life‘s backward glances (2)


es ist so wohltuend, beim ansehen des films „music for black pigeons“, musiker sprachlos zu erleben,

wenn sie ihre kunst reflektieren. da rauscht kein engel durch den raum, da wird nicht das „spirituelle“ beschworen,

da wird bestenfalls gesagt, dass man, manchmal dem nahe käme, „what this is all about“. und so habe ich meine ganz eigenen

lieblingsplatten von und mit paul motian, zu denen seit neuestem, der dokumentation sei dank, „once upon a room“ zählt, von jakob bro,

obgleich auf dieser platte allein der „spirit“ des drummers anwesend ist, ohne alles raunen, ohne jedes ergriffenheitsvokabular,

und hier dann die anderen alben von und mit Motian, die zu meinen ganz privaten favourites zählen, „conception vessel“, „dance“, „the survivors‘ suite“, „fort yawuh“, „tribute“, the paul bley quartet“. nichts fehlt mir hier, weil nichts denkmalgeschützt formuliert ist, und nur unvergessliche „blue hours“ gelistet sind, von den teenagerjahren mit dem hineinkriechen in den klang von “conception vessel“ (der gong!), bis hin zu der ecm-edition einer lang als bootleg gehandelten magie von jarrett, motian und haden, ein abend bei naura im ndr anno 1972, siehe den schnappschuss oben. das bill evans trio, live im village vanguard, ist bei mir nie wirklich „gelandet“, – weiss der kuckuck warum, aber meine favourites brachten mich nah an, ähem, „what this is all about“. tiefe, geteilte zeit. ein menschliches potential, ohne fabulierten spirituellen überbau. perfect empathy. Unerhörtes finden.

13 Kommentare

  • Henning Bolte

    KEITH Jarrett – CHARLIE Haden – PAUL Motian in the 70s. When I arrived in The Netherlands in the town of Utrecht, they had summer concerts there in the Tivoli Park. One Sunday I attended one of these concerts in a white tent and had the great pleasure to experience these three musicians plus the unique DEWEY Redman (1931-2006), one of the Texas tenors. I saw Redman a lot of times but the most memorable one was at a club in Utrecht in the 90s when he played with this special drummer LEON Parker and CAMERON Brown. And, he brought a guest, a young tenor, JOSHUA. The young guy had just finished his Harvard law studies and had to decide about his further life path. Father and son in those day recorded two ENJA albums.

  • flowworker

    This is the first time
    i see a comment before ending a text.
    chapeau, henning, and after eno
    i had to wrote something
    about your „favourite musician“.

    The title is stolen from a steve kuhn piano piece.

    m.e.

  • Henning Bolte

    Von und mit, ja, sehr schön. Es gibt ja nicht wenig in der langen Laufbahn von Paul Motian.

    Was Bill Evans betrifft: was da passierte war in jener Zeit bahnbrechend. Motian ging seinen Weg danach aber weiter und blieb nicht auf dem sicheren Schiff von Bill Evans. Weiter hiess: Paul Bley, dann Keith Jarrett bis er sich dann – auf Anraten von Manfred Eicher – auf die eigenen Kräfte/Talente verliess. Angefangen mit CONCEPTION VESSEL. Paul ging dann aber später hin und her zwischen ECM und Winter&Winter. Empfehlung: das trio TETHERED MOON (mit Masabumi Kikuchi und Gary Peacock).
    Weitere Empfehlungen später. Hier nur noch eine bezüglich Bill Evans Trio: JADE VISION, das Stück von Scott LaFaro, eines meiner immer wiederkehrenden Lieblingsstücke, das viele Kontexte erhellt.

    Was CONCEPTION VESSEL betrifft: ich habe lange den Titel des Albums nicht verstanden. Und es ist auch nix dazu zu finden. Ich hab Viele gefragt, welchen Sinn sie sich drauf machen oder gemacht haben. Keine(r) wusste so recht Rat. Inzwischen weiss ich worauf sich der Titel bezieht. Bevor ich’s kundtue, Frage an die Runde: was assoziiert ihr mit dem Titel?

    Das Markanteste in meinen Begegnungen mit Paul war sein Lachen (ich hab’s noch immer im Ohr).
    Es war ein weises, philosophisches Lachen. Z.B. wenn man eine nicht ganz einfache Frage stellte, bekam man ein wirklich tiefklärendes Lachen.

    Und dann noch zwei Geschichten zu seinem Spiel. Paul Bley sagte mir, dass sich Paul’s drumming so anhörte, als ob man ein Schlagzeug die Treppe runter zum Village Vanguard fallen lässt. Typisch Paul Bley
    Übertreibung.

    Die andere Geschichte: Motian spielte eine Weile mit Lenny Tristano, der ihm eines Tages bei einer Fahrt im Aufzug (wahrscheinlich Hotel) sagte, ob er nicht etwas exakter spielen könne. Motian dachte eine Weile darüber nach und kam zu dem Schluss, dass er offensichtlich etwas Besionderes besasz, das er
    entwickeln, kultivieren sollte.

    Noch nicht das Ende der Geschichten. Ich hab jetzt automatisch auf Deutsch geschrieben. Vielleicht später nochmal englische Fassung.

  • flowworker

    Conception Vessel: ein Gefäss, das einen Plan enthält. Ein Ausdruck, der auf eine Grundierung der Schlagwerks weisen könnte… auf etwas, hinzer der Oberfläche der klänge weist…einen geheimen Plan auch…

    So gross ist die Runde heite nicht.

    Tethered Moon, ganz grosse, luftige, tiefe Musik, sage ich aus der Erinnerung. Die möchte ich bald wieder hören….

  • alex

    Könnte „Conception Vessel“ eine sexuelle Konnotation haben? „Conception“ heißt ja auch Empfängnis und das Gefäß könnte die Scheide sein.

  • Henning Bolte

    Danke für Eure Assoziationen. Machen Sinn und erfassen durchaus was von dem Konzept.

    CONCEPTION VESSEL ist einer der Hauptmeridiane in der Akupunktur:

    „Conception vessel refers to the sea of yin meridians and it governs all of the essences of yin nature, such as essence, blood, saliva, sweat and fluid.“

    Paul Motian war auch ausgebildeter Akupunkturist.

  • Henning Bolte

    Und noch zwei nachdrückliche Empfehlungen unter zahlreichen Möglichkeiten.

    Das Album IT SHOULD’VE HAPPENED A LONG TIME AGO aufgenommen 1984 im Tonstudio Bauer.
    Der Titel geht zurück auf eine oft gebrauchte Sentenz des bekannten US-amerikanischen Fernseh-
    journalisten Walter Conkrite.

    https://youtu.be/JX6joXww-4M?si=D09O7HtCKzsqTMK_

    Dies ist eine spätere Aufnahme als das Original in derselben Besetzung. Für ECM Aufnahmen auf Youtube braucht man Youtube Premium

    Das Album GARDEN AUF EDEN (ECM) aufgenommen 2004, rausgekommen 2006

    Gitarren: Ben Monder, Steve Cardenas, Jakob Bro
    Saxophone: Chris Cheek, Tony Malaby
    Bassgitarre: Jerome Harris

    Kennzeichen waren die Doppel- und Dreifachbesetzungen. Ich kann mich daran erinnern, dass Motian bei einem Treffen frohlockte, dass er nu drei Bassisten in der Band habe (kurzes Lachen). Das Besondere
    an dieser Gruppe mit Doppelt- und Dreifachbesetzungen war, dass die Musik dadurch eine ungewöhnlich grosze Leichtigkeit gewann.

  • Ingo J. Biermann

    Witzig ist auch, wie Manfred Eicher in dem Film sagt „Eine Pause ist eine Pause, die man macht.“

    Mit Thomas Morgan (für alle, die den FIlm noch nicht gesehen haben: Er macht eine quasi legendäre Pause in diesem Film) habe ich mich erst jetzte Woche wieder in Oslo unterhalten, und ich hab auch mit ihm über den Film gesprochen, über diese Morgenroutine, die er in dem Film zeigt. Und er macht, wenn man ihn was fragt, recht oft erstmal lange Pausen… da muss man aufpassen, dass man ihn nicht zutextet.

  • Henning Bolte

    Noch ein bisschen weiter im Text in Sachen Motian …

    1957 George Russell Smalltet – Concerto for Billy The Kid
    George Russell wollte hierfür unbedingt den jungen Paul Motian als Schlagzeuger haben (neben dem ebenfalls noch unbekannten Pianisten Bill Evans)

    https://youtu.be/JrNf4KL_9SI?si=ZogYodxBvlCWpeM6

    1959 Bill Evans Trio: Jade Vision (Scott LaFaro)

    https://youtube.com/watch?v=oCCL76Z_9lg&si=ddUtjbtv8I0jfKGN

    1980. Oregon: Jade Vision (Scott LaFaro)

    https://youtu.be/z2bR_rk6BJU?si=w2h2EudJa6iYt1V2

  • flowworker

    Ja, dieser Thomas Morgan Moment im Film ist wunderbar. Eine Doku kann solche Pausen auch einfangen, filmisch, im Radio beschreiben wir sie allenfalls und schneiden sie weg.

    Thanks, Henning, für die Nachreichung weiterer Motians . Ob sie dann zu den favourites kommen, ist eine andere Sache.

    Als ich zum Jazz kam, da war live at fillmore east meine eintrittskarte zu miles davis, nicht kind of blue. Ich liebte den elektrischen miles von anfang an und fand über übergangswerke wie in a silent way und filles de kilimanjaro zurück zu ein paar alten werken des trompeters.

    und keith jarrett eroberte mich im sturm mit sombrero sam, ruta and daitya und den frühen solopianos noch vor köln. Da wirkte dann auf meine ohren bill evans live at the village vanguard irgendwie alt, allem bahnbrechenden, historisch gesehen, zum trotz.

    erinnerungen an mein interview mit paul motian, bill frisell und joe lovano in dortmund in den neunzigern, nur auf paul bezogen:

    – das mit dem Lachen erinnere ich.
    – er selber hatte eine andere lieblingsplatte im sinn, wenn es um das trio von bill ging: portrait in jazz (vor zwei jahren bekam ich das remaster von bill live at the village vanguard, und das klang so viel besser, dass ich der musik viel näher kam. Aber ein grosser Bill Evans Hörer wie Olaf bin ich nie geworden.)
    – er fand das design von down beat erinnere ihn immer mehr an schülerzeitungen.
    – er sprach über die magie des amerikanischen jarrett quartetts, die immer noch da war, als es in der gruppe schon vermehrt reibereien gab. Besonders zwischen Redman und Jarrett. Das letzte oder vorletzte konzert des quartetts erlebte ich live in Nürnberg mit Herrn Rosato, es zählt zu meinen drei best live conceets ever, pbwohl ich nicht so wwit vorne sass)
    – „if i wanna play color, i play color, if i wanna play time, i play time, if i…“ (da kam noch was..)

    Kleine Episode: einmal in Dortmund, da machte ich ein Interview mit dem Saxofonisten Carlos Ward, und befragte ihn natürlich nach seinen Erinnerungen an zwei meiner Motian favourites, an denen er mitwirkte: Dance und Tribute…. dan; kamen wir auch auf seine Zeit mot Dollar Brand aka Abdullah Ibrahim zu sprechen, und er verlor fast die Fassung, wollte kein Wort dazu sagen. Er trug eine schwere Verbitterung mit sich rum, offensichtlich hat er Brand mit Zorn verlassen. Und nie abgeschlossen. In den Tagen vor dem Interview hatte ich DANCE und TRIBUTE intensiv gehört, auch Tribute (mot dem magischen Song for Che) … wann immer Motian und Haden Song for Che spielten, war Magie im Spiel.

    Spielte Motian nicht auch auf ein paar tollen Carla Bley Platten?! Klar tat er das. Ich gucke jetzt aber nicht nach.

    Soviel in aller Kürze.

    m.e.

  • Henning Bolte

    Yes, auf ESCALATOR OVER THE HILL spielte Motian Drums und Dumbek. Jeanne Lee, Jack Bruce , Linda Ronstadt, Jack Bruce, Karl Berger, Gaton Barbieri, Don Cherry, howard Johnson, Sheila Jordan, John Mc Laughlin, Enrico Rava, Roswell Rudd, Perry Robinson, Charlie Haden und einige mehr waren mit von der Partie in diesem Groszwerk. Es gibt dazu auch eine schöne Dokumentation, die allerdings schwer zugänglich ist.

    Ach und Carlos Ward – Abdullah Ibrahim, das ging nicht gut in der Zeit.

  • Henning Bolte

    Noch etwas auf der Hybridlinie …

    Nicht nur, dass Musik ein flieszendes, wanderndes Etwas ist (siehe meinen Kommentar zu Brian’s Hybrid-Beitrag). Hinzu kommt, dass Musiker, aussergewöhnliche Hörer sind und sich gar nicht dagegen abschotten können, dass etwas, was um sie herum an Musik (und anderen Klängen) ‚einflieszt. Paul Motian war, was das betrifft, ein begnadeter Hörer. Er wurde 1931 in Philadelphia geboren. In dieser Zeit hatten ethnische Gruppen in den USA ihre eigenen Plattenläden. Auch reisten Musiker/Gruppen aus den Herkunftsländern vielfach zu Auftritten durchs Land.

    Ich kam eines Tages Platten mit türkischen, armenischen und griechischen Musikern auf die Spur, die in den USA in den 30ern erschienen waren und die möglicherweise das Ohr des jungen Motian erreichten, der einer armenischen Familie angehörte. Als ich selbst die Aufnahmen hörte, wurde mir einiges klarer über das drumming des Meisters. Ich habe darauf hin eine Radiosendung gemacht, in der ich einige dieser Aufnahmen aus den 30ern mit Motians eigener Musik zusammenbrachte. Es war recht frappant, was sich dabei herausstellte, heraushören liesz. Ich weiss auch von aufmerksamen armenischen Hörern, dass sie sogar konkrete Ursprünge aus Motians Musik heraushören, assoziieren können. Ich muss in mein Archiv eintauchen, um die Playlist zu finden.

    Das Erstaunliche an Motians Musik ist, dass er wie kein anderer eine subtile Synthese aus Bebop und ethnischer Musik gerschaffen hat. Darin ging/kam er viel weiter als die im Bebop eine Zeitlang lebendige
    Verquickung mit mittelöstlicher Musik. Das ist spannend, aber um die Musik zu spielen und mit Freude anzuhören, braucht man das Einsicht in diesen Hintergrund nicht unbedingt. Sie klingt für sich eigenwillig. Motians ‚absorbistische Synthese‘ reicht viel tiefer als so manches heutige Mixen von heterogenen Elementen.

    Als guten Einstieg empfehle ich das Album LIVE IN TOKYO 1991 des Trios MOTIAN/LOVANO/FRISEELL, das bei Winter&Winter erschien, und das auf Youtube in guter Qualität anzuhören ist. Das entscheidende Stück ist MODE VI, das es in vielen anderen Besetzungen/Variationen gibt. Aber auch die beiden BIRDSONG Stücke gehen in dieselbe Richtung. Es ist erstaunlich wie die Musik mit Hilfe der drei Musiker frei flutet und aufscheint.

    00:00 From Time To Time
    07:11 Shakalaka
    13:42 Kathelin Gray
    20:45 The Hoax
    21:45 Mumbo Jumbo
    32:45 Birdsong I
    34:20 Mode VI
    42:00 2 Women From Padua
    47:09 It Is
    52:32 Birdsong II

    Hier der Link

    https://youtu.be/bO5N6ZZxS6g?si=PDY86dQf-KQThOPF

  • flowworker

    Spannend.
    Die alte Sendung mit Motian und den ethnischen Quellenfunden
    aus den Dreissigern ….
    da bist du als music detective unterwegs,
    „private ear Bolte“ 😉!

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert