• Michael Toland‘s words on „Close“

    Though he’s open enough in interviews and press releases, there’s always been an air of mystery around guitarist and composer Steve Tibbetts. That’s because his music comes from a different place from anyone else’s. Familiar elements often pop up in his songs and performances – jazz, rock, psychedelia, experimental, and, most importantly, folk music from around the world. But his records never sound familiar in and of themselves, at least not to anyone not already immersed in his sonic vision. A Tibbetts record always seems to have simply appeared from Somewhere Else. 

    Close, his first album in seven years (which is about right for him), stays that course. Tibbetts’ thirteenth studio album (his fourteenth if you count 2022’s artist-curated anthology Hellbound Train), features something that some fans had despaired of hearing again on one of his records: electric guitar. But Close isn’t a return to the soundwaves enveloping past classics like Yr and The Fall of Us All. Tibbetts uses his amplified axes as textural elements, painting backgrounds full of grey clouds and twilight illumination over which he explores thoughtfully meandering melodies. Drummer JT Bates and longtime percussion partner Marc Anderson provide tribal rumblings that keep a sense of momentum, if not strict time, and keep the foundation pitching like an undulating ocean. Multi-chapter epics like “Remember” and “We Begin” present duets of ragged beauty and empathic dissonance, each song a deceptively tranquil dance between introspective and extroversion. 

    While most of Close exists in a meditative space, it’s not new age wallpaper – there’s always plenty going on under the surface of a Tibbetts piece to keep your ears on edge. And don’t count out a return to the raging firestorms of songs like “Dzogchen Punks” or “Ur” – “Somewhere Part 3” and “Everywhere, Part 4” feature menacing electric riffs in the background that threaten to overwhelm the acoustic melodies, which suggests some aggression itching to burst loose. In the meantime, Close takes us on the kind of enigmatic but enticing journey we’ve come to expect from Tibbetts: strange and beautiful.

    („Close“ ist heute erschienen, eine Woche später als angekündigt. Obwohl ich meine „Beprechung“ des Albums eher als Gedankensammlung sehe, ergänzen sich die drei Texte zu Steve Tibbetts‘ neuem Werk von Tyran Grillo, Michael Toland und mir sehr gut; s. Monthly Revelations – November)

  • Eines schönen Sylter Morgens mit Margaret‘s Hope und Annette Peacock im Teekontor


    Vor zwei Tagen bekam ich eine Mail des kanadischen Musikjournalisten Greg Buium, es ging um seine in Arbeit befindliche Paul Bley-Biografie. Irgendwann entdeckte er mein altes Interview mit Annette Peacock, aus dem er gern und ausgiebig zitieren wolle. Nur zu! Ich hatte diese alte Jazzthetik ewig nicht mehr vor Augen gehabt, und bat ihn um ein paar Screenshots. War selber überrascht über die inhaltliche Fülle.

    Ich erinnere mich, wie ich diese einst unheimlich schöne Annette P. (A true heartbreaker!) in ihrem Münchner Hotel traf und auf eine kluge, reflektierte Frau traf, die alter Schönheit keineswegs hinzerhertrauerte und sehr uneizel und feinfühlig einzelne Stationen ihrer Geschichte in Erinnerung rief. Und so sass ich am Vormittag im Teekontor und montierte das Interview zusammen, das jetzt unter den „Monthly Revelations“ (TALK) meine Gespräche mit Beatie Wolfe für den Monat November ablöst – in der Randkolumne leicht zu finden! Leicht unscharf, und es verströmt den Charme der Zettelsammlung für eine Schnitzeljagd. Aber es lohnt sich – wie jede spannende Schnitzeljagd in alten Zeiten!

    Ich hatte immer den Regen draussen im Blick, wie aus feinen Vorhängen gewoben. Der Tee besorgte ein dezentes „high“. Greg Buium hat übrigens die neuen „liner notes“ zu der Vinyl-Neuauflage von Paul Bleys „Open, to love“. Und in dieser „Luminessence“-Reihe erschien Ende 2024, erstmals auf Vinyl, Annette Peacocks fantastisches Album „An Acrobat‘s Heart“! Jan Bang liebt es, ich liebe es, und ich hoffe, dass mein Interview manche Leser dazu animiert, diesen Liederzyklus kennenzulernen, oder ihn neu zu entdecken! (m.e.)

  • Die letzte lange Nacht der Klanghorizonte (Dezember 2021)

    thanks to Lorenz Edelmann for archival research
    and technical support

    This is only the appetizer with the first hour.
    Click on „Stunde 1“ – and listen!

    The whole radio night
    besides in our column of
    MONTHLY REVELATIONS (RADIO)!


    Michael Engelbrecht: Listening to „Life Of“ you can easily feel something brooding, some darkness, a certain twilight zone. Is the origin for these sensations unknown – or somehow graspable? Echoes from all those „stranger things“ you experienced in Asia?

    Steve Tibbetts: There is sometimes a sort of credulous enthusiasm to believe in „stranger things“, as you say, especially in Asia. Nonetheless there does seem to be a certain permeability to the fabric of reality in some places in the world. A friend of mine called it „thinness.“ You can look for that in music and art as well. You listen and there is a quiet collapse of duality, self and other. This might sound terribly exotic or over-thought, but if you watch your mind when you listen to music you might witness a kind of melting.

    „FIRST HOUR“ (ends with a jukebox)
    Rickie Lee Jones: Show Biz Kids (It‘s Like This, 1991)
    Angelo Badalamenti: Twin Peaks Theme (Music from Twin Peaks, 1990)

    Jon Balke: Kantor (Warp, 2016)
    Radiohead: Dollars and Cents (In Rainbows, 2007)

    Anna Gourari / Giya Kancheli: Piano Piece No. 15 (Elusive Affinity, 2019)
    Mark Hollis: A Life (1895-1915) (Mark Hollis, 1997)
    Budd / Eno:  Not Yet Remembered (The Plataux of Mirror, 1981)
    Robert Wyatt: Maryan (Shleep, 1997)
    Chris Watson: The Sounds of Lindisfarne (In St. Cuthbert‘s Time, 2013)
    T. Rex: Cosmic Dancer (from Electric Warrior, 1971)

  • About Wim

    Es gab wohl nie eine Zeit in meinem Leben als Filmmensch, in der Wim Wenders nicht da war. Natürlich war er immer schon viele Jahrzehnte älter (und länger da) als ich – und doch ist er irgendwie derselbe geblieben. Wim und sein Kino waren einfach immer da. Schon als ich noch Gymnasiast war, besuchte ich im Stuttgarter Kino eine Wenders-Retrospektive; dort hatte ich auch das seltene Glück, seinen kaum einmal gezeigten Debütfilm Summer in the City sehen zu können. Meist saß ich in der dritten Reihe in der Mitte, und ich erinnere mich, dass vor mir oftmals eine junge Frau saß, die diese Filme ebenfalls alleine anschaute. Leider bin ich nie mit ihr ins Gespräch gekommen, frage mich, welchen Weg ihre Lebenslaufsbahn wohl seither eingeschlagen haben mag und welche Rolle diese Filme auf ihrem Weg spielen.

    Über die Jahrzehnte hinweg gab es in meinem Leben stetig Berührungspunkte mit Wenders’ Schaffen – egal, ob ich Filme entsetzlich fand (Palermo Shooting) oder großartig (The Salt of the EarthParis, Texasu.v.a.m.), ob ich sie verpasst habe (Submergence, Les beaux jours d’Aranjuez) oder ob ich ratlos davorstand (Der BAP-FilmDer Papst-Film), sein spezifischer Blick auf die Welt, die Kunst und das Kino sprach immer zu mir. Und war häufiger eine Inspiration als nicht. Als ich studierte, war er zu Gast, bei der Berlinale erlebte ich ihn bei der Präsentation der restaurierten Fassung seines überwältigend radikalen, größenwahnsinnigen, fünf Stunden langen Bis ans Ende der Welt, in Cannes erlebte ich ihn bei der Jubiläumsaufführung seines Palmengewinnerfilms Paris, Texas (war 1984 wirklich das letzte Mal, dass ein deutscher Film die Goldene Palme bekam?), ich besuchte auch ein Regieseminar bei der von mir hochgeschätzten Claire Denis, die bei zwei seiner mutigsten Filme und größten Erfolge (Paris, Texasund Der Himmel über Berlin) als Regieassistentin mitarbeitete und nie müde wurde, in lebendigsten Worten größer Wertschätzung von Wim zu erzählen … und bei meiner Diplomvergabe der Filmhochschule hielt ausgerechnet Wim die Rede für die Absolventen und übergab uns die Diplome.

    Auch hier in seiner Rede sagte er wieder ausschließlich Dinge über das Filmemachen, die mir aus dem Herzen sprachen, wie das kaum jemand sonst vermag. Ich hatte zu jenem Zeitpunkt bereits in einigen eigenen Filmen vieles umzusetzen versucht, wovon er da sprach. Zu Wenders’ Achtzigstem lud ihn die DIE ZEIT letztens zu ihrem „unendlichen Podcast“ein, und ich hatte das sieben Stunden lange Gespräch noch lange nicht zu Ende gehört, da hatte ich bereits den Wunsch, das Ganze noch ein weiteres Mal durchzuhören; ebenso das Ende 2024 veröffentlichte vierstündige Gespräch im Podcast von Mathias „Matze“ Hielscher. So geht es mir immer, wenn ich ihn irgendwo sprechen höre, selbst wenn er manchmal nicht zum Schluss kommen will. Er ist kein versierter, meisterhaft effizienter, punktgenauer Erzähler, auch in seinen Filmen nicht. Er selbst sagt gerne, dass er beim Erzählen nicht wisse, wie seine Geschichten ausgehen — sonst würde man ja „schummeln“. Und ich kann selbst nicht erklären, warum ich auch vieles, was ich schon öfter gehört habe und längst weiß, ihn noch immer gerne sagen höre. Und auch die Bilder, die er geschaffen hat – in Kinofilmen oder als Fotografien, kann man nicht oft genug sehen. In vielen Situationen war Wim Inspiration, Einfluss, Orientierung, selbst wenn ich daran nicht explizit denke.

    Aktuell sind in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken zwei Dokumentarfilme über Wenders — der zweistündige „Desperado“, der zu seinem 75. entstand, ist in der NDR/ARD-Mediathek zu sehen und bietet eine Vielzahl enorm bekannter Gesprächspartner/innen und eindrucksvolle, auch aufwendige Szenen, in denen Wim sein eigenes Werk wiederbesucht. Und bei ARTE/ZDF gibt es den aktuellen Dokumentarfilm „Der ewig Suchende“ zu sehen, der sich vielleicht wie ein Update, eine kürzere Fortsetzung ausnimmt und hier und dort noch etwas ergänzt, auch um weitere renommierte Gesprächspartner. Man kann das alles anschauen und anhören und wird immer wieder noch Interessantes hören und sehen. Und bis Mitte Januar kann man in Bonn in der Bundeskunsthalle obendrein eine umfangreiche Ausstellung – W.I.M. – Die Kunst des Sehens –  auch mit vielen Fotografien und einer immersiven Filminstallation besuchen; der Ausflug nach Bonn steht noch auf meinem Plan. 

    Wenders ist nicht wegzudenken aus der deutschen Kino- und Kulturgeschichte, und ich kann mir kaum vorstellen, wie das sein wird, wenn er irgendwann mal nicht mehr da sein wird. Sein Werk wächst mit der Zeit mehr, als dass es obsolet würde. 

    ijb

  • new album of october

    Was haben Aaron Badgley, Tom Phelan, Wyndham Wallace, Leah Kardos, und ich gemeinsam? Wir haben Plattenkritiken geschrieben zu „Liminal“, rundum angetan, zwischen vier und mehr Sternen! Und so ist es nur recht und billig, meinen Text zu „Liminal“ auch bei „album of october“ in unserer Kolumne rechts zu posten, zumal der November für Steve Tibbetts reserviert ist und seine Cd „Close“ auf ECM.

    Mein „sixpack“ der Platten des Jahres 2025 (bisher): 1) Steve Tibbetts: Close / 2) Brian Eno & Beatie Wolfe: Liminal / 3) Anouar Brahem: After The Last Sky / 4) Brian Eno & Beatie Wolfe: Luminal / 5) Jon Balke: Slrifum / 6) Jeff Tweedy: Twilight Override

  • Pino Palladino und Blake Mills in Leipzig


    Mein erster Besuch bei den Leipziger Jazztagen hätte kaum angenehmer sein können. Zunächst einmal möchte ich hervorheben, wie wunderschön das UT Connewitz ist, in dem die Veranstaltung stattgefunden hat.

    Es ist ein ganz kleiner, etwas abgeschabter Raum, der bei mir sofort Erinnerungen an das Moka Efti aus Babylon Berlin geweckt hat. Da hätte deren Tanzmarathon in jedem Fall auch gut hineingepasst.

    Das Konzert von Pino Palladino und Blake Mills war mir auch eine große Freude. Es ist einfach etwas Wunderbares, so passionierten Musikern bei dem zuzusehen, was ihnen das Wichtigste zu sein scheint.

    Mir hat besonders gefallen mit welcher Ausdauer und Hingabe Pino mit dem Kopf wippt, wenn er Bass spielt. Außerdem sieht das bei ihm wirklich ausgesprochen leicht aus. Er trug dabei auch Sonnenbrille und Schirmmütze – sehen muss er sicher nicht, was er spielt. Alle Musiker hatten eine große Leichtigkeit in ihrem Spiel, und der ganze Abend war so ziemlich das Gegenteil von manieriert. Das hat mir sehr zugesagt.

    Es waren tatsächlich sehr jazzige Stücke, vor allem am Anfang, die sie gespielt haben. Von den beiden Alben, habe ich gar nicht so viele erkannt. Womöglich haben sie diese auch noch etwas abgewandelt. Es hatte sehr den Charakter einer Jamsession, was schön war. Außerdem haben sie auch nur fast instrumentale Stücke gespielt. Blake Mills hatte nur zwei-,  dreimal etwas wortlosen Gesang hinzugefügt.

    Ein besonders witziger Moment war, wie Blake Mills einen Schluck Wasser nahm und der Perkussionist das dann sehr echt vertont hat, woraufhin auch alle anderen dem gleichkamen, wieder mit Vertonung durch den Drummer!

    erlebt und geschrieben von Ella Edelmann

  • Königsallee, 6.15 Uhr


    Selten genug, durch eine Stadt zu streifen, in früher Niemandsstunde. Ich kann gar nicht sagen, wie müde ich war, als ich in die Steinstrasse fuhr Richtung Carlsplatz. Da wenigstens, dachte ich, würde schon ein „eary bird café“ zu finden sein, im Herzen der schläfrigen Altstadt. Fehlanzeige

    Ich hatte unsere Pflegetochter zum Flughafen gefahren, mit wenig Schlaf vorab. Jetzt trieb ich durch diese dunklen Strassen, fand irgendwann eine Bäckerei, ein Hauch von Schlaf im Toyota, und schellte um 7.30 Uhr die Frau aus dem Bett, die schon zwanzig James Lee Burke-Romane gelesen hat. Ich war natürlich angemeldet. Nach dem allerfeinsten Frühstück noch eine Pause, aber richtig frisch sollte ich, übernächtigt, wie ich war, nicht mehr werden.

    Ich fuhr zu Mister Minty, einem der wunderbarsten Schallplattenläden in NRW, um 100 Platten zu verkaufen, die natürlich individuell gesichtet, geprüft, bewertet werden. Wir hatten ein kleines Gespräch, was wie immer, mit Günter Herke, herzlich verläuft, ob man über den Wahnsinnin der Welt spricht, über den Taylor Swift-Mainstream in der ansonsten geschätzten SZ (was waren das für Zeiten, mit Karl Bruckmaier, als im Feuilleton noch Musik entdeckt wurde!), über Robert Forster (wir haben beide eine besondere Story mit dem einstigen Go-Between), und verabredeten uns für die Vorweihnachtszeit bei dem anderen „Robert“, dem Restaurant am Rheinufer. Dann aber ausgeschlafen meinerseits!

  • my „beach books“ for October

    I hear a new world“ (Joe Meek, 1960)


    Zwei Besprechungen garantiert. (m.e.)

    „Immer wieder spielt ja auch Musik eine Rolle in den Romanen Pynchons. Das Motto des mir neben Enden der Parabel liebsten Romans von Pynchon Gegen den Tag lautet: „It´s always night or we wouldn´t need light“, und es stammt von keinem geringerem als Thelonious Monk. Dieser wunderbare 1596-Seiten-Roman, aus dem ich jetzt am liebsten seitenlang zitieren wollen würde, steht also unter einem Zitat eines der ganz großen Jazzpianisten.“ (Gregor Mundt)

    I had my good times with Thomas Pynchon. But with all due respect, I failed to fall for his most famous novels. The two ones I loved most, and the only ones i read from start to end, were „Vineland“ and „Die Versteigerung von No. 49“. Traveling back to 1932, the years of prohibition, i’m curious about the „soundtrack“ of „Schattennummer“. (m.e.)

    „Taking only what he needs from Thomas Pynchon’s 1990 novel Vineland, Anderson has shifted the timeframe. In an opening sequence set sometime around the second year of the Obama administration, the French 75, a band of revolutionaries led by Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor) and explosives wiz “Ghetto” Pat (Leonardo DiCaprio), raids a detention center with the goal of freeing caged immigrants.“ (David Hudson)