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Kino: Downton Abbey – Das große Finale Stream: Voice of the Eagle: The Enigma of Robbie Basho
Mein Wochenende war umfrangreich:
Im Kino zwei sehr lange Kunstfilme – April (Dea Kulumbegashvili) und In die Sonne schauen (Mascha Kalinski); im Hans Otto Theater in Potsdam zwei lange Abende – „Lazarus“ (David Bowie / Enda Walsh) und Also träumen wir mit hellwacher Vernunft – Eine Chronik mit Texten von Christa Wolf von Sascha Hawemann (großartige dreieinhalb Stunden!). Dazwischen der (erfolglose) Versuch, ein öffentliches Gespräch mit Wenders zu besuchen und (der erfolgreiche) immerhin einen Teil eines Werkstattkonzerts des Trickster Orchestra.
Zu Hause von LP: Robert Plant (Saving Grace) und Mitski (The Land Is Inhospitable and So Are We) und von CD Robert Plant (Band of Joy und Lullaby and the Ceaseless Roar), Melissa Etheridge (Never Enough), Selena Gomez (Revival), Madonna, Ronnie Wood, Johnathan Blake, Suzanne Vega und Lucian Ban & Mat Maneri.
Aber sicher. Wenn man nur einen deutschen Film in diesem Jahr schaut, steht vermutlich kein anderer zur Wahl. Immerhin hatte er die enorm seltene Ehre, als deutscher Film im Wettbewerb in Cannes zu laufen, gewann odrt ex aequo mit „Sirat“ den „Preis der Jury“ – und wird bei den nächsten Deutschen Filmpreisen auch der Abräumer sein.
Es ist sicherlich ein sehr, sehr eigenwilliger Film, wie man bisher keinen in dieser Art gesehen hat, poetische Filmkunst, die deutsche Geschichte durch ein ganzes Jahrhundert widerspiegelt. Also wer immer sich für Filmkunst und deutsche Geschichte interessiert, kommt um diesen Film nicht herum.
Die Sensation von Cannes
„In die Sonne schauen“ von der Berliner Regisseurin Mascha Schilinski ist der erste Wettbewerbsfilm des Festivals. Eindrucksvoll zeigt er, was Kino sein kann.
Aus einem FAZ-Interview (Bert Rebhandl im Gespräch mit der Regisseurin):
Sie erzählen von vier Generationen, vor allem von Frauen, aber es geht Ihnen nicht in erster Linie um Tatsachen.
Oft sind es eher Geheimnisse, die nicht weiter überliefert sind. In den Menschen, die im Film zu sehen sind, toben Geister. Der Film fühlt sich an, als würden alle Ahnen, die an diesem Ort gelebt haben, gleichzeitig träumen. Die Bilder, die wir im Film sehen, sind genauso wichtig wie die Bilder, die wir nicht sehen: Vergessenes und Verdrängtes, auf das die Figuren keinen Zugriff mehr haben.
Fotografie wurde gerade in der Frühzeit oft mit geisterhaften Dimensionen verbunden. Könnte man „In die Sonne schauen“ als einen Gespensterfilm sehen?
Ja, wobei man das nicht missverstehen darf. Wir haben keinen esoterischen oder übernatürlichen Kontakt in die Vergangenheit. Wir haben uns phänomenologisch genähert und Erfahrungen zusammengetragen, für die unsere Worte vielleicht nicht ausreichen. Wir wollten einfach Bilder aufsteigen lassen, wir wollten kollektive Erinnerungen, die wir in uns tragen, lebendig machen.
(…)
Es ist ein Film, der sich damit beschäftigt, wie Erinnerung und Vorstellung ineinandergreifen und wie fluide und damit unzuverlässig das alles ist.
Okay, danke! Dir hat der Film gefallen, vermute ich…?!
Ich frage, weil in meiner Umgebung zwei Personen unabhängig voneinander ziemlich entsetzt oder gelangweilt waren. Beide fanden den Film schlecht bis furchtbar. Ich könnte mir in beiden Fällen aber vorstellen, dass ich das anders sehen würde.
Okay… hm, ich kann mir ehrlich gesagt jetzt nicht erklären, wie man von dem Film „enstetzt“ sein kann.
…allenfalls vielleicht, wenn man wirklich noch nie irgendwas jenseits von „James Bond“, „Mission Impossible“, „Tatort“ oder Superheldenfilmen gesehen hat. Aber auf wen trifft das zu? Oder man ist auf dem komplett falschen Fuß aufgestanden und hat einen superkonventionell-langweiligen Historienfilm deutscher Durchschnittlichkeit erwartet, in dem einem alles stupide erklärt wird?
Oder vielleicht haben die Leute auch einfach nicht damit gerechnet, dass der Film (auch) vom Tod erzählt, auf eine vielleicht unerhörte, ungekannte Weise?
Zuallererst aber man muss man feststellen: Dies ist ein Film, den man unbedingt im Kino sehen muss; ein Film, der endlich einmal wieder all die ganzen Möglichkeiten und Chancen des Kinos zeigt, die viel zu oft ungenutzt bleiben. Es gibt natürlich viele Filme, die man auch gut auf einem Bildschirm sehen kann – diesen hier nicht! Dann geht unglaublich viel verloren, sowohl auf der Bildebene wie auf der Tonebene. Dieser Film nutzt alle Mittel des Kinos voll aus, und deswegen macht es einen außergewöhnlichen Spaß, ihn im dunklen Raum mit fremden Leuten anzusehen, wo man sich dieser Erfahrung nicht entziehen kann, wo man sie im Ganzen in sich aufnimmt. Die Kinosituation und die Konzentration an diesem Ort nutzt diesem Film sehr – nicht etwa, weil man etwas nicht verstehen würde, sondern weil man im Kino auch als Zuschauer in gewisser Weise auf sich selbst zurückgeworfen ist. Man ist hier empfindsamer und sensibler auch für die eigenen Wahrnehmungen.
(…) die Tonspur eine ihrerseits mit äußerster Sorgfalt gemachte Sache für sich: das ständige Knistern, das zum Feuer führt als verzehrender Kraft, aber zugleich das leise Knacksen von Vinylplatten evoziert, das auditive Aufzeichnungsmediumäquivalent zur Fotografie, das seine eigenen Geistererscheinungen hat.
Kein Geheimnis macht In die Sonne schauen aus dem Generalbass seiner Erzählung – es geht durchweg um die Gewalt, die im patriarchalen System steckt, um Geschichten der Traumatisierung, die sich durch die Generationen weniger vererben als im Wandel der Zeiten und Sitten gleichen, wiederholen, wandeln und dabei durchaus auch mildern.
Einmal tendentiell bildungsbürgerlich – und einmal tatsächlich mit einer Vorliebe für Actionfilme, aber auch studiert. Keine Ahnung. Hab bald Herbstferien und Lust auf Kino. „Amrum“ (der ja nicht überall gut weggekommt) ist schon gebucht, dann vielleicht noch „In die Sonne schauen“ oder „One Battle..“ oder so.
Bei Amrum bin ich / sind wir wiederum unsicher, ob wir den anschauen wollen. Eigentlich interessieren mich da Story, Stil, Bilder und Themen nicht so wirklich. Von den letzten Filmen von Fatik Akin habe ich fast keine gesehen. Bis Auf der anderen Seite fand ich die alle sehr gut bis großartig. Und seither hab ich tatsächlich nur Aus dem Nichts gesehen, und der war wirklich ein Ärgernis. Total plump, schablonenhaft und unsensibel.
Zustimmung – der letzte richtig gute war „auf der anderen seite“. „The Cut“ fand ich auf eine produktive Art und Weise misslungen, falls das Sinn macht. „Soul Kitchen“ war nett, „Tschick“ war noch nett. Beides eher so Fernsehfilme. Der Rest hat mich zum Teil nicht interessiert, den NSU Film fand ich genau so wie Du.
„Amrum“ schaue ich, weil mich jemand (den ich lange nicht gesehen habe) gefragt hat ob wir da reingehen wollen. Und ich grundsätzlich mag ich solche Filme und Themen ja auch.
Ähm, wo wir gerade beim Thema sind: hast Du zufällig auch den Edgar Reitz Film gesehen, „Leibniz“?
Bis jetzt noch nicht. Ich hab den Film seit ein paar Wochen auf meiner Liste, vor allem nach ein paar sehr neugierig machenden Besprechungen… aber es hat irgendwie nie so richtig gepasst, und wahrscheinlich war auch mein Antrieb nicht stark genug… ich habe so die Angst, dass ich es vielleicht doch langweilig finde. Der schien hier aber recht gut besucht zu sein; ich versuche es am Wochenende nochmal…
Weiter oben steht bei mir jetzt allerdings der neue Film von Kathryn Bigelow (A House of Dynamite). Ihr erster seit acht oder neun Jahren?
Sehr empfehlenswert ist noch Die Möllner Briefe (Nicht Die Möllner-Briefe!). Hab ich bei der Berlinale schon gesehen, mit Freund und meiner Tochter. Sehr berührend, sehr eindringlich, und auch erstaunlich vielschichtig und reich, obwohl man eigentlich vorher schon zu wissen glaubt, was man da 90 Minuten lang erfahren wird. Ein Film, der wirklich weit mehr zu bieten hat, als man erwartet,
Nun ist zwar schon das nächste Wochenende, aber ich möchte das nicht unerwhnt lassen: Wir haben gestern A House of Dynamite gesehen. Das wird in meiner Jahresrückschau wohl der herausragende Film des Jahres 2025 sein. Weiß nicht, ob es im US-Kino derzeit eine/n bessere/n Regisseur/in gibt. Hätte nicht erwartet, dass sie das exzellente Regie-Niveau ihrer letzten Filme noch toppen kann.
Schon jetzt ist der US-Regisseurin Kathryn Bigelow mit ihrem neuen Film A House of Dynamite ein phänomenaler Erfolg gelungen. Auch filmisch. Selten hat ein Film 120 Minuten lang so eine Spannung mit solcher Sicherheit gehalten. Auch handwerklich ist das extrem perfekt und schön und souverän gemacht – es gibt eigentlich nie einen Moment an dem der Film aus dem Ruder läuft. Im Gegensatz zur Handlung.
Dies ist Kino auf der Höhe der Zeit.
In der Summe ist »A House of Dynamite« in erster Linie aber ein atemberaubender »Countdown zur Katastrophe«-Thriller über die politischen, moralischen und menschlichen Entscheidungen, die es in einer solchen Extremsituation zu fällen gilt. Das Ensemble ist durch die Bank sehenswert (Ferguson, Harris und Letts gilt besondere Erwähnung), doch es ist nicht zuletzt die handwerkliche Perfektion, die »A House of Dynamite« zum Ereignis macht. Wie Bigelow mit Hilfe der Kameraarbeit von Barry Ackroyd, der Montage von Kirk Baxter und der exzellenten Musik von Volker Bertelmann bis zum konsequenten Ende die Spannung nicht nur hält, sondern zusehends steigert, ist wahrlich meisterlich.
endet auch Patrick Heidmanns (epd) 5/5-Besprechung.
Ich habe mir diese Woche dann tatsächlich auch „Amrum“ angeschaut. Hat mir besser gefallen als erwartet. Es ist zwar doch recht behäbig, in einigen Teilen sogar hölzern – szenische Inszenierung wie Schauspiel und aufgesagte Dialoge im Dialekt (also wer schon mit Petzolds Filmen Probleme mit der leicht artifiziellen oder spröden Note hat, kann sich den Besuch direkt sparen), ebenso wie die total abwegig märchenhaften Nachtszenen – aber es gibt dann doch ein paar beeindruckend „harte“ Szenen, auch ist die zentrale Beziehung zwischen dem Jungen und seiner Mutte eindrucksvoll erzählt, sowohl auf den Punkt als auch voller Vielschichtigkeit. Ich nehm jetzt nichts wirklich Neues mit, außer der Info, dass es erstaunlich ist, mit wie „wenig Drama“ (also so ne sehr kleine, überschaubare Geschichte) Fatih Akin hier erzählt. Ist auch gut, dass der Film kurz und knapp ist. Das tut dem Ganzen gut.
PS: „A House of Dynamite“ Wolfgang Schmitt hat diese Woche eine sehr gute, treffende Analyse veröffentlicht, wo er den Film auch als „Film des Jahres“ anpreist.
Dass Netflix als Produzent diesen Film nur in limitierter Kinoauswertung zeigt (bevor er am 25. Oktober auf Netflix laufen wird), ist fast ein Sakrileg. Bigelows Bilder gehören auf die große Leinwand, in laute Dolby-Atmos-Räume. Denn A House of Dynamite ist nicht nur ein Film – er ist ein physisches Ereignis. Die Tonspur, das Licht, die Schnitte wirken wie sensorische Schläge: Der Krieg kommt nicht, er ist schon da, nur in anderer Form.
Wie schon in The Hurt Locker und Zero Dark Thirty geht es Bigelow um die Unmöglichkeit einer Entscheidung. Aber A House of Dynamite geht weiter: Es entlarvt die Entscheidungsmechanik selbst als Farce. Die Maschine läuft, egal was der Mensch tut. Und das ist das eigentlich Beunruhigende an diesem Film – dass seine Fiktion längst kein Zukunftsszenario mehr ist. Die Welt, in der eine Fehlinterpretation genügt, um Millionen zu töten, ist keine Dystopie. Sie ist die Tagesschau.
Bigelow zeigt kein Heldentum, keine Moral, nur Strukturen. Und doch ist A House of Dynamite zutiefst menschlich. Weil in jeder Entscheidung, in jeder Schweigeminute, in jedem Zucken von Idris Elbas Gesicht jene uralte Angst sichtbar wird, die Garland in Warfare auf der Straße, in den Gesichtern der Soldaten, fand: die Angst vor der Bedeutungslosigkeit des Todes.
Niemandem in »A House of Dynamite« wird ein Haar gekrümmt. Und doch ist dies ein Film über Gewalt. Ein Großteil spielt in Büros, Konferenzräumen, Lagezentren, in denen Menschen auf Bildschirme starren. Und doch handelt es sich um einen Actionfilm. Keine Bombe explodiert, kein Soldat greift zur Waffe. Und doch ist »A House of Dynamite« einer der erschütterndsten Kriegsfilme der letzten Zeit.
(…)
»A House of Dynamite« zeigt eine Regie-Virtousin auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Der Film ist ein Beispiel für perfekt orchestriertes Genrekino à la Hollywood. Und gleichzeitig transzendiert er einengende Regeln und repetitive Formensprache. Bigelow operiert mit der Hollywoodmaschinerie, mit Stars wie Idris Elba und einem großen Budget. Und sie ist eine Autorenfilmerin in der Tradition von Anthony Mann oder Martin Scorsese, männlichen Kollegen, die in ihren Filmen die Regeln dafür verschoben, was ein Hollywoodfilm sein kann.
Kathryn Bigelow ist eine der großen Filmkünstlerinnen des Weltkinos.
[Und für alle, die nach wie vor, zu meiner Verblüffung, Propaganda in ihren Filmen sehen: ] Kathryn Bigelows Botschaft ist diesmal so klar wie die Stille ohrenbetäubend, wenn der Film endet. Was sie zeigt, ist ein Mechanismus der Apokalypse, der alle scheinbar klug eingerichteten Sicherungssysteme aushebelt und eine einzige Person, den US-Präsidenten, vor eine unmenschliche Entscheidung stellt
Ähnlich steht das auch in EPD Film:
…exerziert die Regisseurin, die schon immer ganz besonders an Politik, dem Militärkomplex und der Arbeit unterschiedlichster Exekutivorgane interessiert war, hier mit viel Sinn für Genauigkeit und Blick für die Kleinteiligkeit des Prozederes einen Fall durch, der nicht weit hergeholt wirkt.
Der Tonfall ist dabei vergleichsweise nüchtern, jedenfalls nie reißerisch und dank einer sehr behutsamen Integration der privaten Seiten der Figuren auch nie zu emotional. Politisch ist der Film, der sich einem klassischen Finale auf bezwingende Weise verweigert, dabei vor allem auf den zweiten Blick.
Ich gehe heute rein. Nun doch nicht mit einem Kollegen, dafür mit Mutter und Tochter – das passt dann bestimmt ganz gut.
Danke für die Infos! Mal schauen, ob ich „House of Dynamite“ noch im Kino sehen kann.
Ich fand „Amrum“ dann ganz (aber nicht so richtig) gut.
Ich fand auch, dass die Menschen überwiegend hölzern wirkten und fand das irgendwie zur Situation zu Kriegsende passend.
Genau: Mutter – Sohn Verhältnis war sehr spannend. Das Bemühen des Sohnes um sie hat mich berührt. Interessant war auch der Kontrast zu der Familie seines Freundes.
Die Dialekte fand ich auch aufgesetzt.
Amrum sah schön aus.
15 Kommentare
flowworker
Michaels nourishment:
Lammschulter, Tibbetts‘ Close & Frischer Wind (Netflix)
Ingo J. Biermann
Mein Wochenende war umfrangreich:
Im Kino zwei sehr lange Kunstfilme – April (Dea Kulumbegashvili) und In die Sonne schauen (Mascha Kalinski); im Hans Otto Theater in Potsdam zwei lange Abende – „Lazarus“ (David Bowie / Enda Walsh) und Also träumen wir mit hellwacher Vernunft – Eine Chronik mit Texten von Christa Wolf von Sascha Hawemann (großartige dreieinhalb Stunden!). Dazwischen der (erfolglose) Versuch, ein öffentliches Gespräch mit Wenders zu besuchen und (der erfolgreiche) immerhin einen Teil eines Werkstattkonzerts des Trickster Orchestra.
Zu Hause von LP: Robert Plant (Saving Grace) und Mitski (The Land Is Inhospitable and So Are We) und von CD Robert Plant (Band of Joy und Lullaby and the Ceaseless Roar), Melissa Etheridge (Never Enough), Selena Gomez (Revival), Madonna, Ronnie Wood, Johnathan Blake, Suzanne Vega und Lucian Ban & Mat Maneri.
Olaf Westfeld
Falls Du es noch liest, Ingo: wie hat Dir „In die Sonne schauen“ gefallen – würdest Du den empfehlen?
ijb
Aber sicher. Wenn man nur einen deutschen Film in diesem Jahr schaut, steht vermutlich kein anderer zur Wahl. Immerhin hatte er die enorm seltene Ehre, als deutscher Film im Wettbewerb in Cannes zu laufen, gewann odrt ex aequo mit „Sirat“ den „Preis der Jury“ – und wird bei den nächsten Deutschen Filmpreisen auch der Abräumer sein.
Es ist sicherlich ein sehr, sehr eigenwilliger Film, wie man bisher keinen in dieser Art gesehen hat, poetische Filmkunst, die deutsche Geschichte durch ein ganzes Jahrhundert widerspiegelt. Also wer immer sich für Filmkunst und deutsche Geschichte interessiert, kommt um diesen Film nicht herum.
Ein Glücksfall für den deutschen Film – Großes Kino gegen die Klischees, die wir alle im Kopf haben, und die uns eingetrichtert werden.
Die Gespenster des 20. Jahrhunderts – Mascha Schilinskis großartiger Film »In die Sonne schauen«
Die Sensation von Cannes
„In die Sonne schauen“ von der Berliner Regisseurin Mascha Schilinski ist der erste Wettbewerbsfilm des Festivals. Eindrucksvoll zeigt er, was Kino sein kann.
Aus einem FAZ-Interview (Bert Rebhandl im Gespräch mit der Regisseurin):
Olaf Westfeld
Okay, danke! Dir hat der Film gefallen, vermute ich…?!
Ich frage, weil in meiner Umgebung zwei Personen unabhängig voneinander ziemlich entsetzt oder gelangweilt waren. Beide fanden den Film schlecht bis furchtbar. Ich könnte mir in beiden Fällen aber vorstellen, dass ich das anders sehen würde.
ijb
Okay… hm, ich kann mir ehrlich gesagt jetzt nicht erklären, wie man von dem Film „enstetzt“ sein kann.
…allenfalls vielleicht, wenn man wirklich noch nie irgendwas jenseits von „James Bond“, „Mission Impossible“, „Tatort“ oder Superheldenfilmen gesehen hat. Aber auf wen trifft das zu? Oder man ist auf dem komplett falschen Fuß aufgestanden und hat einen superkonventionell-langweiligen Historienfilm deutscher Durchschnittlichkeit erwartet, in dem einem alles stupide erklärt wird?
Oder vielleicht haben die Leute auch einfach nicht damit gerechnet, dass der Film (auch) vom Tod erzählt, auf eine vielleicht unerhörte, ungekannte Weise?
sagt Rüdiger Suchsland
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sagt Ekkehard Knörer
Olaf Westfeld
Einmal tendentiell bildungsbürgerlich – und einmal tatsächlich mit einer Vorliebe für Actionfilme, aber auch studiert. Keine Ahnung. Hab bald Herbstferien und Lust auf Kino. „Amrum“ (der ja nicht überall gut weggekommt) ist schon gebucht, dann vielleicht noch „In die Sonne schauen“ oder „One Battle..“ oder so.
ijb
Bei Amrum bin ich / sind wir wiederum unsicher, ob wir den anschauen wollen. Eigentlich interessieren mich da Story, Stil, Bilder und Themen nicht so wirklich. Von den letzten Filmen von Fatik Akin habe ich fast keine gesehen. Bis Auf der anderen Seite fand ich die alle sehr gut bis großartig. Und seither hab ich tatsächlich nur Aus dem Nichts gesehen, und der war wirklich ein Ärgernis. Total plump, schablonenhaft und unsensibel.
Olaf Westfeld
Zustimmung – der letzte richtig gute war „auf der anderen seite“. „The Cut“ fand ich auf eine produktive Art und Weise misslungen, falls das Sinn macht. „Soul Kitchen“ war nett, „Tschick“ war noch nett. Beides eher so Fernsehfilme. Der Rest hat mich zum Teil nicht interessiert, den NSU Film fand ich genau so wie Du.
„Amrum“ schaue ich, weil mich jemand (den ich lange nicht gesehen habe) gefragt hat ob wir da reingehen wollen. Und ich grundsätzlich mag ich solche Filme und Themen ja auch.
Ähm, wo wir gerade beim Thema sind: hast Du zufällig auch den Edgar Reitz Film gesehen, „Leibniz“?
ijb
Bis jetzt noch nicht. Ich hab den Film seit ein paar Wochen auf meiner Liste, vor allem nach ein paar sehr neugierig machenden Besprechungen… aber es hat irgendwie nie so richtig gepasst, und wahrscheinlich war auch mein Antrieb nicht stark genug… ich habe so die Angst, dass ich es vielleicht doch langweilig finde. Der schien hier aber recht gut besucht zu sein; ich versuche es am Wochenende nochmal…
Weiter oben steht bei mir jetzt allerdings der neue Film von Kathryn Bigelow (A House of Dynamite). Ihr erster seit acht oder neun Jahren?
Sehr empfehlenswert ist noch Die Möllner Briefe (Nicht Die Möllner-Briefe!). Hab ich bei der Berlinale schon gesehen, mit Freund und meiner Tochter. Sehr berührend, sehr eindringlich, und auch erstaunlich vielschichtig und reich, obwohl man eigentlich vorher schon zu wissen glaubt, was man da 90 Minuten lang erfahren wird. Ein Film, der wirklich weit mehr zu bieten hat, als man erwartet,
ijb
Nun ist zwar schon das nächste Wochenende, aber ich möchte das nicht unerwhnt lassen: Wir haben gestern A House of Dynamite gesehen. Das wird in meiner Jahresrückschau wohl der herausragende Film des Jahres 2025 sein. Weiß nicht, ob es im US-Kino derzeit eine/n bessere/n Regisseur/in gibt. Hätte nicht erwartet, dass sie das exzellente Regie-Niveau ihrer letzten Filme noch toppen kann.
schreibt Rüdiger Suchsland in seiner ausführlichen Besprechung.
endet auch Patrick Heidmanns (epd) 5/5-Besprechung.
ijb
Ich habe mir diese Woche dann tatsächlich auch „Amrum“ angeschaut. Hat mir besser gefallen als erwartet. Es ist zwar doch recht behäbig, in einigen Teilen sogar hölzern – szenische Inszenierung wie Schauspiel und aufgesagte Dialoge im Dialekt (also wer schon mit Petzolds Filmen Probleme mit der leicht artifiziellen oder spröden Note hat, kann sich den Besuch direkt sparen), ebenso wie die total abwegig märchenhaften Nachtszenen – aber es gibt dann doch ein paar beeindruckend „harte“ Szenen, auch ist die zentrale Beziehung zwischen dem Jungen und seiner Mutte eindrucksvoll erzählt, sowohl auf den Punkt als auch voller Vielschichtigkeit. Ich nehm jetzt nichts wirklich Neues mit, außer der Info, dass es erstaunlich ist, mit wie „wenig Drama“ (also so ne sehr kleine, überschaubare Geschichte) Fatih Akin hier erzählt. Ist auch gut, dass der Film kurz und knapp ist. Das tut dem Ganzen gut.
Hast du ihn schon gesehen?
ijb
PS: „A House of Dynamite“ Wolfgang Schmitt hat diese Woche eine sehr gute, treffende Analyse veröffentlicht, wo er den Film auch als „Film des Jahres“ anpreist.
Bei Artechock schreibt einer passend:
__
Und im SPIEGEL gibt es ein sehr positives Portrait der Regisseurin:
Ähnlich steht das auch in EPD Film:
Olaf Westfeld
Ich gehe heute rein. Nun doch nicht mit einem Kollegen, dafür mit Mutter und Tochter – das passt dann bestimmt ganz gut.
Danke für die Infos! Mal schauen, ob ich „House of Dynamite“ noch im Kino sehen kann.
Olaf Westfeld
Ich fand „Amrum“ dann ganz (aber nicht so richtig) gut.
Ich fand auch, dass die Menschen überwiegend hölzern wirkten und fand das irgendwie zur Situation zu Kriegsende passend.
Genau: Mutter – Sohn Verhältnis war sehr spannend. Das Bemühen des Sohnes um sie hat mich berührt. Interessant war auch der Kontrast zu der Familie seines Freundes.
Die Dialekte fand ich auch aufgesetzt.
Amrum sah schön aus.