Michaels 25 Lieblingsalben 2025 (Teil 2)
ZEHN Lucrecia Dalt: A Danger To Ourselves (Fear of music? Just asking. The „noir“ album of the year. A study of passion, desire, love, lust, deep as deep can go. Highly adventurous! David Sylvian on board, too. Sylvian‘s „ethereal vibes“ in strange union with Lucrecia’s knack for hard core horror movies.)
ELF Jon Balke: Skrifum (I missed Jon in Kristiansand. Let’s call this, like that underrated gem of Leonard Cohen, another „new skin for the old ceremony“. Jon Balke’s fourth solo piano album on ECM is a strangely organic affair, no matter how much science from the laboratory may be involved. Imagine a long afternoon while listening to Skrifum, Keith Jarrett‘s Vienna, and Amanda Claudine Myers‘ Solace Of The Mind, one after the other. You will have a story to tell.)

ZWÖLF Alabaster DePlume: A Blade Because A Blade Is Whole (Der intime, bekenntnishafte Gesang von DePlume – ein Hauch von Donovan – und das vibrierende Saxofonspiel vermitteln alles von niedergeschlagener Zerbrechlichkeit bis zu entschlossener Stärke. Das Politische und das Private sind eins.)
DREIZEHN SML: How You Been ( Wie man diese Musik in Worte fasst, wäre eine schöne Übung für einen „poetry workshop mit Martina Weber“. „Neo-maximalist-hypno-jazz“, for example. Seriously, it‘s a thriller for the ears, „where-am-i-music“, and the rare case where music that is not my cup of tea turns into exactly that – my cup of tea!)
VIERZEHN Jan Bang & Arve Henriksen: After The Wildfire (Another fine album from Punkt Editions, a moving modern day lamentation with some ecstasy involved … listen to a piece from it with our usual Norwegian suspects, as part of my recent „Klanghorizonte“ radio hour HERE!!!)
FÜNFZEHN Jeff Tweedy: Twilight Override (Less is more – not in this case. I was in for the ride, again and again. Floating through the lyrics was my starting point, before listening – and then I did the gooseskin trip! By the way, „The Ghost Is Born“ re-appeared in all our beloved formats!)
SECHZEHN Rich Dawson: End Of The Middle (Auf Anhieb zugänglich ist dieses Album nicht. Unso erstaunlicher, dass es in so vielen Jahresrückblicken auftaucht, mit seinem spröden Charme, seinem britischen Neo-Realismus, der mich an Kurzgeschichten von Alan Silitoe denken liess, und in seiner Sparsamkeit ein wenig vom frühen Neil Young inspiriert ist. Die Stimme sowieso ein Unikum, ein ferner Verwandter von Robert Wyatt, nicht nur die vocals. Zudem beleuchten markante Free-Jazz-Holzbläser Dawsons Erzählungen – im Finale dann grosses Cinemascope!)

SIEBZEHN Nate Mercerau / Josh Johnson / Carlos Niño: Openness Trio (A fantastic mix of sound searching „Nordic“ spheres, Californian hinterland meditation – and melodic free jazz. What will Mr. Whistler say?)
ACHTZEHN Jeremiah Chiu & Marta Sofia Honer: Different Rooms (Blog diary: I sat down in my electric cave with a small pile of new experimental music, and that afternoon I fell in love with „Different Rooms“. At first I was sceptical about the spherical and synthetic (Klingklang is what I call sounds that just dance pretty on the surface), but it didn’t take long for one „wow!“ after the other. Wondrous music. Safe Journey. Henry, the radio man, left the party too early.)
NEUNZEHN The Necks: Disquiet (The trance work never stops. Ask Bernhard, the flowfloe rookie! Weeks and weeks ago, i listened to one of the four long tracks in Paris, on a warm sunny afternoon. I chose – what else? – WARM RUNNING SUNLIGHT knowing I would definitely be the first human to listen to it in my favourite Paris power spot, Le Jardin du Luxembourg. What a joyful experience lying on the green grass with closed eyes (mostly), with that warm running sunligh inside outside…)
Zugabe: „Old Myth“ hat einen langsam brennenden, schleichenden perkussiven Unterton und Kopfnoten von punktiertem Saxophon und pointillistischer Elektronik, die in einen mystischen, filmischen Schlussteil übergehen. „Brood Board Shroom“ kreiert eine weichgezeichnete Marshmallow-Welt, fremdartig, aber einladend, irgendwo zwischen dem BBC Radiophonic Workshop und dem spacigeren Ende des Krautrock. Ich sagte doch, SML-Musik ist eine wilde, wilde Welt. Eine Veröffentlichung von Intermational Anthem Records. Für mich das Label des Jahres, das 2025 auch etliche Klasselaben der frühen Jahre auf Vinyl raushaute. Danke, Daniela, für deine Super-Promotion!)
4 Kommentare
Martina Weber
Deine Skizzierungen von Musikstücken und Alben haben mich immer extrem fasziniert. Es dauert seine Zeit, das auf sich wirken zu lassen. Deine Idee zu DREIZEHN habe ich in meine Ideenliste für die „Lyrikweberei. Ein Lyrikworkshop“ für die Federwelt kopiert. Die Idee, Musik als Inspirationsquelle für literarische Texte zu verwenden, habe ich so etwa im Jahr 2008 in einem Kurs zum literarischen Schreiben angewendet. Was ich verwendet habe, war entweder ein Stück aus dem Album „For Waiting For Chasing“ von Pan American oder, ich glaube eher dies, „Spring Fever“ von Biosphere. Ich habe jedenfalls eines dieser für die Gruppe musikalisch völlig fremden und anspruchsvollen Stücke aus deinen Klanghorizonten auf einem mäßg guten Kassettenrecorder abgespielt, was für minutenlange Verwirrung und fast schon für Unmut gesorgt hat. Bei dieser Seminargruppe hatte ich immer Inspirationsmaterial für Texte, die während des Seminars geschrieben wurden, mitgebracht, was ich in meiner Literaturwerkstatt nicht tue. Nur die Musik hätte als Inspiration nicht ausgereicht; ich habe auch immer eher ungewöhnliche Fotos mitgebracht. Tatsächlich hat eine Frau durch die Inspiration ihren besten Text geschrieben. Bin also gespannt auf die Musik unter der Nummer DREIZEHN.
Michael
Ich wäre sehr überrascht, wenn DREIZEHN deine Tasse Tee wäre, ungefähr so überrascht wie ich war, als sich DREIZEHN als meine Tasse Tee entpuppte. Sogar als mein neuer Darjeeling First Flush.
Die Übung, für die Musik von DREIZEHN ein Label, einen Namen, eine Begriffskonstruktion zu finden, ist, auch wenn DREIZEHN nicht deine Tasse Tee ist, bestimmt eine spannende für deinen Lyrikworkshop, vor allem, wenn aus der Suche nach einem Etikett eine Herausforderung wird, DREIZEHN in Lyrik zu verwandeln.
Aber natürlich müsste DREIZEHN erstmal faszinieren, in irgendeiner Form, um Fantasie in Gang zu setzen. Ich habe in den 1970ern mal in Würzburg alle Kompositionen von Barre Phillips‘ THREE DAY MOON in Lyrik verwandelt. Steve Tibbetts würde das als schönes Beispiel von Musik als mind to mind experience sehen.
Das war einfach eine kleine Übung, meine Begeisterung für das Album (Terje Rypdal war auch dabei) in Worte zu fassen. Ohne die Musik im üblichen Sinn zu „besprechen“. Letztlich gehr viel von der Faszination von Musik verloren, wenn man sie analytisch einordnet, katalogisiert. Lieber die eigene Faszination in eine Spache des Stammelns übertragen, als schlaue, leblose Sachen aufzutischen.
Wie bei Lorenz sind meine Kurztexte mit all ihren Samples, Sprüngen und Stories einfach ein Versuch, hier und da Neugier zu erzeugen. Das geht nur mit „herausragender Musik“, udn das heisst, mit Musik, die ich als herausragend erlebe. Ich freue mich, wenn der eine oder die andere durch den einen oder anderen Text ein neues Lieblingsalbum entdeckt.
Martina Weber
Für meine Lyrikweberei bräuchte ich ein Beispiel im Internet, auf das ich verweisen kann. Wenn du in einem eigenen Post ein Beispiel der Verwandlung von Musik in Lyrik zur Verfügung stellen könntest, wäre das ideal und du würdest in die Lyrikgeschichte eingehen; längerfristig plane ich aus der Lyrikweberei ein zweites Handwerksbuch zum Gedichte schreiben. (Die Musik höre ich in aller Ruhe noch an, bin gespannt, ob es ein Darjeeling wird (für mich lieber second flush); jetzt bin ich gleich unterwegs.
flowworker
Haha. Nein, leider liegen diese Gedichte auf einem mir nicht zugänglichen Dachboden. Das wird nichts mit der Lyrikgeschichte. Aber vielleicht was mit dem Second Flush. Doch da habe ich meine leisen Zweifel. NEUNZEHN ist, denke ich, mehr deins. Aber ich täusche mich gerne. DREIZEHN hat im übrigen eine Zugabe erhalten, unten im Text. (m.e.)