Zum 20. Juli

Zum Wochenende in der Passionskirche, Kreuzberg: Bill Callahan auf seiner ersten Europatournee seit elf Jahren. Proppenvolles Haus, langer Applaus, doch Callahan bleibt bei seinem sehr präzisen Programm, Start Punkt 20:30, Ende Punkt 22:00. Sehr kurze Zugabe („Let’s move to the Country“), zwei Songs weniger als bei anderen Konzerten der Tour. Dennoch ganz famos, wie der Texaner ganz allein mit einer elektrischen Gitarre, ein paar Pedalen und einem Becken alle begeistert. Und dann, nach dem Konzert beim besten Willen so lange hinter der Tür bleibt, bis wirklich restlos alle Menschen das Weite gesucht haben oder schließlich hinauskomplimentiert worden sind. Gemeinsam mit zwei älteren Herren warte ich noch eine gute Stunde vor der Kirche, um wenigstens zwei Platten signiert zu bekommen. Wer weiß, ob und wann der gute Mann sich hier noch einmal blicken lässt. Einer der beiden Männer ruft Callahan zum Abschied zu: „Don’t forget us.“ Im direkten Vergleich mit Callahans sehr freundlichem „Opening Act“, einem jüngeren, aber nicht mehr ganz jungen Mann an einer Gitarre, ebenfalls aus Texas, zeigt sich auch frappierend augenfällig, wie enorm die Welten zwischen ganz nettem persönlichen Liedermachen und der großen Kunst der Einfachheit eines autobiografisch durchzogenen, aber erstklassigen Songwritings sein kann. Obwohl Callahan seine Songs in dieser reduzierten Form darbietet, geht das tief.

Tags zuvor in Potsdam: Performance-Künstlerin Ellen Kobe veranstaltet eine „Podiumsdiskussion“ (ja, in Anführungszeichen) zum 20. Juli über einen Film, an dem wir über zwei Jahre gearbeitet haben, der aber mangels Geld nie gedreht wurde, „Stauffenbergs Tasche“. Auf meinen nur halb ernst gemeinten Ratschlag bei Andres Veiels „Riefenstahl“-Premiere hin hat Ellen nun eine öffentliche, knapp 90-minütige Gesprächsrunde mit realen Personen über den Film organisiert, mit Filmemacher Andres Veiel, der Hauptdarstellerin des Films (HFF-Schauspielprofessorin, die auch Studenten ihrer Universität mit in die Besetzung brachte) und einem kenntnisreichen Militärhistoriker, plus umfangreiches Intro/Grußwort von Schirmherr Olaf Scholz (seine Zusage stammt noch aus der Zeit, als er Kanzler war und noch nicht abzusehen war, dass er zum aktuellen Zeitpunkt bereits frühzeitig sein Amt an Herrn Merz weiterzugeben hätte). Keiner der zahlreichen Zuhörer erfährt, dass es den Film nicht gibt, aber viele fragen hinterher, wo man ihn denn sehen könne. Insofern ist die Veranstaltung ein Erfolg — und eine weitere Etappe in Ellens Gesamtwerk, das ich seit einigen Jahren audiovisuell begleite.
6 Kommentare
ijb
Jim Cain
Eid Ma Clack Shaw
747
Riding for the Feeling
Sycamore
Cold Blooded Old Times
Teenage Spaceship
Coyotes
Partition
Too Many Birds
Natural Information
Drover
Say Valley Maker
The Well
In the Pines
Let’s Move to the Country
Olaf Westfeld
Bill Callahan inner kreuzberger Kirche – da wäre ich auch dabei gewesen. Songlist liest sich ja gut.
Und die Kunstaktion war sicher auch interessant und ergiebig. Schade, dass ihr keine Finanzierung bekommen habt…
Michael Engelbrecht
Die Flowies sind derzeit in Kirchenschiffen unterwegs. Wenn alles normal läuft, bin ich demnächst in Paris im wiederaufgebauten Notre Dame. Leider ohne Konzert, Garbarek und die Hilliards hätte ich dort gerne erlebt.
Und Bill solo – wunderbar.
Olaf Westfeld
Lesenswertes Interview mit Callahan: HIER!
Michael Engelbrecht
Was für eine interessante „Podiumsdiskussion“!
Let’s do one about four imaginary albums, with strong opinions, pro and con😉
ijb
Bin dabei!