Lee

Once again I’m annoyed by film criticism. As a family excursion we went to see ‘Lee’, showing in German cinemas as ‘Die Fotografin’ (‘The Female Photographer’), with Kate Winslet as Lee Miller. The reviews I had read beforehand, admittedly only skimming through them, were largely very negative, so I was hesitant as to whether it was worth watching the film at all. It’s a mystery to me how movie critics can be so unjust in their treatment of a film that is – by objective standards – good, especially given the way other films I’ve seen in recent months have been reviewed and often ‘waved through’ in a very complimentary manner and without any major criticism. Nothing wrong with that for the time being, but when compared to ‘Lee’, I’m astounded and upset. And it annoys me even more when I compare this with similar films with historical themes that are screened for a very similar, more or less middle-class Charlottenburg audience in the same theatres. 

Certainly, ‘Lee’ is not radical art cinema like ‘Zone of Interest’ or a harrowing war thriller like ‘Civil War’. But at no point is that its intention. Yes, well, the film is by and large a conventional ‘biopic’ about a famous person of the 20th century, with the usual historically accurate buildings, costumes and hues, produced with the mainstream appeal of shining a light on a person from history and telling an emotional and psychological drama about life and art. So far, so good. But the fact that the film is written and directed with a great deal of subtlety and numerous well-judged decisions – as are many others – does not warrant any disparaging criticism. 

And then it seems that it has been completely ignored that anyone who hasn’t just started watching films yesterday, but has already seen dozens, if not – like me – hundreds of comparable films about more or less similar subjects, themes, characters and stories, i.e. anyone can easily see that in this film, from front to back, so many major and minor screenwriting and directing decisions were made by female screenwriters and a female director; countless details differ from the viewpoint that dozens of male writers and directors have shown in comparable films for decades. The difference is so striking throughout the film that it carries far more weight than the question of whether this is the umpteenth historical biopic set during the 1940s in Central Europe. 

Ellen Kuras, who has shot many award-winning and outstanding feature films and documentaries as a cinematographer over decades, with countless (very) big directorial names, many works that have remained in my memory without me realising that they were all captured by the same person’s camera, demonstrates in countless creative decisions, that even topics that we seem to have seen until we’ve fallen asleep can be told with a respectful perspective that takes the audience and the treated ‘material’ (= themes as well as historical figures) seriously, so that attentive viewers are continuously captivated and can actually witness a female gaze. What’s more, the director and the film succeed in addressing present-day issues without making a big fuss and in tackling the topic of depicting, documenting, looking away from or at horrors in a confident and respectful way. 

I am astounded that these issues are not acknowledged and certainly not appreciated. 

At first (superficial) glance, the film looks no different from ‘all the others’ – but if you just pay attention, you will see so many things that differ from ‘all the others’ that you can’t even begin to name them. And it’s not as if these are all wrong decisions that make no sense. 

4 Kommentare

  • Ingo J. Biermann

    Wieder einmal ärgere ich mich über Filmkritik. Als Familienausflug besuchten wir „Lee“, in deutschen Kinos unter dem Titel „Die Fotografin“ zu sehen, mit Kate Winslet als Lee Miller. Die Kritiken, die ich vorher, zugegeben nur überfliegend, wahrnahm, waren weitestgehend sehr negativ, und so zögerte ich schon, ob es sich lohnt, den Film überhaupt zu sehen. Es ist mir ein Rätsel, wie man als Filmkritiker so ungerecht mit einem – durchaus nach objektiven Maßstäben – guten Film umgehen kann, gerade auch, wenn ich das damit in Relation setze, wie andere Filme, die ich in den letzten Monaten gesehen habe, besprochen wurden und dabei doch oftmals sehr freundlich und ohne größere Kritik, ich sag mal, „durchgewunken“ wurden. Daran ist ja erstmal nichts Schlimmes, im Vergleich mit „Lee“ erstaunt und verärgert mich das dann doch. Und noch mehr ärgert es mich, wenn ich das mit vergleichbaren Filmen mit historischen Stoffen vergleiche, die für ein sehr ähnliches, mehr oder weniger bürgerliches Charlottenburger Publikum in den gleichen Kinosälen laufen.

    Klar ist „Lee“ kein radikales Kunst-Kino wie „Zone of Interest“ oder ein erschütternder Kriegs-Thriller wie „Civil War“. Aber das ist auch zu keinem Zeitpunkt sein Anliegen. Ja, gut, der Film ist im Großen und Ganzen ein konventionell daherkommendes „Biopic“ über eine berühmte Person des 20. Jahrhunderts, in gewohnt historisch akkuraten Bauten, Kostümen und Farbtönen, produziert mit dem Mainstream-Appeal, eine Person der Geschichte zu beleuchten und dabei ein emotionales, auch psychologisches Drama über das Leben und die Kunst zu erzählen. So weit, so gut. Dass der Film aber mit viel Feinsinn und vielen guten Entscheidungen geschrieben und inszeniert ist – wie zahlreiche andere –, verdient keine Sorge abwertende Kritik.

    Und dann scheint vollkommen übersehen worden zu sein, dass jeder, der nicht erst seit gestern Filme schaut, sondern bereits Dutzende, wenn nicht – wie ich – hunderte vergleichbare Filme über mehr oder weniger ähnliche Themen, Stoffe, Figuren und Geschichten gesehen hat, also jeder kann ohne Probleme sehen, dass in diesem Film von vorne bis hinten, so viele große wie kleine Drehbuch- und Regieentscheidungen von Drehbuchautorinnen und einer Regisseurin getroffen wurden; unzählige Details unterscheiden sich von dem Blick, den Dutzende männliche Autoren und Regisseure seit Jahrzehnten in vergleichbaren Filmen zeigen. Das ist den gesamten Film durch so eklatant, dass das weit mehr Gewicht hat als die Frage, ob es sich hier um das x-te historische Biopic während der Vierzigerjahre in Mitteleuropa handelt.

    Ellen Kuras, die über Jahrzehnte als Kamerafrau viele preisgekrönte und hervorragende Spiel- und Dokumentarfilme gedreht hat, mit unzähligen (ganz) großen Regie-Namen, viele Werke, die mir nachhaltig in Erinnerung geblieben sind, ohne dass mir bewusst gewesen wäre, dass sie alle von der Kamera derselben Person festgehalten wurden, sie zeigt in unzähligen kreativen Entscheidungen, dass man auch Stoffe, die man bereits bis zum Einschlafen abgegrast gesehen zu haben scheint, mit einem respektvollen, das Publikum und das verarbeitete „Material“ (=Themen wie historische Figuren) ernstnehmenden Blick so erzählen kann, dass man als aufmerksamer Zuschauer immer wieder einbezogen wird und eben tatsächlich einen weiblichen Blick, einen „female gaze“ erleben kann. Und darüber hinaus gelingt es der Regisseurin bzw. dem Film, ohne viel Aufhebens gegenwärtige Fragen anzusprechen und das Thema des Abbildens, Dokumentierens, Hin- und Wegschauens im Angesicht des Grauens souverän und respektvoll zu thematisieren.

    Es frappiert mich, dass das nicht gesehen und schon gar nicht wertgeschätzt wird.

    Auf den ersten (oberflächlichen) Blick macht der Film nichts anderes als all die anderen — wenn man aber einfach nur zuschaut, sieht man so vieles anders als bei „allen anderen“, dass man es gar nicht mehr aufzählen kann. Und es ist ja nicht so, dass das alles falsche Entscheidungen wären, die keinen Sinn ergäben.

  • Michael

    You made some good points. We will take seats in our local Eden Cinema. At least there are some good reviews around … j prefer not to read any if them before watching …

  • radiohoerer

    Hallo Ingo.
    Ich gebe dir zu 100% Recht!
    WIr waren gestern im Kino und haben diesen außerordentlichen Film gesehen. Die Kritiken dazu erzählen eine andere Geschichte. Ein tolle Arbeit von Ellen Kuras und „Hut ab!“ vor Kate Winslet. Ich hoffe nur, das recht viele diesen Film sehen werden.

  • Olaf Westfeld

    Als ich den ersten Satz gelesen habe musste ich ein bisschen schmunzeln – und es scheint mir wie immer treffend zu sein. War auch verwundert, dass der Film eher reserviert aufgenommen wurde. „Lee“ ist (na klar!) genau mein Fall – leider schaffe ich es momentan nicht ins Kino, von daher wird der wohl gestreamt.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert