„deep thrill reading“
Seit langem habe ich keine Kriminalromane mehr besprochen, mit der Ausnahme des Hammerschmökers „Der Gott des Waldes“. Wenig mehr. Nun ist es an der Zeit, auch die aus meiner Sicht anderen beeindruckenden Thriller-Leseerlebnisse der letzten, etwas längeren Zeit zu listen. Und da jeder andere Vorlieben hat, schenke ich mir hier mal meine private Hitliste – alles rückt eh eng zusammen – ich belasse es bei knackig kurzen Beschreibungen dessen, was da zu erwarten ist: „word for word minimalism“! Und die „New York Times“ zitiere ich nur einmal, und zwar jetzt: „A labyrinthine and multilayered horror mystery… The entire mystery is wonderfully complex and carefully crafted… „Seltsame Bilder“ is a story where revelations and new questions wait around every corner, and Uketsu keeps readers guessing until the very end….“

James Lee Burke: Angst um Alafair (surreal, photorealistisch, landschaftsumrauscht, wild, hardboiled) // Liz Moore: Der Gott des Waldes (transgenerational, verflochten, hochspannend, tiefgehend, wendungsreich) // Uketsu: Seltsame Bilder (innovativ, schockierend, subtil, feinheichnend, existenziell) // Neil Lancaster: Das Gebot der Rache (highlandnoir, fesselnd, flowy, schwarzhumorig, knallhart – und mit einer ursympathischen Ermittlerin, die Ornette Coleman und Tangerine Dream hört🪘- Band 3 der Max Craigie-Serie erscheint im Januar 2026, s. Foto)) // Christoffer Carlsson: Wenn die Nacht endet (preisgekrönt, comingofageig, flüssig, fundiert, brilliant) // Mathijs Deen: Der Holländer (skurril, klug, ostfriesig, exkursfreudig, puzzelig) // Ralf H. Dorweiler: Der Herzschlag der Toten (historisch, hamburgerisch, pittoresk, gruselig, fantasievoll) // Andreas Pflüger: Wie Sterben geht (historisch, mitreissend, literarisch, anspielungsreich, politisch) // (ausgewählt und vorgestellt von Michael E.) // Etwas ausführkicher nun noch S. A. Cosby: Der letzte Wolf: meine DLF-Kollegin Katrin Doerksen las den Kriminalroman wie ich mit Spannung. Die Geschichte um einen Amoklauf im ländlichen Virginia der frühen Trump-Jahre führte uns weit zurück in die Geschichte der Sklaverei und rassistischer Lynchmorde in den USA. Der Autor versteht sich darauf, die unterschiedlichen Interessengruppen schwarzer Aktivisten, konservativer Abgeordneter und fundamentalistischer Prediger auszudifferenzieren und seine Ermittlergeschichte in „alttestamentarische Dimensionen“ voranzutreiben. Southern Noir Goes Gothic!

Als Zugabe empfehle ich zwei neue Netflix-Serien: die eine, „The Survivors“ ist die gelungene Verfilmung von Jane Harpers Kriminalroman „Der Sturm“, und bei allem traditionellen „plotting“ punktet die australische Miniserie u.a. mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen. „The Survivors is a study in how raw grief and festering resentment warp everything – and how surviving a tragedy rarely means getting away unscathed. At its centre is the particular pain of the three mothers – Finn’s, Bronte’s and Gabby’s – deprived of their children and for ever changed by it. Their suffering is almost palpable and marks The Survivors indelibly out from the murder mystery herd.“ Die andere, „Sirens“ ist eher keine Krimiminiserie, sondern, nun ja, „The White Lotus“ meets „Nine Perfect Strangers“. Dass diese Serie aus der Welt der Superreichen einen scharfen Witz hat und wirklich fesselt, ist auch eine Leistung. Lucy Mangan, die professionelle Serienguckerin des Guardian, gibt den „Survivors“ wie ich vier Sterne, und den „Sirenen“ einen mehr als ich, fünf Sterne! „Without ever losing its wit or bounce, Sirens becomes a study in family, class and all sorts of other power struggles, the endless possibilities for good and ill that wealth brings, and the legacies of childhood trauma.“