Ein Ex-Walkabout kehrt zurück
„That is exactly how I work. I was explaining to someone the other day that it’s like catching a wind and riding it until it runs out and eventually you find yourself dropped back to the ground. While I am inside that process, more and more I have learned to trust first ideas – the stuff that arrives raw and unfiltered. Big chunks of these songs were written while playing the guitar and singing what first came into my head. Finishing them is another thing altogether but that original burst is crucial. It keeps overthinking at a comfortable distance.“ (Chris Eckman, Uncut, 2/2025)
Die Liste meiner Highlights der Neunziger wäre nicht komplett ohne ein Album mit der Hausband von Chris und Carla. Dieses fabelhafte Album eines „alten Bekannten“ ist eine rechtzeitige Erinnerung daran, dass Chris Eckman mindestens seit den frühen 90er Jahren manchmal spektakulär einzigartige Musik macht, als The Walkabouts, die 1984 von Eckman und der Sängerin Carla Torgerson gegründet wurden, bekanntlich die erste Nicht-Grunge-Band waren, die bei Sub Pop unterschrieb und von mir immer gerne nachts in den Klanghorizonte gespielt wurde. Ich interviewte das Duo, aber öfter traf ich Chris allein, ein unglaublich angenehmer Zeitgenosse, mit dem ich über Jahre ein Ritual teilte: wir verschenkten über Weihnachten die aufregendste CD der 90er Jahre, Laughing Stock, von Talk Talk, an unsere Freunde. Einmal gelang es mir, als mich meine amou fou jenes Jahrzehnts verlassen wollte, mit dem berühmtesten heartbreaker song der Walkabouts, ihr Herz vorübergehend zu erreichen und ihren Körper noch vorübergehender zurückzugewinnen. Sie liebte Nils Petter Molvaers Khmer, Laurie Anderson – und die Walkabouts. Aber zurück zu dem Label SubPop. Das Label war ansonsten überschwemmt mit Bands von unglaublich behaarten jungen Männern in kurzen Hosen, die alle wütend, frustriert und leicht verärgert klangen. Es gab viel gequältes Gejammer zu lauten, wulstigen Gitarren, viel monumentales Riffing. Verglichen mit den schweren musikalischen Fußabdrücken, die Grunge-Superstars wie Pearl Jam, Nirvana und Soundgarden hinterließen, schritten The Walkabouts auf ihrem Debütalbum Scavenger von 1990 leichter durch eine Musiklandschaft, die sie sich zunehmend zu eigen machten und die neben Punk auch Aspekte des Folk-Rock, Country und Blues enthielt. Man ahnte, dass sie im Studio mit Cowboy Jack Clement oder David Briggs glücklicher sein würden als mit Butch Vig oder Steve Albini, dass sie eher Kris Kristoffersen, Townes Van Zandt und Neil Young als Einflüsse anführen würden als Black Flag oder Black Sabbath. Unvergesslich meine Unterhaltungen über Musik im Kölner Chelsea zu dezenten Milchkaffeeorgien. Auf Chris Eckmans Solopfaden (er lebt mittlerweile in Slowenien) wurde es mit der Zeit immer ruhiger und intensiver, gut zu hören auf DIESEM Song seines im Februar rauskommenden Albums. Es erschein natürlich auf Glitterhouse, seinem Hauslabel, wo es stets was zu entdecken gibt, etwa auf dem Sublabel „glitter:beat“. (Alan Jones hat einen sehr lange Besprechung der LP / CD in der Februarausgabe von Uncut. „Former Walkabouts leader digs deep to create a career high delving into loss, forgiveness and rebuilding a life from ruin.“ So seine Unterzeilen zu Uncut‘s „album of the month“. Ich habe seine Eröffnung mit einigen Assoziationen und Erinnerungen meinerseits abgemischt.)
2 Kommentare
Martina Weber
Von Chris Eckman hattest du vor vielen Jahren in den Klanghorizonten ein Statement eingebracht, das ich mir damals aufgeschrieben und abgetippt habe und der Zettel hing lange Zeit am Fensterrahmen, direkt vor meinem Schreibtisch.
„Die bedeutendsten Bands bieten mutige Ideen, kleine Offenbarungen, verzweifelte Spiele und eine Schamlosigkeit, die ihnen erlaubt, jenseits ihrer Grenzen anzukommen und dort ein paar wundervolle Dinge zu entwickeln.“
flowworker
What a wonderful statement.
Jetzt ahnst du, wieso ich mit ihm gerne hier und da nach Interviews im Cafe Central abhing. Er ist ja ein ruhiger, reflektierter Typ, aber hat diesen Élan Poétique, mit der er en passant solche Sätze raushaut. Der Witz war, wie wir uns einmal verwuchten zu erinnern wie oft wie am letzten Weihnachtsfest Laughing Stock von Talk Talk verschenkt haben, er kam, glaube ich auf sieben, ich auf drei Exemplare😉