• July Listening

    In diesem Jahr war der Sommerurlaub kurz und hat uns 9 Tage mit dem Deutschlandticket durch drei Städte geführt: Leipzig, Dresden und Regensburg sind alle mehr als eine Reise Wert, nicht nur wegen zahlreicher sehr gut sortierter Schallplattenläden, aber die machen sie nicht unattraktiver. Von dem bizarren Moment, als in der Krypta des Völkerschlachtdenkmals die Klänge von Jan Garbarek mit dem Hilliard Ensenble durch das Gewölbe schwebten, habe ich schon irgendwo in einem Kommentar berichtet. Unheimlich. Dann hatte ich noch die Gelegenheit, in der Frauenkirche ein Orgelkonzert zu erleben. Auf dem jährlichen Jazz Weekend in Regensburg, dass sich auch einmal zu einem Treffen eignen würde, habe ich in toller Atmosphäre nicht nur das Viertelfinale Spanien – Deutschland (was für ein Fußballspiel!), sondern auch einige wirklich gute Formationen gehört (ICI Ensemble, Arktus Ascending, Gerwin Eisenhauer – um nur einige zu nennen). Aber ich schweife ab.

    Regensburg war das letzte Ziel der Reise und da war mein Budget für Schallplatten aufgebraucht. Whispers Records in Leipzig und vor allem der sehr sympathische Sweetwater Record Store in Dresden hatten einige 2nd Hand Schallplatten für mich aufbewahrt. Zwei habe ich schon intensiver gehört.

    Cloud About Mercury von David Torn (Ingo hat dieses tolle Interview über das Album (und mehr) geführt), 1987 veröffentlicht und kein echtes Jazz Album in meinen Ohren, eher ein Avantgardrock Abenteuer. Als ich die erste Seite umdrehte, war ich etwas enttäuscht. Die Klänge waren mir zu stark bearbeitet, das Gitarrengegniedel zu selbstverliebt, die Rhythmen zu zickig – Mucke für Mucker, dachte ich, bis auf das erste Stück hatte ich den Eindruck, dass das nichts für mich sei. Nach mehrmaligen Hören finde ich die Klänge immer noch sehr in ihrer Zeit verhaftet, kann ihnen aber mehr abgewinnen. Die zweite Seite war allerdings schon beim ersten Hören großartig, bei Network Of Sparks bleibt die Welt kurz stehen.

    Ganz und gar nicht in den 1980er Jahren verhaftet ist Axum von James Newton, seiner einzigen Veröffentlichung für ECM. Das Album besteht ausschließlich aus Flötenklängen, oft Solo, oft begleitet Newton sein eigenes Spiel (Overdubs), zum Teil hört man seine kehlige Stimme während er Flöte spielt. Die Aufnahmen aus dem August 1981 docken nur scheinbar an gerade viel gehörte und besprochene Alben an (Shabaka, André 3000), Axum ist ein ganz anderes Gebräu: wieder kein echtes Jazz Album, zum Teil sehr archaisch wirkende Klänge (Mälak ‚Uqabe, Axum), zum Teil Stücke, die sich für meine Ohren nach Impressionismus anhören (The Neser). Überflüssig bei ECM Alben die Aufnahmequalität zu erwähnen, aber die vielen Klangschattierungen und -färbungen des Flötenspiels verleihen dieser Arbeit ihre Tiefe.