Ploog. West End: Worte & Bilder, die bisher verschüttet waren

Vor zehn Tagen traf ich Wolfgang Rüger im Schiffer Café in Frankfurt Sachsenhausen zur Übergabe des Readers „Ploog. West End: Texte von und über Jürgen Ploog“, erschienen in der Edition W in Neu-Isenburg. Es war eine Kette an glücklichen Zufällen, die dazu führten, dass ich in diesem Reader, der von Wolfgang Rüger und David Ploog herausgegeben wurde, mit einem Text vertreten bin.

Im vergangenen Jahr hatte Herr Rüger über einen längeren Zeitraum in Suchmaschinen verschiedene Begriffe eingegeben, um herauszufinden, was es von und über Jürgen Ploog online gab, und im Spätherbst war mein Text „Navigieren durch den inneren Raum. Ein Beitrag zur Jürgen Ploog-Rezeption“, den ich am 15.08.2023 auf manafonistas gepostet habe, ziemlich weit oben in der Liste und Herrn Rüger gelang es, über den Verleger meiner Gedichtbände mit mir Kontakt aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war das Manuskript für den Ploog-Reader eigentlich schon abgeschlossen, aber auf eine Woche kam es nicht an. Das Buch versammelt nur bislang Unveröffentlichtes; deshalb sollte ich etwas Neues schreiben. Nach einer Woche schickte ich Herrn Rüger meinen Text mit dem Titel „Allein mit dem eigenen Nervensystem“, der nun im Kapitel „Memories“ gelandet ist.

Spaces between spaces. Das Buch hat einen dokumentarischen Charakter. Jeder, wirklich jeder Beitrag hat mich berührt und ein Text ganz besonders. Alles ist authentisch, aufrichtig und ehrlich. Ja, und obwohl ich von Jürgen Ploog fast alles gelesen habe, habe ich noch viel Neues und Überraschendes gesehen und erfahren. Zum Beispiel, wie ihn andere, die ihn nicht aus dem Underground kannten, entdeckten: Durch einen Zufallsfund in einem Antiquariat oder im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit. Bei mir war es ein Plakat auf einer Litfaßsäule mit der Ankündigung einer Lesung und einem großen Portraitfoto. Es war auch dieses Bild, das mich vom Fahrrad absteigen ließ. Jürgen Ploog war ausgesprochen fotogen. Das Buch enthält zahlreiche Fotos, die ihn seit Anfang der 70er Jahre in seinem Umfeld zeigen. An einem Imbisstisch mit William S. Burroughs im Berliner Zoo, bei einer Cut-up-Session in mehreren Schnappschüssen in die Tasten einer Schreibmaschine hauend, um einen Wohnzimmertisch sitzend mit jungen Männern und – Frauen? Nein, Anfang der 70er trugen junge Männer langes Haar. Viele Bilder stammen von professionellen Künstlern wie Walter Hartmann, dessen Grafiken den Underground geprägt haben; die Ästhetik ist unglaublich gut.

Im Zentrum stand für Jürgen Ploog immer die Suche nach einem Zustand, den es realiter nicht gibt. Am 5. Mai 2015 schrieb er in sein Tagebuch: „Die nie greifbare Realität des Lebens, einer Existenz. Berühre sie & sie zerfällt, übrig bleiben Fiktionen, Legenden, Formeln, die sich beliebig verändern lassen.“ Und so enthält natürlich auch dieses Buch sehr verschiedene Blickwinkel und widersprüchliche Wahrnehmungen. Mir fiel auf, dass ein paar vielleicht zentrale Begriffe in unterschiedlichen Texten vorkamen, so dass man Verbindungslinien ziehen könnte. Wie immer im Zusammenhang mit Jürgen Ploog kann man auch in diesem Reader einiges entdecken, was im Dazwischen liegt.

Am 19. Mai 2025 wird das Buch „Ploog. West End“ in der Romanfabrik in Frankfurt vorgestellt. Wolf Wondratschek wird Texte von Jürgen Ploog vortragen. Es wird auch eine Podiumsdiskussion geben; auf dem Podium sitzen neben mir Ralf-Rainer Rygulla, Klaus Maeck und David Ploog. Geleitet wird die Diskussion von Rainer Weiss. Um 19:30 Uhr geht es los.

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