• Thomas, Odilo, und ich machen es wieder!

    Erst mal ein paar Tassen Kaffee für das Jazztrio des Deutschlandfunks in der wilden Kantine unseres Senders. Kühne Girlanden und ein Hauch von Dschungel bereiten den Boden für dezenten Enthusiasmus! Im Dezember setzen wir uns wieder zusammen, am 19.12. um 21.05 Uhr wird gesendet (und das ist dann die geschnittene Version unserer Studioaufnahme), und stellen uns unsere drei Lieblingsalben des Jazzjahres vor. Wir geben uns Sekt oder Selters. Es gibt Konsensalben und heiter-freche Diskurse, wenn man mal so gar nichts mit einer Platte anfangen kann.

    Es gibt nun mal keine vollends abgesicherten Parameter, nach denen man eindeutig das Allerbeste, zum Beispiel im Jazz, auf den Punkt bringen kann. Ich persönlich liebe es, wenn mich ein Jazz- oder jazzhaltiges Album seltsam berührt, seine Zeit braucht, ein paar Widerstände überwindet, dabei etwas Undefinierbares ins Spiel bringt, so geschehen bei dem aktuellen Album der blutjungen Nala Sinephro. Dann wieder gibt es Alben, die mich bei aller „hohen Kunst“ seltsam kühl zurücklassen. Natürlich entgehen mir jedes Jahr ein paar wunderbare Alben, das passiert halt bei der Fülle der Angebote.


    plus:

    Jakob Bro: Taking Turns 
    Charles Lloyd: The Sky Will Be There Tomorrow
    Eric Chenaux: Delights Of My Life 
    Anna Butterss: Mighty Vertebrate  
    Patricia Brennan: Breaking Stretch 
    Sidsel Endresen: Punkt Editions, Vol. 2
    Kalma / Chiu / Honer: The Closest Thing To Silence 
    Wayne Shorter: Celebration, Vol. 1
    Vijay Iyer: Compassion


    Und so waren alsbald meine zwölf, hups, dreizehn Kandidaten formuliert, und die grösste „Not“ elebte ich, als ich bei der Suche nach meiner Nummer Drei zwischen Nala und Eric zu wählen hatte. Fast hätte ich eine Münze geworfen, letztlich gab den Ausschlag, dass ein Drei-Minuten-Ausschnitt aus „Delights Of My Life“ kaum reichen könnte, um unter die Oberfläche dieser zauberhaften Arbeit zu gelangen. Jakob Bros Album liess ich nicht mal in die Nähe meines „olympischen Treppchens“ kommen, weil ich diese Produktion Anfang Dezember in den JazzFacts von Odilo bespreche.

    Ausserdem habe ich erstmals erschienene Archivausgrabungen aussen vorgelassen, sonst hätten Alice Coltrane mit ihem Carnegie Hall Konzert 1970, und Keith Jarretts Trio mit dem 30 Jahre alten „The Old Country“ ein Wörtchen mitgeredet. Die Überfülle von Jarretts Trioalben war ich irgendwann leid, aber nachdem ich lange keine Album mehr mit diesen „Standardsbesessenen“ gehört hatte, haute mich diese Aufnahme aus einem alten kleinen, von Jarrett innig geliebten, Jazzclub mit der hörbar-irren Spielfreude regelrecht um. Nebenbei bemerkt, eine absolut audiophile Aufnahme: Hammersound, Hammerbebop und mehr!

    So weit, so gut. Ich machte Thomas L, heute den Vorschlag, am Ende solle jeder in zwei Sätzen eine viertes Album seines Vertrauens präsentieren, da wäre bei mir Anna noch gross ins Rennen gekommen, mit ihrem famosen Opus auf International Anthem, dass man leicht als „shubby-groovy“ und „westcoasteasy“ abtun könnte, wäre da nicht… aber das führt jetzt zu weit. Ausserdem war diese Idee etwas egoistisch: ich hätte meinen „Dreiklang des Meditativen“ (Fred, Shabaka, Nala etwas aufgerüttelt mit dem cool-smarten „Querfeldein-Gewirbelvon Anna Butterss (slightly inspired by Brian Eno‘s Oblique Strategies)!