Kleine Recherche
Morgens bekam ich die Oktober-Ausgabe von Mojo in die Hände (online), und stolperte über Andy Cowans Besprechung seiner Jazzplatte des Monats ( s. Screenshot, wir haben hier und da Gemeinsamkeiten, und mein Bauchgefühl sagte mir: folge der Spur!). Ich landete nach einigem Suchen bei einer Hamburger Musikfirma namens WordAndSound, oder so ähnlich, und der Kai P. verwies mich an die Berliner Abteilung von K7. Dann bekam ich die Mailadresse des Labels Frederiksberg Records, und wähnte mich im tiefen Dänemark, denn schliesslich heisst der Saxofonist Søren Skov, aber offenbar landete ich in einem Büro in New York City. Also landeten meine Interviewfragen jenseits des Atlantiks, und dann ging es Schlag auf Schlag: einen Tag, nachdem ich von der Existenz dieses Meisterstücks aus der Abteilung „Organic Groove“ erfuhr, hatte ich die Schallplatte im Postkasten, und auf meinem Plattenteller. Ich sagte sowas Intelligentes wie „Nee, woll“ oder „ich glaub‘s nicht“, und hörte die Scheibe ungelogen dreimal,rauf und runter: Nyabinghi Afro Psycho Ethio Fusion Raw Power Jazz könnte man das mit Augenzwinkern nennen. Dieweil fragte mich ein gewisser Anders, aus dem New Yorker Büro, ob der Herr der Töne das Interview am Freitag der kommenden Woche machen könne, ich sagte, kein Ding, und weise diskret darauf hin, dass „Adrift“ vom Søren Skov Orbit von Null auf 12 in meiner Jahresliste gesprungen ist, Tendenz steigend. Guck mal nebenan, unter „Album“!
Desert Island Collection (2) – ein Solo für Michael Wenninger
Es spricht sich herum. Hier auf El Hierro und anderen kanarischen Inseln ziehen sich alsbald keine Musiksüchtigen in einsam gelegene Häuser am Meer zurück, um rund um die Uhr Musik zu hören, vor und nach den Mahlzeiten, vor und nach zwei Tauchgängen. Nein, das Spiel iat raffinierter: jeder Angeschriebene wurde darum gebeten, ein Spiel zu spielen, sich zehn Alben zu vergegenwärtigen, die an einem solch entlegenen Power Spot an der Küste idealer Hörstoff wären. Dass dann mitunter nur zwei, drei davon ins „wahre“ Inselleben drängen, also auf der wunderbaren Hifi-Anlage des Hauses gehört werden, während zum Beispiel die Sonne das tut, was sie besonders gut kann, nämlich ins Meer zu sinken (oder was und wann auch immer) – geschenkt! Denn die klangliche Auswahl für bestimmte Momente und blaue Stunden zu haben (zwischen „Natur pur“ und „On Land“ etwa), ist einfach so fabelhaft wie die Aussicht dort! Viele kleine Dinge können letztlich entscheiden, ob Michael W., vielleicht zur Siesta, „Colossal Youth“ hört oder eine der drei Platten der ersten famosen Neil Young-Compilation „Decade“. Oder einfach nur bei geöffnetem Fenster stundenlang dem Rauschen der Wellen folgt. Und schliesslich hat er uns noch eine zweite „pankanarische“ Liste zukommen lassen , eine Zugabe – una cosa hermosa!
Steely Dan – Aja
Young Marble Giants – Colossal Youth
Neil Young – Decade
Lou Reed – The blue mask
Van Dyke Parks – Song Cycle
David Sylvian – Secrets of the beehive
Brian Eno – On Land
Miles Davis – Sorcerer
Bill Frisell – Orchestras
Black Uhuru – Sinsemilla
(Michael W.s Schatzkiste, Saarbrücken)Und hier noch meine Special Canaria Island Collection – auch gern für zu Hause:
Budd/Eno – The Pearl
Ildefonso Aguilar – Erosion
Velvet Underground & Nico
Neil Young – On The Beach
Jakob Bro – Gefion
Nick Cave – Push the sky away
Prefab Sprout – Andromeda heights
Offshore – Cote de Cologne
Paul Bley – In the evenings out there
Kancheli/Kashkashian – Vom Winde verwehtUnd apropos Mietwagen: Beim letzten Kanaren Besuch auf Lanzarote und Fuerteventura vor ca. 10 Jahren hatten wie einen Leihwagen inkl. einer Audio Guide CD über Fuerteventura. Zwischen den Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten auf spanisch waren als Überleitungen Titel von ECM Aufnahmen (Karaindru, Brahem, Micus, Andersen) ausgewählt. Ich war mehr als erstaunt. Wobei das natürlich hervorragend gepasst hat.
Desert Island Collection (1) – Henry, Randolf, und ich
Die ersten Lieferungen sind da. Randolf ist mein Jahrgang, und wir sind gemeinsam von der Sexta bis zur Oberprima auf dem „Max-Planck“ gewesen. Auf seiner Liste finde ich eine Platte von Emerson, Lake & Palmer, und ich glaube, er hat damals schon so davon geschwärmt, dass er die Langspielplatte mit in die Penne brachte. Es ist mehr als verständlich, nach El Hierro absolute Schätze aus den jungen Jahren mitzubringen. Bei meiner Liste, die ich hier als Moderator gegen alle Regeln dazuschmuggle (keine Flowworker!), gibt es auch, mindestens, einen persönlichen Superevergreen. Weil keiner unserer Leser doof ist, geht es hier nicht um die coolste Schatzkiste, sondern um alte und neue und zeitlose Lieben, „albums of excellence“, Alben, die wir gezielt auswählen, für diese imaginären drei Wochen als „Einzelgänger“ in einem kleinen Häuschen auf El Hierro. Henry K. – wir kennen ihn alle als „Radiohoerer“ – lebt Musik und trifft eine besondere Entscheidung. (s.u.) Wie gesagt, meine Liste ist irregulär – typisch für einen „auktorialen Erzählstil – einen klaren Plan mal kurzfristig zurecht zu stutzen. Der gute Randolf hat ja auch einen Trick angewendet, und mit Steely Dans „Citizen“ gleich die volle Dröhnung der Band von 1972-80 mitgehen lassen. Werde ich mir merken. (m.e.)
Santana – Caravanserai
Mike Oldfield – Tubular Bells 3
Steely Dan – Citizen
Al di Meola – Elegant Gypsy
Buena Vista Social Club (das legendäre Album)
Emerson, Lake & Palmer – Tarkus
Fourplay – Between the Sheets
Genesis – Nursery Crime
Mario Biondi – Beyond
The Nice – Five Bridges
(Randolf Kukulies’ Kiste, Cuxhaven)„Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass ich dort keine Musik hören würde. Ich selbst war vor einigen Wochen auf einer Insel und habe dort bewusst keine Musik gehört. Eines Morgens, gegen 5.45 Uhr, saß ich auf der Veranda und lauschte den Geräuschen der Umgebung. Da waren nur unzählige Vögel und der Wind, der durch das Schilf strich. Etwas später ging die Sonne auf und tauchte alles in ein warmes Licht. Ein wunderbarer Moment! Musik würde ich an diesem wunderschönen Ort am Meer nicht hören wollen. Einfach nur die Geräusche dort auf mich wirken lassen. (Henry K.‘s Bekenntnis, Zwickau)
Bo Hansson: Lord Of The Rings
Keith Jarrett: The Survivors Suite
Søren Skov Orbit: Adrift
Beth Gibbons: Lives Outgrown
Jon Hopkins: Ritual
Dadawah: Love and Peace
Van Morison: Veedon Fleece
Harold Budd & Brian Eno: The Plateaux of Mirror
Codona 1/2/3 (ECM Boxset)
Paul McCartney / Wings: Band On The Run
(Michael E.s Kiste, Aachen)monthly revelations (september)
ALBUM Søren Skov Orbit: Adrift (irresistible, organic, ancient, inventive) / FILM Tatami („Diesem Film sieht man an, dass die Leute hinter der Kamera Ahnung vom emotional ausgelegten großen Kino haben, und der Film ist auch klar als Genrestoff als hochspannender Thriller im Sportmilieu erzählt; es gibt auch einige Kamerakniffe, die verraten, dass das Ganze nicht super-billig und super-indie gewesen sein kann, doch die Geschichte wird immer sehr präzise, sehr klar und ganz nah an den Charakteren erzählt. (Ingo J. Biermann) / TALK Joe Newland aka Clevelode (a terrific album of reflective beauty, and a conversation worth reading) / PROSE Bernd Witthüser: „Hat Hendrix gespielt?“ (eine kleine Geschichte von speziellen Barden aus der alten BRD, und hier ein Bild aus jenen Jahren, von denen manche sagen: „those were the days!“)
POETRY Thomas Kunst: WÜ (ein ungewöhnlicher Lyrikband von der guten alten Tante Suhrkamp, der vor Rätsel stellt und verzaubern kann) / BINGE The Newsreader (arte, Staffel 1, exzellente Zeitreise in den pre-internet Jorurnalismus der „wilden“ Achtziger, ein Hauch von „soap“, und dennoch Klasse, flowfaktor 10, HIER der Trailer) / ARCHIVE Steve Beresford: Dancing The Line (noch ein toller Trip in die Achtziger!)
In den Farben des Dunkels
Anno 2023 schossen Andreas Pflüger, S.A. Cosby und James Kestrel die schwarzen Sterne vom Himmel. Don Winslow auch. Es fehlt mir die Fantasie, es könnte 2024 einen tieferen und fesselnderen Kriminalroman geben als Chris Whitakers Südstaaten-Epos. Das Cover ist nicht preisverdächtig, der Roman der Hammer. Die Story, die Inszenierung, die tausend Zwischentöne. Ein Junge mit Augenklappe rettet ein Mädchen und geht selbst verloren. Chris Whitaker entfaltet die Geschichte in zahllosen Kapiteln, in einem Sprachfluss voller Rausch und Sachlichkeit. Ich fühlte mich, rein von der Atmosphäre, an „Wer die Nachtigall stört“ erinnert: eine seltsame Magie, allen Unheimlichkeiten und Erschütterungen zum Trotz. Ein neues Lieblingsbuch. Wenn es einmal verfilmt wird, sollte Coltranes „Alabama“ im Abspann laufen. (m.e.)
Bye, my friend!
They called him Dave or John, and i never knew the story behind it. I once called him the talking machine, but we soon got that little argument out of the way. He was a music lover like a music lover can be, and though we only met at so many early Punktfestivals in Kristiansand, i got to knew him well, with all the common wavelenghts, deep into ECM, and a Kingcrimsonist par excellence. I loved his presence: a musical library with a beating heart, a gentleman who loved dogs. How often did we sit side by side in the „alpha-room“. He could be so quiet, when the music started, in his own deep listening ways. John Kelman, Dave Binder – bye, my friend. I will play an old record tonight, in dearest memory: Ruta and Daitya, by Keith Jarrett and Jack DeJohnette (the title referring to their African names). One for the stars. (michael engelbrecht)
Die Newsreader
Anna Torv, Entschuldigung, Helen Norwood ist schlecht gelaunt, man muss sie nur angucken, während die Nachrichten laufen, ganz am Anfang. Sie war sicher, die Margret Thatcher-Nachricht zu präsentieren, aber kurzfristig wurde das dem Mann neben ihr übergeben. Das sorgt für Stress. Und dieser andere Typ wechselt auch permanent die Gesichtsfarbe, weil aus dem Paul Hogan-Band Bandsalat wurde. Ihr erinnert euch: Paul Hogan, Crocodile Dundee!! Und in Australien Mann des Jahres 1986, immerhin hat der Hogan einen Reiseboom der Amis Richtung Down Under ausgelöst. Also, es gab die wilden Sechziger, die wilden Siebziger, und in dieser ganz und gar sehenswerten Serie aus Ausstralien (2 Staffeln, Arte) geht es um die wildem Achtziger. Aber sowas von! Ich habe die Pilotfolge anfangs geguckt, weil ich auf Anna Torv stehe, und seit jungen Jahren ein paar Lieblingsfilme habe, die in Redaktionsbüros spielen. Die Pilotfolge hat mich dann voll überzeugt. obwohl Anna Torvs Frisur so aussieht, also könnte sie damit gefahrenlos einen Eisschrank rammen. (m.e.)
“The Invisible Road“
The Invisible Road: Original Recordings, 1985–1990 compiles an unheard, previously unreleased body of recordings by Sussan Deyhim and Richard Horowitz, dissidents from diametric backgrounds who met during the heady days of Downtown New York in the 1980s. This collection reveals the creative and life partners’ radical shared vision of avant-garde pop in all of its boundary pushing freedom, combining Deyhim’s singular approach to vocalization, Horowitz’s invention of new musical languages, and touchstones of traditional music from around the world, creating a new music that ultimately retains a voice entirely its own.