• Sunny, Sugar, und Co. (Serientalk)

    Du kennst mich also aus dem Guardian, Michael!

    Ja, als Serienspezialistin, Lucy, und weniger die Lucy aus dem siebten Himmel mit Diamanten. Manche deiner Besprechungen teile ich völlig, andere weniger. Zum Beispiel schwärmtest du neulich von einer Neuverfilmung eines Agatha Christie-Krimis, aber das war nicht meine Tasse Assam, zu kapriziös und überinszeniert. Wenn wir beide einer Meinung sind, dan folge ich deinen wöchentlichen „recaps“ zu der jeweiligen Serie mit Hochgenuss!

    You’re welcome! Sag mir mal deine aktuellen Serienfavoriten!

    Mhmmm… Okay. Also, Nummer 1: Sugar. Nummer 2: Criminal Record. Nummer 3: Under The Bridge. Alles Serien, die man hier in Deutschland sehen kann bei Apple oder Disney. Alles Krimnalserien „with a twist“, wie ihr Engländer sagt. Mal ein Hauch Sci-Fi, mal „based on true events“, mal „gritty realism“. Und in meinen Augen durchweg „deep stuff“…

    Drei Knaller, keine Frage.  Speziell an Sugar teilen sich die Geister. Aber ich war auch sofort „in der Geschichte“.  Nun mein Tipp: auf dem Papier sieht diese neue Apple-Serie  namens Sunny wie ein perfektes Beispiel für den Mist aus, der üblicherweise in die Sommerprogramme geschaufelt wird. Die Verantwortlichen denken, dass wir draußen im herrlichen Sonnenschein etwas unternehmen, anstatt wie immer verzweifelt nach etwas zu suchen, das uns unterhält. Was ist nur los mit diesen Leuten? Ich wette, es sind dieselben, die bei sommerlichen Dinnerpartys „einen herzhaften Salat“ servieren, statt einer richtigen Mahlzeit, als ob man zwischen Juni und August keinen Körper zu versorgen hätte. Entschuldigung, wo war ich?

    Bei Sunny, Lucy!

    Ja, genau. Die Zusammenfassung: Eine trauernde Frau im Japan der nahen Zukunft tut sich mit einem Roboter zusammen, um das Geheimnis des Verschwindens von Sohn und Ehemann bei einem scheinbar tödlichen Flugzeugabsturz zu lüften. Oh Gott! Glücklicherweise gewährt uns besagter Gott gelegentlich einen Segen – und die Entfaltung von Sunny ist ein solcher. Der Film beginnt mit Blutspritzern an einer orangefarbenen Wand, als ein Roboter die Menschen im Wohnzimmer um ihn herum niedermacht. Mehr wird nicht verraten. Also, mach mal den Pilotfolgentest, und melde dich. 

  • Aus der Jazzredaktion des Deutschlandfunks (für Jürgen Becker)


    Seit 1990 ist das mein regelmässig wiederkehrender Blick auf Köln. Aus den Räumen der Jazzredaktion. Die 17. Etage des Funkhauses. Einmal, früh in meiner Zeit dort, wurde ein DDR-Spion vor meinen Augen abgeführt. Meinem Lieblingslyriker der alten Bundesrepublik begegnete ich im Fahrstuhl, er war dort Hörspielredakteur. Immer wieder bekam ich dort oben grünes Licht für Aufträge, zu Interviews nach München, London, oder Oslo zu reisen. Später durfte ich als verlängerter Arm von Harald Rehmann Konzerte zum Einkauf „klarmachen“, ob beim Punktfestival, Kristiansand, oder zuvor beim Festval Musica Visual de Lanzarote. Unvergesslich all die Erinnerungen an die Konzerte, etwa von Eberhard Weber und David Darling, solo, in den Höhlen von Jameos De Agua oder noch anderen, tiefergelegten Räumen wie dem Boden eines Vulkans, den Brian Eno und Peter Schwalm mit Klängen umspielten (und es wurde eiskalt). Und auch das Punktfestival hatte von Anfang an einen besonderen Zauber. Die Konzerte im Agden Theater, die Live-Remixe (Jon Hassell meets Sidsel Endresen), die Vorträge, die freundschaftlichen Bindungen. Zurück zum Sender: dreissig Jahre lang, immer wieder, in kurzen, später längeren Wochentakten, die Fahrten zum Nachtradio, für die „Klanghorizonte“, von Dortmund, später von Aachen aus, und zurück. Und zwischendrin die schönste Musik, Storytelling, und die kleine Besetzung, nachts, in einem grossen Funkhaus.

  • my three best jazz albums of 2024 (so far (out))

    At the end of a year at the Deutschlandfunk, at least for some time now, this is a big question: which three records you wanna choose? You will talk about them, you will defend them, you will sing their praise. So it‘s personal. A love affair of sorts. Some people will buy it and regret it, haha. Beforehand, there‘s another talk to happen: is there enough jazz in them to call them jazz albums, and the degree of improvising may add to the final impact of being seen and listened to as a jazz album. Sometimes the casual appearance of a blown horn may seal the deal. So here they are, after some (hopefully inspired) conversation with myself, my three best albums of this genre, in this year, so far, stretching a bit the limits of jazz (and all that jazz) 1) Shabaka: Perceive Its Beauty, Acknowledge Its Grace. 2) Eric Chenaux: Delights Of My Life. 3) Sidsel Endresen / Jan Bang / Erik Honoré: Punkt Live Remixes, Vol. 2. A friend of mine wrote about the impression this last album left on him, confessing how blown away he is from the track I recently played on air with „that African singer“. I take that as a special sign of approval: did he mean Sidsel or the sample in the back? Nevermind: just listen, it might turn into a delight of your life – to perceive its beauty, and acknowledge its grace.

  • Das Glück des Brötchenholers (1/3)


    „And o‘ my love, I still recall the pleasures that we knew
    The rivers and the waterfall, where in I bathed with you
    Bewildered by your beauty there, I’d kneel to dry your feet
    By such instructions you prepare a man for Boogie Street“

    (Leonard Cohen)


    Es hilft anzunehmen, diese kleine Geschichte in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts anzusiedeln, aber sie ist natürlich zeitlos. Und könnte sich auch morgen früh abspielen. Am Meer, auf dem Festland. Wenn wir miteinder Sex hatten, die Nächte ihrem besonderen Rhythmus folgten, in dem ausgiebiger Schlaf, intensive Träume, ein zweiter Akt, den Ton angaben, gab es immer auch, was wunder, den folgenden Morgen. In der Regel waren wir rauschhaft befriedet, das Vögeln hatte keine schwelenden Konflikte verschleiert, und fast jeder dieser Morgen mit wechselnden oder relativ konstanten Partnern war ein Fest. Ich glaube nicht, dass es Menschen hilft, zu lange im Nachdenken über das eigene Selbst zu verweilen – und warum?! Weil ich im Laufe der Jahre eine Lösung für alles Grübeln über die eigene Identität gefunden habe: das Glück des Brötchenholers. Die Frauen in meinem Leben (und ich spreche nun dezidiert, aus Gründen der literarischen Verdichtung , des „Plotting“, und des Augenzwinkerns von meinem Leben vor dem Millenium) waren zumeist sehr helle im Kopf, vedammt profunde Wesen (die Schönheit noch unverblichen), und wenn wir überhaupt den Sex der Nacht ins Frühstück einfliessen liessen, dann kannten all meine Gegenüber nur drei Wendungen für den Rausch: ficken, vögeln, oder miteinander schlafen. Fast eine Typologie: denn alle blieben einer dieser drei Wendungen treu. Es gab nichts anderes, meine zwei Londonerinnen lasse ich mal aussen vor. Ich tendierte selbst zu „miteinander schlafen“, und wunderte mich über manche meiner Kopfkissenteilerinnen, dass sie es Ficken oder Vögeln nannten. Mir schien das wenig romantisch, aber zugleich machte es mich an, und ich visierte gerne eine weitere Nacht an, und manchmal eine kleine Ewigkeit (Leonard Cohen konnte aus den Zwischenzonen der Exstase grosse Lieder schmieden.) Der entscheidende Faktor jedenfalls, welcher kritische Urteilskraft und pure Sinnlichkeit auf den Punkt brachte, war das Glück des Brötchenholers. Und der war in der Regel nun mal ich. Wenn ich beim Gang zum Bäcker spürte, dass meine Füsse sanft über dem Boden schwebten, wenn ich offen war für eine launigen Wortwechsel mit der Bäckersfrau, und Bilder der vergangenen Nacht unangestrengt den Akt des Brötchenholens begleiteten, war ich in milde Euphorie gehüllt, in schönes Einsssein mit der Welt ringsum, und hatte alle dringlichen Fragen des Lebens pulverisiert. Floating on a moment… Ich achtete auch auf den Strassenverkehr, damit es mit nicht so erging, wie dem Protagonisten in Francois Truffauts letztem Film. Das wurde zur Blaupause, und ein Dauerzustand. Im Glück des Brötchenholers wurde alles Fragen nach dem, was das Ich ausmacht, zu einer heiteren Luftspiegelung. Ich ging komplett im Transportieren der jeweiligen Brötchentüten auf, und so absurd sich das anhören mag, wenn man diese Zeilen laut liest, das ganze Leben wurde pure Gegenwärtigkeit, mein Bewusstsein ein Schwebebalken – zu den besonderen Geschenken, die das Leben bereithält, zählt fraglos das fast unsichtbare Lächeln einer Geliebten beim Rüberreichens des Honigtopfens: „Vögeln wir gleich wieder?“ Das war dann der Moment, da ich zu gerne Brian Enos „Music For Airports“ auflegte, und (wir sind in den Achtzigern) etwas später die Auslaufrille der Schallplatte den Soundtrack unseres Morgenficks begleitete.

  • Klanghorizonte (am fünfundzwanzigsten Juli)

    Part 1: DISTANT HORIZONS
    Ank Anum: Song of the Motherland (1985)

    (with words from Shabaka Hutchings)
    A Lily: Saru l-Qamar

    Arushi Jain: Delight

    Part 2: IN A STATION OF THE METRO
    Warrington Runcorn New Town Development Plan: Your Community Hub
    OTON (1) – Erik Honoré
    Erik Honoré: Triage
    (Punkt Editions)
    OTON (2) – Erik Honoré
    Pan American & Kramer: Reverberations Of Non-Stop Traffic on Redding Road


    Part 3: EROS NEVER STOPS DREAMING
    Beth Gibbons: Lives Outgrown
    William Parker & Ellen Christi: Cereal Music 
    (In memory of) Richard Horowitz: Eros in Arabia (1981)

    (Richard Horowitz)

    If I were to think of the most memorable concert experiences of my life, the performance by Sussan Deyhim and Richard Horowitz at Che-Coo-la-la in Dortmund in 1987 or -88 would be one of them. And not because ithere happened the first interview I ever did with musicians. The two of them were, no rocket science necessary, in deep love, and without any hint of ostentation, their stage performance with BDSM elements offered a captivating sound journey of archaic and contemporary elements. Unforgettable.

  • „Rock Bottom“ (1974)

    Wir hatten uns verabredet, zwei Freunde, und Ingrid U., die Frau, die mich einst bei einem Lagerfeuer mit vielen jungen Hippies und Gitarrengeklampfe, küsste, und es hinterher bereute, weil ich noch nicht reif genug sei, und sie sich nicht wirklich einlassen wolle. Marokko war von zuhause ausgezogen, zwei Strassen weiter, Singerhoffstrasse. Er gab mir ein paar Flugblätter, auf denen stand, dass Robert Wyatt im „Underground“ spielen würde. Wie bitte?! Robert Wyatt?! Ich musste sofort los. Eine riesige Wendeltreppe führte in eine unterirdische Kelleranlage, und ich staunte nicht schlecht, Alan Bangs, Winfrid Trenkler und Klaus Schäfer anzutreffen. – Alan Bangs, okay, Radio, Winfried, okay, Radio… aber wie kommst du hierhin, Klaus? Mein Klassenkamerad vom Max Planck. Ich kannte seine Vorlieben, The Byrds, Leonard Cohen, deshalb wunderte ich mich.

    Er lachte nur und sagte, Robert Wyatt und seine Freunde würden ja nicht jedes Mal die Sterne vom Himmel rocken. Soso. Ich ging zu den „Bullaugen“, durch die ich auf eine Art See schauen konnte, von welcher die Musik zu uns herüberströmte. Es störte mich nicht, dass ich die Musiker gar nicht sah, es erklangen Versionen von „Sea Song“ und „Last Straw“, die ich so noch nie gehört hatte. Zwischendurch fragte ich mich, wo der Saxofonist Gary Windo sei. Von Klaus bekam ich noch ein Papier in die Hand gedrückt, mit der „Playlist“. Man würde hier das Album „Rock Bottom“ erarbeiten, hiess es. Ich war wie weggetreten, und erwachte gegen 1.15 Uhr, nach der ersten Traumphase. Das war ein Traum aus dem Jahre 2018, ich machte mir einen Kakao, und schrieb den Traumtext auf. Nichts ausgeschmückt, nichts erfunden. Winfrid Trenkler habe ich übrgens nie persönlich getroffen. Aber ich sah sie schon, die vielen dünnen Fäden auf der Suche nach der alten Zeit….

    Ich war noch neunzehn Jahre, als ich „Rock Bottom“ in einem der zwei relevanten Dortmunder Plattenläden stehen sah. Vielleicht war es am offiziellen Erscheinungstag, am 26. Juli 1974, vielleicht etwas später. Neben mir stand ein anderer Musiknarr, etwas füllig, den ich öfter in der „Schallplatte“ sah. Er brachte mich auf den neuesten Stand. Dass Robert Im Jahr zuvor betrunken aus einem hochgelegenen Fenster in London gestürzt war, dass er lange Zeit im Krankenhaus, all das wusste ich aus dem „Melody Maker“, aber völlig unvorbereitet traf mich dieses erste Werk danach. Das blässlich-weisse Cover (nicht unbedingt ein „eye catcher“, Dekaden später tauchte das Album auch mal mit einem farbigen Cover auf). Ich flog bestimmt über die Namen (Gary Windo, Ivor Cutler…). Daheim angekommen, legte ich „Rock Bottom“ sofort auf. Ich war im Himmel, und Robert am „Felsgrund“, am „Nullpunkt“. Ganz nah am Tod, an der Selbstaufgabe. Und er war zurückgekehrt…..

    Was er da sang, wie er sang, hauchte, mit der papierdünnen Stimme, umschlang mich. Alle Klänge umrauschten mich. Irgendeiner schrieb in „Sounds“, das wäre halt ein ganz gutes Jazzrockalbum, würde den Stand des Jazzrock in England gut repräseentieren. Was für ein Unsinn. Dieses Album war so, so, so viel mehr. Das ging nicht allein im blidlichen Sinne in tiefste Tiefen. Es dauerte nicht lange, da hatte „Rock Bottom“ sich auf meinem Plattenspieler eingenistet, und bald hatte ich es so oft (und am Stück) gehört wie das fantastische Doppelalbum „Third“ von Soft Machine, mit jener magischen Seite 3, die allein Roberts Song „Moon In June“ gehörte. Ich kehre bis heute zu dem Album zurück, wurde es nie satt. Kann nicht passieren. Seitdem kaufe ich mir so ziemlich jede Platte von und mit Robert Wyatt. Ihn später mit Alfie in London zu treffen, zu wunderbar langen Gesprächen – das waren Sternstunden. Aber nicht im Sinn einer Verehrung, sondern im Sinne einer Verbundenheit. Gegen Ende des letzten Interviews (nach drei Londonreisen „nur“ ein Telefonat) fragte ich ihn nach seiner Version von Federico Lorcas „Cancion Del Julietta“ (aus Comic Opera), einem dunklen Text voller Weltabgeschiedenheit.

    „Diese dunklen Träume sind nicht immer nur alptraumhaft, sie öffnen auch eine neue Landschaft aus verstörenden Bildern. Und das macht Lorca oft. Oft sind seine Motive gleichsam unter Wassser angesiedelt, in einem Leben unter der Oberfläche des  Ozeans. Tief unten. Das spricht mich sehr an, denn diese Zonen stelle ich mir oft vor, seit der Zeit, in der mein Album „Rock Bottom“ entstand. Mit meinem Geist scheine ich einmal dort gewesen zu sein, auf eine Weise, die ich nicht weiter erklären kann.“

    (ein Live-Remix aus alten Mana-Texten, zu dem ich im Hintergrund „Shades of Blue“ von Madlib, und „Second Toughtest of the Infance“ von Underground auflegte. Jaja, 1974…. Jan Reetze veröffentlichte vor Monate seine Liebeserklärung an ein 50 Jahre altes Album, Kraftwerks „Autobahn“. Aus jenem Jahr kämen für mich, sollte mich jemand sponsern, zuallererst folgende zwei Album gewordene „Lebensbegleiter“ in Frage: „Rock Bottom“ und „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“. Robert hat auch seinen Auftritt auf Enos zweitem Songalbum – und, falls es jemand nicht weiss, er spielt auch die Pianotöne auf Music For Airports. Erstmals las ich von diesem Ambient – Album etliche Wochen, bevor ich es in die Hände bekam, im „Montanus“ in Würzburg, wo ein Scharfrichter kein gutes Haar an der Platte lies – allerdings konnte er das Teil niedermachen wie er wollte, immerhin erfuhr ich von dem Punkpuristen, dass Mr. Wyatt das Klavier beisteuerte, und da ich schon „Evening Star“ (die sanfte Seite) und „Discreet Music“ liebte, war ich von dem Moment an in fiebriger Erwartung:).

  • „Geschehen in der Vorgeschichte“

    I have a little story to tell. My favourite lyric book of the moment is Jürgen Becker’s „Fenster und Stimmen“ (Suhrkamp Verlag, 1982). I found it in an „Antiquariat“, and fell in love with it again, like decades ago. And while sinking deeper into the words and paintings (by Jürgen’s late wife), I even remember some of the phrases, pictures, words from that summer of 1982 – and looking by my side, I see a younger Michael – reading, dreaming, singing: “I drive my car up a one-way street / Dirty looks from everyone I meet / I ask the Lord my soul to keep / No reply — must be asleep.”  I remember my ars vivendi (haha) of reading poems in those days: staying at every poem for a long, long while, sometimes with Brian Eno‘s Discreet Music floating from the speakers. One day in Begeinöden, near Arnschwang, the mailman rang twice at the food of my hill (all those blue, blue skies around), and brought me this book of poems, along with two ECM records from Jazz By Post, Gleichmannatraße 10. The summer of 1982. I easily remember my love, „Come on, Eileen“ (as well as „Abracadabra“ from the Steve Miller Band) were our songs. I can still see, now, from my window in Bergeinöden, in that other life, in a long gone century, the green, green grass, I hear the soft, soft voice of my goddess making my soul shiver, my heart tremble. Our cries. Our melting. Our small talk before and after sex. It was the 80‘s, and on the turntable „Remain In Light“!

    (Ich bin auf Seite 45 meines geplanten Erzählwerks „Der schwarze Hund von Grasfilzing“. Das Recherchieren der damals gelesenen Bücher und gehörten Platten erweitert Erinnerungsräume. All die Wahrheiten lassen sich dann noch viel leichter erfinden.)

  • “Even rainbows turn blue“ – a buried treasure from the 80‘s

    I have doubts if even a child of the 80’s like Jan Bang ever stumbled about this record. Scott Walker’s album „Climate of Hunter“ has (we all know that) enchanted David Sylvian. An inspiration, for sure, for one of his greatest works, „Brilliant Trees“. But, what might have been triggers for Lewis‘ „L‘Amour“? Roy Orbison’s explorations of blue velvet? Various experiences of Elvis in that hotel called „Heartbreak“? If you don‘t believe in alphabetic order, place the longplayer in your library somewhere between Angelo Badalamenti‘s „Twin Peaks“m Eberhard Weber‘s „The Following Morning“, John Cale’s „Paris 1919“ – and a George Delerue heartbreaker.

    Scott Walkers Album „Climate of Hunter“ hat David Sylvian völlig verzaubert, gelinde gesagt. Es ist eine Inspiration für eines seiner grossen, bleibenden Werke, „Brilliant Trees“. Was waren wohl die Trigger für ein anderes Meisterwerk der Achtziger Jahre (das wohl nicht mal viel Leser dieses Blogs kennen werden),  „L’ Amour“ von Lewis? Roy Orbisons Erkundungen von blauem Samt? Diverse  Erlebnisse von Elvis im „Heartbreak Hotel“? Natürlich war und ist es ein ziemlich mysterlöses Meisterstück.

    Ziemlich unglaublich, aber wahr, ist folgende Story: im Frühjahr 1983 tauchte ein Mann namens Randall Wulff (alias Lewis) im Music Lab Studio in Los Angeles auf, mit einem weißen Mercedes Cabrio, einer attraktiven Freundin, perfekt gestyltem Haar, und einer (lapidar gesagt) Handvoll ätherischer Synth-Pop-Folk-Songs. Wulff beauftragte den Fotografen Ed Colver, der vor allem für die Dokumentation der Punkszene an der Westküste bekannt ist, mit der Aufnahme des streng monochromen Albumcovers. Als Colver merkte, dass der Scheck geplatzt war, war Wulff bereits verschwunden. Es gab Gerüchte, dass er nach Las Vegas oder möglicherweise nach Hawaii gegangen war, aber höchstwahrscheinlich war er nach Alberta, Kanada, zurückgekehrt, wo ein Vierteljahrhundert später ein Vinylsammler namens Jon Murphy auf einem Flohmarkt ein Exemplar von „L’Amour“ fand. Private Pressung.

    Was für ein seltsamer Liederreigen! Wenn man Klänge spannend findet, die sich ständig nah an ihrer eigenen Auflösung bewegen. „The closer you listen, the more unsettling – and yet enticing – it all sounds.“ Was Verschwinden und Untertauchen angeht, war Randall Wulff ohnehin ein Meister. Hätte David Lynch dieses Album damals gehört, er hätte ein, zwei Lieder daraus in den Soundtrack von Twin Peaks transportiert. Und Angelo hätte nicht geklagt.

    Mit den Worten von Alex Wisgard: „Drumless and bassless, L’amour is as intimate as a late morning lie-in – bum notes (and there are an endaring few) are left completely in tact, you can hear shirt sleeves swipe against guitar strings, and the almost wordless vocals sound almost like Lewis is too scared to make his feelings known. For all the comparisons you could make, there really is nothing else I can think of that sounds like Lewis.

  • Robert


    Richard Williams visiting a friend

    Als ich im Oktober 2018 auf Sylt die Biografie von Robert Wyatt las, nahm ich nachts auf eine Wanderung seine Platte „Dondestan“ mit, und hörte sie am Morsumer Kliff im Stockdunkeln, mutterseelenallein und seltsam euphorisiert. Ich hatte einen alten Sony Walkman dabei. Das Foto machte ich im Teekontor Keitum. Ein echter Power Spot, zu gewissen Zeiten sich in den Strandkorb vorne rechts draussen hinzusetzen, und dann eine oder zwei Kannen Tee zu trinken. 

    Aus meinem alten „Comic Opera“-Interview mit Robert:

    Im dritten „Akt“ deiner alles anderen als komischen Oper“ hört man dich nur noch spanische und italienische Texte singen

    Für mich sind diese letzten Stücke und Songs ein Bündel von möglichen „Exit“-Strategien in einer unerträglich brutalen Welt. Da bin ich offen für Sinnsuche, für Bedeutungsreste, für jeden Lichtblick. Ich mochte die ergreifende Melodie von  „Del Mundo“; der Song basiert aber auf der mystischen, geradezu feminstisch anmutenden Weltsicht eines katholischen Komponisten. Da spukte wohl in jungen Jahren in seinem Kopf die Idee rum, daß wir es mit einer Erdenmutter besser haben würden als mit einem männlichen Gott.

  • “A propos small talk and magic“


    Dass das Album „Delights of my Life“ vom Eric Chenaux Trio zu meinen besonderen Alben beim Jahresrückblick zählen wird, ist mir mit kurzer Verzögerung klar geworden. Manchmal haut einen etwas in Zeitlupe um. Es begann ja eher mit einem Stutzen, und zwar so, dass ich, kaum hörte ich die ersten Töne, Takte und Taktlosigkeiten dieser Klangbilder in Pastell, mich fragte, was denn da bitteschön und um Himmels willen los sei. Ich traute meinen Ohren nicht. Wunderbar. Eine dezente Verwunderung, als Vorstufe einer anhaltender Faszination, über die Magie einer Langspielplatte und CD, dessen Instrumente eine Wurlitzer-Orgel sind, eine E-Gitarre, und elektronische Perkussion. Man denkt, wenn man überhaupt denkt, eher an Derek Bailey als an Jazzballaden, man denkt vielleicht auch an Zwischenräume, an twilight zones, an all die geisterhaften Phänomen, die nicht mit Worten einzufangen sind. Von Erics Stimme ganz zu schweigen.

    Ich schickte ihm gestern ein paar Fragen, über einen Berliner Powerspot für besondere und rätselhafte Musik (Ed Dense Promotion). Die Antworten kamen flugs zurück, Eric sass wohl in einem Garten, und ich lauschte eine Weile seiner Stimme und der kanadischen Vogelwelt. Er hatte keinen Kopfhörter aufgesetzt, und so reihten sich munter Plopp an Plopp an Plopp, was es schwierig macht, das radiotechnisch zu bereinigen. Aber diese Plopps haben auch ihren Reiz, und so stelle ich Eric Chenauxs Antwort auf meine dritte Frage in den öffentlichen Raum. Ein Glücksfall übrigens, dass sein kleiner „Vortrag“ über „Vergessen und Improvisation“ von allen Plopps verschont blieb, und damit für die „JazzFacts“ am 4. Juli gerettet ist.

    Question Three: Eric, I was so trapped by the music I even listened to the lyrics like it would be sculpted sound. Here and there some words catching me on the fly. But, refering to the album‘s title, „Delights of my Life“, do these  lyrics, too, like the music, have a subversive, undermining element to them, or are they a more light by nature? Anyways, I feel some shadowy things around the joyful…


    A new Chenaux album is an expansion of an extant world. But for anyone coming to Delights of My Life without previously having heard any of his earlier work, it’s probably easiest to say that he creates long, woozy, semi-improvised jazz ballads steeped in an atmosphere of strangeness and humidity.“ (Thomas Blake, Klof Magazine)