Der Neubeginn

Sie betrat den neuen Ort, wo sich die Häuser aneinander schmiegten wie die Kühe auf einer sommerlich kargen Weide, unter dem einzigen schattenspendenden Baum. Mit der Höhenluft hatte sie keine Probleme, eher mit der Kälte und den glatten Wegen. Letzte Nacht hatte es minus 10 Grad, sie war froh, dass ihr Herz nicht eingefroren war. Sie hatte den anderen Ort verlassen, weil ihr die Menschen dort lieblos, achtlos und unfreundlich vorkamen. Es gab eine Ausnahme, eine Jugendbuchschriftstellerin hatte sich zunächst als freundschaftstauglich erwiesen, was sie dazu veranlasste, länger an diesem Ort zu bleiben. Dieser Trugschluss wäre ihr fast zum Verhängnis geworden. Das Hinübergehen zu dem anderen Ort war zwingend. Schnell entdeckte sie durch das Staunen über die beeindruckende Naturlandschaft neue Lebensblicke. Die bizarre Bergwelt war eigentlich nicht ihre auserwählte Landschaftsform, das ewige Hoch- und Hinunteruntergehen empfand sie als Stagnation. Dagegen bot der weite Ozean mehr Raum für ihre abzuladene Welt. Trotzdem spürte sie die magische Anziehungskraft der tiefen Bergseen, die Miniaturen ihrer gewohnten Lebenswelt darstellten. Es gab einen Maler, Ferdinand Hodler, der ihre beiden Formationen grossartig und vor allem künstlerisch tröstend verbinden konnte. Als die Gondel sie einlud, den Gipfelkranz aus der Höhe andächtig zu betrachten, spürte sie, dass sich stets in jedem Neubeginn , trotz kleinerer Verwerfungen, eine solide, feste Form findet..

Für das Neue Jahr alles Gute. (L.N.)

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