• Sheltering Skies (2 – short review of double vinyl)

    27. Juli 1982 an der Cote d‘Azur. King Crimson touren mit dem neu formierten Quartett (Fripp, Belew, Bruford, Levin) durch Europa, meist zusammen mit Roxy Music, und machen Station in Fréjus. Wenn Platten besprochen werden, besteht ein wiederkehrendes Lieblingsmotiv der Musikkritk in dem Ausdruck „dead quiet vinyl“. Nun, diese 200 Gramm-Pressung kommt dem nahe – die komplette Aufnahme ist von roher Direktheit, hyperrealistisch fast, und wer die studiotechnischen Brillianz und Balance der drei Platten des Quartetts kennt, nimmt hier erst mal Adrian Belews Härte 10 auf der elektrischen Gitarre zur Kenntnis, in den ersten dissonanzfreudigen Minuten dieses Doppelalbums. Das klingt und ist knallhart, kein Schmeichler zum Auftakt, und kein Röhrenverstärker würde für mildernde Umstände sorgen. Aber die Ohren adaptieren die Wucht. Das Quartett belegt mit diesem Aufritt einmal mehr, dass King Crimson wohl die einzige Gruppe aus der Ära des Progressiven Rock war, die sich vom Punkvirus äusserst kreativ inspirieren liess. Obwohl Robert Fripps neue Kompositionen einmal mehr ausgeklügelt, detailversessen und anspruchsvoll sind, wird hier rein gar nichts notengetreu abgeliefert. Oder makellos reproduziert. Alles kann jederzeit Feuer fangen. Und fängt Feuer. Deswegen macht hier auch eine andere Lieblingsformel der Musikkritik Sinn: play it loud!