Ruperto
Auf der linken Seite sitzen nur Männer und spielen Domino, vorne am grossen geöffneten Fenster spielen zwei Alte Gitarre. Jeden Abend kommen sie in die Bar und spielen ihre Lieder. Sie singen vom Heimweh nach Venezuela. Es sind Einheimische, Herreños, die wieder zurück auf ihre Geburtsinsel El Hierro gefunden haben, nachdem sie viele Jahre in Übersee waren. In der Bar herrscht eine düstere Stimmung, die Männer schweigen beim Hin und Herschieben der Steine, immer wieder fasziniert mich diese Stille beim Spiel.Es ist das Fremde, das mich beeindruckt, das Kommunizieren ohne Worte. Domingo Pio heisst der Mann an der kleinen Gitarre, der Temple. Ihm hat der beste Gitarrist der Insel, Ruperto, eine musikalische Hommage gewidmet. Mir gelang es, Ruperto zu einem kleinen Interview zu gewinnen:
Ruperto, kommst du aus einer musikalischen Familie, sang deine Mutter, spielte dein Vater ein Instrument?
Ja, mein Vater war Musiker, er spielte Geige, Temple, Gitarre und Banduria. Und meine Mutter sang sehr gerne.
Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen?
Mit 8 Jahren.
Hast du dir das mehr oder weniger selber beigebracht?
Ja habe ich- Wer hat dir deine erste Gitarre geschenkt?
Mein Vater hatte eine zuhause.
Hast du dann in einer Jugendband gespielt oder immer alleine?
Mit einer Schülerband.
Deine Frau und deine Söhne treten auch zusammen mit dir auf. Hast du deine Frau auf einem Konzert kennengelernt?
Ja auch das ist richtig.
Dir macht es auch viel Freude zu singen. Die Texte sind alle von dir, woher nimmst du die Inspiration für sie?
Aus dem täglichen Geschehen, was ich so beobachte im Dorf und den Menschen hier.
Spielst du am liebsten alleine oder in Gruppen?
Ja vorzugsweise alleine.
Vielen Dank Ruperto für das Interview.
Mich interessieren in jedem Land die Interaktion zwischen Naturräumen oder auch Grossstädten und Tönen, Klängen. Wie kommt es, dass die Musik der Insel relativ gleich klingt, egal , ob es Kirchenlieder oder Folkloreanlässe oder gar Tangotakte sind. Ihre Pito, so heisst die einheimische Flöte hat, nur 8 Töne, genau wie die irische Pipe. Sie bringt aber erstaunlich vielfältigere Melodien hervor , man höre mal The Road to Kilkenny zum Vergleich. Die Einheimischen sind stille genossen. Sie führen ein hartes Leben in der kargen Wirtschaftswelt. Sie sind Fischer und Schäfer und romantisieren nicht das Meer, so wie es Rio Reiser in dem Lied „Übers Meer“ singt.Ruperto besingt in seinen Songs das stille Meer, Mar de las Calmas,die Erde, das Licht, die Frauen und die Freunde. Mehrere Texte gehen über die Bäume, die Pino Verde, den Wasserspenderbaum, über den Sabina, das Wahrzeichen von El Hierro. In seinen sehr langen Balladen ähnlichen Liedern singt er über die Verzweifelten, die Migrationsbewegungen über Familienbanden, und hebt immer wieder di Mutter hervor,“Madre del Herreño“ heisst mein Lieblingslied. Als ich ihn bat mir drei Texte von den Songs zu geben, die mir am besten gefallen, lacht er und sagt, das ist alles nur in meinem Kopf. Er kann auch keine Noten, er spielt alles aus dem Kopf. Diese einfachen Melodien haben einen gewinnenden Ausdruck von musikalischer Schönheit- Oder wie Joachim Ernst Berendt es besser sagt: Wenn Formen uns vertraut werde, brechen kulturelle Barrieren ein.