Mrs Vandebilt und ich (1/5)

„When your light is on the blink,
you never think of worrying
What’s the use of worrying?“

(Paul McCartney)

Es war zwischen den Jahren, und es ist ein wenig verrückt und unergründlich traurig gewesen. Das Abitur hatte ich schon ein Jahr in der Tasche, und in einer sehr warmen Frühlingswoche fuhr ein dafür komplett ungeeignetes Trio zur holländischen Nordsee. Ich muss mich ein wenig sammeln, beim Nacherzählen, und wohl den Teil mit „Eric Rohmer ab 18“ weglassen. Gestern sah ich eine Zeichnung von Walla (der Name ist erfunden) im Netz. Wenn Walla das hier lesen würde, hätte ich wahrscheinlich gleich einen säuerlichen Anruf zu erwarten. Ich glaube, wir waren uns von Anfang an nicht sonderlich sympathisch, und heiss war ich auf Walla auch nicht. Und umgekehrt war es genauso. Und dann war da noch Lore (der Name ist natürlich auch erfunden), und das machte die Reise rückblickend noch um einiges komplizierter. Die Blonde und die Brünette – und die von mir damals Angehimmelte sass in ihrem Dachgeschoss, und hatte mir nur einmal fünf Minuten Knutschen gestattet und sich von einem Idioten, der muskulös den Frauenkenner raushängen liess, und manches Girl mit einer erstklassigen Raubpressung von „Leonard Cohen live in Essen“ zu einem Kaffee in seine vier Wände gelotst hatte, durchvögeln lassen. Das war hart genug für mich zerfliessenden Romantiker. Und nun fuhr ich mit zwei leicht anstrengenden Mädels Richtung Scheveningen, für mindestens eine Woche. Das Beste an der Hinfahrt waren die zwei Platten von J. J. Cale, die als Kassette im Käfer liefen, wieder und wieder, „Naturally“ und „Really“, oder eine von den beiden. Wir waren anfangs schon guter Laune, von wegen Urlaubsstimmung, Holland, das Meer. „Wir sind Hippies!“ Knapp eine Woche später sass ich einer trostlos leeren Disco in Scheveningen, und ich erinnere mich daran, dass „You‘re So Vain“ und „Band On The Run“ zu hören waren. Ich trank zwei Bier, sah mein langes braunes Haar im Spiegel, und dachte an die sieben vergangenen Tage. Ein Highlight war, dass ich am Strand einen heissen Kakao mit Sahne bestellt hatte und dann feststellte, dass das, was sich Sahne nannte, hart und verklumpt war. Vor einem keinswegs amüsierten Publikum spuckte ich das schreckliche Zeug in einem Schwall aus. Es war also ein Frühjahrsabend in einer Disco, nichts passierte, ich träumte so vor mich hin, und dann passierte es doch, das grosse Abenteuer, wenn man das so nennen will.

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