Nichtsdestotrotz

Einer muss es ja tun. Das neue Album der Pet Shop Boys vorstellen nämlich. Na gut also, hier ist es.

Das fällt mir nicht mal schwer, es ist nämlich gut. Das hätte nach vier Jahren Covid-Pause seit Hotspot auch anders ausgehen können, aber es hat funktioniert. Das letzte Album, das die Fans noch richtig in zwei Lager gespalten hat, war Super, und das ist immerhin schon acht Jahre her. Jetzt bei Nonetheless, ihrem, wenn ich richtig zähle, fünfzehnten Album, mit dem sie wieder zu Parlophone zurückgekehrt sind, wird das kaum passieren.

Das Album ist solide Popkost mit sofort erkennbarem Sound. Neil Tennant wird in ein paar Wochen 70, man hört es seiner Stimme nicht an, inhaltlich hat er sich in die Rolle des Elder Statesman hineingefunden, und skandalfrei war die Band immer. Chris Lowe findet Melodien und Sounds, die … ja, fast möchte man mit Bert Kaempfert sagen: die nicht stören . Der Produzent ist James Ford, dem es hier gelingt, orchestrale Klänge fast unauffällig ins Klangbild einzuschmuggeln, insgesamt aber sorgen sie für einen leichteren Sound als man ihn von früheren PSB-Platten kennt. Dass die Jungs auch mal Kraftwerk gehört haben müssen, kommt gelegentlich durch, etwa in Gestalt der „Zap“-Percussion in „Feel“, aber das wird man als freundlichen Gruß ansehen dürfen. Und auch, wenn man manche Melodien auf Nonetheless schon irgendwo so ähnlich gehört zu haben glaubt: Geklaut ist hier nichts. Tennant und Lowe müssen nichts mehr beweisen, sie machen einfach „ihr Ding“, wie man in Hamburg sagen würde. Wer genauer wissen möchte, weshalb das funktioniert, sei auf das neulich ausgestrahlte BBC-Portrait hingewiesen.

Dass die beiden zeitweilig in Berlin leben, wird deutlich in dem einzigen Stück, das bei manchen ein wenig Kopfschütteln ausgelöst hat: „The Schlager Hit Parade“. Das ist ein etwas seltsamer Track: Für eine Schlagerparodie ist er weder textlich noch musikalisch angriffig genug, für eine Charakterisierung deutschen Musikgeschmacks kommt er wiederum zu gemütlich dahergeschuckelt. Der wirkliche deutsche Schlager scheint mir inzwischen fast härter zu sein.

Nach wie vor fasziniert mich die Stilsicherheit, mit der das alles inszeniert wird, von den Fotos bis in die Typografie. Dass der erste Erfolg der PSB, „West End Girls“, tatsächlich schon 40 Jahre auf dem Buckel hat, hört man ihm nicht an — das Stück könnte fast unverändert auch heute veröffentlicht werden. „Es gibt im Pop keine Alterdiskriminierung mehr“, sagte Neil neulich im Guardian. Was nicht heißen soll, dass die beiden keine Entwicklung durchgemacht hätten. Aber die Veränderungen in den Sounds und Arrangements sind subtil. Die „DeLuxe“-Edition kommt mit einer zweiten Scheibe, die das beweist:

Die heißt Furthermore und enthält vier Neueinspielungen alter Titel. Kann man machen, muss man aber nicht. Die Tatsache, dass die Originale immer noch genauso gut funktionieren wie diese neuen Versionen, spricht genau für die Zeitlosigkeit der Stücke und ihrer Arrangements.

Wir sind gespannt auf Nummer 16.

2 Kommentare

  • Michael Engelbrecht

    James Ford ist ja schwer gefragt und ein Qualitätssicherer, bei Beth Gibbons wohl noch mit mehr Input, hier alles sehr dezent in den „flow“ eingearbeitet😉 Und Gutes leistete er auch auf dem letzten Album von Blur, das mit dem genialen Cover (Schwimmbad vor dunkler Landschaft)….

  • ijb

    Ich hab das Album gestern im Zug zum ersten Mal angehört. Ich fand’s auch echt gut. Trotz ein paar „Malen-Nach-Zahlen“-Momenten scheint es mir insgesamt, so als Album, sogar besser, souveräner zu sein als die (doch zumeist recht guten) Alben der letzten 20 Jahre. Oder 25 Jahre schon?
    Nur diese Schlager-Hommage-Nummer … naja, not my cup of tea.

    Die zweite CD mit den Neueinspielungen hab ich noch nicht gehört. Gibt’s die auch online irgendwo? Gekauft hab ich das Album (noch) nicht, weil limited edition mit 28 Euro doch absurd teuer.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert