Breaking The Shell

„Throughout Breaking the Shell, the trio demonstrates a constant fascination with sound and texture, creating a transcendental work of experimental jazz that is as bewildering as it is exhilarating. It’s a must-listen for anyone who seeks fresh vibes in creative music“ (from Jazztrail, and right so)

„Und ja, ich bin zwar „für Dreharbeiten“ hier, dokumentiere gerade eine Kollaboration von Kit Downes mit Bill Frisell und drei Streichmusiker/innen. Und in gut zwei Wochen zwei Aufnahmen von Sun in New York. Dazwischen kann man das „Urlaub“ nennen… aber ich nenne es eher Reisen zum Fotografieren und Gespräche führen. Und mal schauen, was ich noch filme.“ (Ingo J. Biermann, Notes from Minnesota)

So weit ihr Gedächtnis auch reicht, es schwingt ein beträchtliches Quantum Unerkundetes bei den Improvisationen mit, die in New York entstanden sind, in der „St. Luke In The Fields“-Kirche.  Über das Üblich-Unvorhersehbare hinaus, das Improvsationen zueigen ist. Wann hat man schon je  Pfeifenorgel, E-Gitarre und Schlagzeug im Zusammenspiel gehört, noch dazu in einer Klangwelt, die sich jeder Idee  von „Groove“ und „Power Trio“ widersetzt!? Für den Pianisten Kit Downes sind Kirchenräume schon fast eine  vertraute  Herausforderung, hat er solch hallfreudige Räumlichkeiten schon des öfteren bespielt, mit psychedelischer  Klanglust und purer Introspektion. Mit Andrew  Cyrille haben Downes und Frisell zudem einen Meister flirrender Perkussion  an ihrer Seite. In dem exzellenten Film „Music For Black Pigeons“ spricht Bill Frisell darüber, dass, aucb nach all den Jahrzehnten, jeder Griff zur Gitarre wie ein neuer Anfang erscheine. Nun kommen bei dieser Geisteshaltung des „steten Anfangens“, die jeden Zen-Schüler auszeichnen würde, auch durchaus routinierte Klänge zustande, aber hier in einer Kirche, die vom Namen eher an eine schottische Wald- und Wiesenkirche erinnert, darf durchaus von „Pionierarbeit der meditativen Sorte“ geprochen werden.

Feinste Schwingungen sind Programm. Keine vertraute Rhythmik, kein sakrales Liedgut, kein Feuerwerk der Instrumente, die ja, alle für sich genommen, laut und wild auftrumpfen könnten.  „In-Den-Klängen-Aufgehen“, neudeutsch „deep listening“,  genau das ist empfohlen. Akribisch auch die Vorbereitung der Produktion: der Produzent Sun Chung hatte 30 Kirchen und Kapellen auf ihre Tauglichkeit getestet. Bill Frisell und Kit Downes erinnern sich an die Produktion, und ich habe ihre Aussagen Ingos bewegten Bildern entnommen.

Als wir zu spielen begannen, war alles so einfach“, erinnert sich Bill Frisell. „Und das überraschte mich schon. Diese riesige Orgel nimmt Raum ein, aber zur gleichen Zeit gibt sie mir an der Gitarre und Andrew jede Menge Platz, uns um sie herum oder in sie hinein zu bewegen. Zuerst dachte ich, sie könnte überwältigen, und alles zudecken. Aber so war es nicht. Die Art, wie die Sounds da im Raum wandern, nun, das ist schon das Gegenstück von einem normalen Tonstudio.“

Und Kit Downes ergänzte: „Bei der Aufnahme musste man sich durch bestimmte  Puzzlestücke navigieren, aber genau das war Teil der Freude bei  diesem Prozess, den perfekten Ort zu finden, an dem etwa das Schlagzeug präsent ist  „voll da“ ist,  und nicht in der Weite des Raums verloren geht. Und ich kann mit der Orgel  ein rhythmisches Empfinden beisteuern, ohne dass es zu wabernd klingt. Es gilt also, mit all diesen Parametern ein wenig zu spielen.“

„Breaking The Shell“ ist eines dieser Alben, die nicht auf Anhieb fesseln. Dem Unerhörten gilt es Zeit zu geben. Dann finden sich die überraschendsten Entdeckungen, wie die von zwei Hörern, die mich nach der letzten Ausgabe der JazzFacts unabhängig voneinander auf gewisse Momente hinwiesen, in denen der „spirit“ der Doors spürbar gewesen sei. Ein „Ray Manzarek memory vibe“ – und das hörte ich dann auch.*

HIER Ingos Kurzfilm zum Album, und hier „Sjung Herte Sjung“, das auf einem alten Folksong basierende Stück des Trios, das ich in den JazzFacts spielte. „Breaking The Shell“ ist als LP, CD, und DL verfügbar, und gehört in meine Liste der 10 besten Jazzalben des Jahres.

2 Kommentare

  • Susanne Wendt

    Ein Bekannter machte mich auf diese Seite aufmerksam, weil ich so begeistert war von ihrer Jazzstunde im Deutschlandfunk. Und dieses Album hat mich neben Skov besonders begeistert. Skovs Platte habe ich schon, jetzt kommt Frisell bald dazu. Das Cover ist faszinierend und passt zu der feinen Musik. Kann ich diese Sendung irgendwo hören? Gruß aus Heidelberg!

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