Stiller Hammer!
Es gibt Regisseure, sehr verehrte Regisseure, in deren Filme man mich nur für Summen im mittleren dreistelligen Bereich kriegt, wie Noah Baumbach, Richard Linklater und James Ivory, und es gibt Regisseure, da bin ich auf jedes neue Werk gespannt, wie etwa bei Thomas Vinterberg. Entscheidend für alles in der Kunst, was einem viel bedeutet, ist nie der fundierteste Zeitgeist, oder der klügste Durchblick, somdern ein merkwürdiges „Interstitium“, ein „in between“ zwischen Subjekt und Objekt.
Nach „Der Gott des Waldes“ von Liz Moore hatte ich das kleine Problem, einen Roman zu finden, das mich genauso packt. An die fünf Leseproben habe ich bei Kindle runtergeladen, und alles waren in meinen Augen Flops, sogar ein Roman dabei, der eine Riesenfangemeinde hat, und den ich nach 6 % in die Tonne geschmissen hätte, wäre es nicht eine virtuelle Kostprobe gewesen. Ich meine den ersten, epischen Kriiminallroman von Joel Dicker. Dann las ich, nachdem mir die Serie der Verfilmung des ersten Romans einer nordic noir-Serie mit Nora Sand ganz gut gefallen hatte, den zweiten Roman „an“. Aber leider tummelten sich da in den ersten zehn Prozent so viele Klischees, und teilweise grosser Quatsch, dass ich es kopfschüttelnd zur Seite legte. Und so ging das Weile weiter, bis mir der Roman in die Hände fiel, den ich hier abgebildet habe. Hammer!

Ein ruhiger, fast schon stoischer Erzählfluss, australisches Hinterland, eine ohne jedes Trara schlicht ergreifend ausgebreitete Story. Hier wird nicht die Welt verhandelt, lediglich ein kleiner Erdenwinkel ausgeleuchtet. Mehr wird nicht verraten, ich bin gerade mitten drin. Wäre ich noch auf der Suche, würde ich wohl ein zweites Mal in meinem Leben Richard Powers „versuchen“, nach Olafs Beschreibung. Wie war das mit der zweiten Chance? Damals, das Buch, edle Langeweile, eine Minderheitenmeinung schon damals – ich strandete früh. Was Olafs weitere Seelennahrung im März betrifft: ich kenne und mag diese alte Scheibe von Vincent Gallo auf Warp“, aber von einem dezidierten Republikaner höre ich mir nichts an. Gallo hat damals schon manchen Schwachsinn erzählt, aber irgendwann ist auch gut. In die von Olaf im Superflow erlebte Agentenserie kam ich nie wirklich rein, ich wollte es mögen, aber es funzte nicht. Mir ist das zu sehr auf Effekt gebürstet, die Schauspielre toll, aber die Figuren zu statisch. Die Serie, die alles andere in diesem Jahr bislang in den Schattens stellt, ist das umfassbar gute Flüchtlingsdrama von Thomas Vinterberg über ein langsam versinkendes Dänemark. Ich glaube, ich bin Thomas Vinterberg-Fan! Er hat eine Filmsprache, die mich mitreisst, und die ich überall erkennen würde. In der Mediathek der ARD.

Paul Bleys „Open, to love“ liebe ich, seit ich die Platte 1973 kaufte, und Olafs Gedanken haben mich darin bekräftigt, eine kleine Änderung in meinen „März-Horizonten“ vorzunehmen. Ich liebe Alabasters neue Musik, und es ist mein meistgehörtes „Songalbum“ (mit vielen Instrumentals) in diesen Wochen! Und Don Cherrys „Relativity Suite“, ein Traum! Immer wieder! Ich weiss gar nicht, ob ich dazu tanzen oder schweben möchte. Dazu passt natürlich die Natural Information Society, das neue Album ist schon in der Stoffsammlung für die „Mai-Horizonte“! Genauso wie das Album, dessen Cover hier zu sehen ist, mit dem Titel „The Wind That Has Not Touched Land“. Mittlerweile wurde am Rande der „Bitter Wash Road“ ein Toter gefunden.
7 Kommentare
Olaf Westfeld
Die drei anfangs erwähnten Regiesseure finde ich natürlich alle super (Boyhood = ein Lieblingsfilm) und „epische Langeweile“ ist sowieso genau meine Kragenweite 😉
Wir haben hier überlegt, was wir schauen: zur Auswahl standen Slow Horses, die Vinterberg Serie und diese deutsche KrimiSerie im ZDF mit Nina K. (komme gerade nicht auf den Titel). Keine Ahnung wie wir dann zu den abgewrackten Agenten gekommen sind – aber da passt es. Die anderen beiden kommen noch dran.
Und: hätte ich mal nie herausgefunden, was der Gallo für ein Freak ist – da hatte ich das Album schon.
„The Wind That Has Not Touched Land“? passt auch zur Relativity Suite – ich schwebe dadurch…
flowworker
Schönes Schweben!
Ja, SPUREN auf der Arte Mediathek mit Nina K. Ist auch sehr gut, wir texteten hier einiges darüber.
Gut, dass wir bei manchen Regisseuren bzw. etlichen Filmen von ihnen oft weit auseinanderliegen, anders als bei Musik. Es wäre ja auch langweilig anders.
Ich war mal ganz alleine in Paris so um 1992 herum, um Pierre Favre und Tamia im 6. Arrondissement zu besuchen. Ein interessantes Interview, das es in Jazzthetik und den Deutschlandfunk schaffte.
Nach einer Nachtfahrt landete ich in einem Hotel, in dem Eno einst mal war mit seiner Freindin Judy Nylon war, anno 1974,, eine kleine Welt des 18. Jahrhunderts. Leider war ich nur kurz dort, die kleinen Minihäuser waren ausgebucht, ein Fax von mir verloren gegangen.
Icn landete, bevor die Sonne aufging, im winterlich verschneiten Jardin du Luxembourg. Dort sass ich auf einer Bank und sah den Brunnen in meiner Nähe, wo 1973 vor meinem Augen ein paar Hippies Ohio von Crosby Stills Nash and Young spielten: das Mödchen mit der Leadstimme werde ich nie vergessen. Und wieder sah ich sie alle vor mir, an einem Sommertag in weiter Ferne, eine Träumerei. Ich schwebte einem Tag durch Paris, müdigkeitstrunken, ohne eine Freundin an meiner Seite. Ohne Worte. Das war mein BEFORE SUNSET! ….
Und ich war 100 prozentig voller Leben, jede Sekunde übermüde, überwach. Unverfilmbar. Pure Melancholie. Sowas Ähnliches erlebte ich auch oft in einigen Liebingsfilmen! Eine andere Geschichte.
m.e.
Norbert Ennen
Ganz genau, Olaf. Nichts gegen Baumbach & Linklater.
Olaf Westfeld
& three cheers for epic boredom!
dir müsste doch eigentlich das butterfly album gefallen, oder Norbert?!
Olaf Westfeld
& ja, durch die texte hier kam ich auch auf „spuren“ bzw. die vinterberg serie. ich vermute, wir werden in der osterzeit noch ein bisschen streamen und dann wird der fernseher für ein paar monate staub fangen – mal sehen. die beiden genannten stehen dann ganz oben auf der liste.
alex
Dass Gallo so ein schlimmer Redneck ist, und jetzt ein riesiger Trump-Fan war mir auch nicht so wirklich klar, aber ich habe auch dieses ruhige Album mit seiner fragilen Stimme von 2001, „When“ heißt es und es ist phantastisch und der kurze Auszug, den ich vom neuen Album gehört habe, war auch sehr vielversprechend, weite Räume öffnend, an die späten Talk Talk erinnernd. Abgedrehte politische Gesinnung und wundervolle Musik schließen sich nicht aus. Das ist ja auch in der Literatur so, Benn’s Haltung zum Nationalsozialismus war lange mehr als opportunistisch und trotzdem hat er die großartigsten Gedichte des 20. Jahrhunderts in deutscher Sprache geschrieben. Von Céline gar nicht zu reden, der den Argot in die Schriftsprache eingeführt hat und unbeschreibliches Kriegsleid sprachmächtig beschrieben hat. Ernst Jünger, insbes. die Tagebücher habe ich immer gerne gelesen, weil er dahin gegangen ist, wo es weh tut, wo es interessant wird. Trotzdem war seine politische Anschauung eher dubios. Rolf Dieter Brinkmann war ein egozentrisches Riesenarschloch und trotzdem habe ich „Rom, Blicke“ damals verschlungen. Ich halte nullkommanix vom Canceln, wenn man das konsequent betreiben würde, müssten wir alle schweigen.
flowworker
Dann bin ich ja ganz allein heute im Kino, wenn ich William Wylers grossartigen Western The Big Country mit Gregory Peck sehe 😂