• „Something stranger“ – the ongoing flow of Eno & Wolfe on „Liminal“


    Ein überschaubares Arsenal von Instrumenten, im wesentlichen Synthesizer und Gitarre. Zwei prägende Instrumente der Rockhistorie – und nichts ist offenbar zuende erzählt. Wenn etwas aus der Musik des Duos völlig verschwunden ist, dann Tempo, Action, und Aufruhr. Alles, auch der Gesang, macht sich immense Langsamkeit zueigen. Die Ruhe der Ausführung behindert allerdings nicht das, wiederum zu den Zutaten und Mythen der Rockgeschichte zählende, „berauschende Hören“.

    Aber eins nach dem andern: nach ihrem Liederzyklus „Luminal“, einer Art „electric country dream music“, in der das Private und Politische nah beieinander sind in unseren dunklen Zeiten; nach der rein instrumentalen Grosskomposition „Lateral“, mit ihren subtil unheimlichen Prairieräumen,  liegt nun der dritte Streich von Brian Eno und Beatie Wolfe vor. „Liminal“ ist keine  harmlose Restesammlung, vielmehr  eine spannende Abfolge  von  immens reichhaltigen „instrumentals“, Songs und Songartigem. Jede der elf  Kompositionen enthüllt eine andere  Sphäre: mal Lamento, mal urzeitliche Fantasie, mal das in einem Waschsalon angesiedelte, wohl wortreichste Trennungsstück der jüngeren Pophistorie! „Liminal“ überrascht an allen Ecken und Enden.

    Obwohl wir hier ein ums andere Mal mit Staub, Endlichkeit, Verfall und Nacht konfrontiert werden, in Versen, die manches  Rätsel aufgeben und hier und da als neue Koans für Zen-Schüler dienen könnten, ist es eine seltsam erhebende Erfahrung, diese unbekannten Orte aufzusuchen. Die Gitarre, folkig, meditativ, ist nicht so weit von den alten Lagerfeuern entfernt: eine reine stille Freude, mehr als ein Quantum Trost in den dunklen Räumen ringsum.

    Und was für eine seltsame und nahtlose Balance zwischen den Momenten am Abgrund, und beinah warmherzigen Abenteuern mit ozeanischen „vibes“ dazwischen! Die einzige Möglichkeit, aus dem Staunen herauszukommen (wenn man einmal Feuer gefangen hat für diese elementare Klangwelt aus Gitarre und Elektronik und Stimme und wenig mehr), besteht darin, sich der Versuchung zu entziehen, das Album wieder und wieder anzuhören! Aber warum sollte man!?

    (Michael Engelbrecht, Deutschlandfunk)

    Im folgenden erzählt Beatie Wolfe, gewohnt markant, etwas über ihre gemeinsame Arbeitsweise, und über den Song „Shudder Like Crows“, der ein perfektes, ergreifendes Finale für „Liminal“ abgibt, ein Werk, das alles andere als eine Resteverwertung ist, und in 11 Kompositionen elfmal die Landschaft verwandelt, den Ton, die Stimmung, die Gefühle. Ein Kreis schliesst sich mit „Liminal“ zu dem vor 50 Jahren erschienen Album „Another Green World“, auf dem Eno erstmals Ambient und Song mischte.

    Thoughts on „Shudder Like Crows“