsistent und enthält keine überflüssige Minute. (Solo kenn ich nicht).
Irrtümer
Zum Thema Irrtümer muss man passend gerade auch einwerfen: Die Kommasetzung – bspw. bei, „als“ und, „wie“ – hat sich in, den letzten Jahren leider, auch schon bei professionellen, Schreibern, zunehmend falsch eingebürgert; keine, Ahnung, warum, eigentlich, denn, ich meine, man stolpert doch beim Lesen, über so, unnötige Kommas.
Mittlerweile ist die Zahl der Menschen, die wahllos überall Kommas reinsetzen, offenbar größer als jene, die das nach Sinn und Zusammenhnägen machen (oder eben nicht machen).
Kurz und simpel:
Wenn „als“/“wie“ einen untergeordneten Vergleichssatz einleitet, steht ein Komma:
Sie ist besser in Mathe, als er es jemals sein wird.
Die Tiere können größer werden, als ich früher glaubte.
Die erste Seite mag besser sein, als alles von Dança Dos Escravos zu irgendeinem Zeitpunkt war.
Bei einer vergleichenden Konjunktion zwischen Satzteilen steht ganz banal kein Komma. Braucht keiner, stiftet nur unnötige Verwirrung, Chaos, Kopfzerbrechen und kostet unnötig Zeit und Geld bei Schreibern und Lesern.
(…und nebenbei auch nicht bei adverbialen Bestimmungen (wo das mittlerweile auch häufiger gemacht wird als nicht).)
Paris ist größer als Wien.
Hans ist so schnell wie seine Mutter.
Die Tiere können größer werden als meine Oma.
Das ist leichter gesagt als getan.
Die erste Seite von Cabecas mag besser sein als alles von Escravos.
Oftmals entsteht durch falsche Kommas dann auch eine Bedeutungsumkehrung.