Saving Grace

Gestern habe ich mir mal ein paar – zumindest für mich – ganz neue Neuerscheinungen aus dem (auf den ersten Blick) Classic-Rock-Segment zugelegt: neben dem Tweedy-Dreier-Album die toll kuratierte 2-CD-Kompilation mit 38 Songs aus 60 Berufsjahren Ronnie Woods, die von einer Wood-Komposition der Birds 1965 bis zu vier bislang unveröffentlichten Stücken reicht – Fearless: Anthology 1965-2025 – mit einigem ziemlich Bekanntem (’ne Handvoll Faces-Klassiker, ’ne Handvoll Stones-„Deep Cuts“ mit Wood-Co-Writing-Credit, die Jeff Beck Group, drei klasse Rod-Stewart-Perlen usw.) und einigem weniger Bekanntem, bspw. einem Duett mit Mick Jagger aus dem Jahr 1974, also vor Ronnies Zeit bei den Stones (von seiner ersten Solo-Scheibe I’ve Got My Own Album To Do) und einigen weiteren Stücken von seinen Solo-LPs, darunter auch Dylans Seven Days).
Vor allem aber die neue LP von Robert Plant: Saving Grace – und die ist fantastisch. Sehr intensiv, sehr eigen, sehr berührend, bin begeistert, wird garantiert in meiner Jahres-Top10 auftauchen. Schade, dass Plant nur noch so selten neue Platten macht – aber wie toll, dass die dann zuverlässig so große Klasse sind.
Plants letztes Soloalbum war Carry Fire, und dass das bereits 2017 war, überraschte mich selbst gerade. Für manche Leute sind acht Jahre ja ein kompletter Karrieren-Zeitraum. Auf Saving Grace widmet sich Plant weiter seinem Herzensprojekt seiner späteren Jahre, die Traditionen US-amerikanischer Musik auf raffinierte, berührende Weise in die Gegenwart zu holen. Vielleicht nur Dylan gelangen vergleichbar zeitlos klingende Neuaufnahmen uralter Songs jenseits von Folk und Gospel. Dass neben Memphis Minnie (die älteren von uns erinnern sich an When The Levee Breaks vom vierten Zeppelin-Album) und Blind Willie Johnson auch mal wieder eine Nummer von des (mittlerweile nicht mehr existenten) Duos Low aus Dylans Heimatstadt Duluth, Minnesota, dabei ist, fällt einem erst einmal gar nicht auf. Zehn meisterlich arrangierte Stücke, die gewissermaßen eine intensive Reise durch ein Jahrhundert US-Roots-Musikgeschichte bieten und Türen in alle möglichen Richtungen öffnen.