Die Jazzfakten vom 4. April (revisited)

Es gibt keine Zeitbeschränkung bei diesem Link. Ich hatte bei der Produktion gute fünf Minuten zu kürzen, was mir selten passiert. Hier waren jedoch schmerzhafte Schnitte nötig: „Killing your sweetest darlings“ heisst hier der besinnliche Spruch dazu . Ein Oton von Fred Hersch fiel raus, und im Zentrum hatte der Tontechniker Martin Hoffmann den Ausschnitt von Alice Coltranes Darbietung von „Africa“ so weit zu kürzen, das man direkt im „finale furioso“ landet, und nicht jene Passage miterlebt, in dem sich das Ende aus einem herrlichen Groove der beteiligen Bassisten herausschälte. Ein anderes Stück Jazzgeschichte zapft Fred Hersch an, wenn er auf seinem Album „Softly as in a morning sunrise“ spielt und, im Gespräch, Sonny Rollins‘ Version aus dem Village Vanguard als Referenz angibt. Dieser Klassiker wird in Kürze neu aufgelegt, et voila, erst die JazzFacts, dann eine Zeitreise mit Mr. Rollins ins Jahr 1957…


Kahil El‘ Zabar‘s Ethnic Heritage Ensemble: Open Me, … 
Fred Hersch: Silent, Listening  
Beitrag 1 von Michael Rüsenberg („Destination Unknown“) 
A. Kalma
J. Chiu, M.S. Honer: The Closest Thing To Silence  
Live At Carnegie Hall (1971) – Impulse (A. Coltrane)
Shabaka: Perceive Its Beauty, Acknowledge Its Grace 
Beitrag 2 von Karl Lippegaus  (Jason Weiss: Listenings)
Fred Hersch: Silent, Listening  
Charles Lloyd: The Sky Will Be There Tomorrow

3 Kommentare

  • Olaf Westfeld

    Ich habe die Sendung nun zum zweiten Mal gehört, leider nicht in einem Hotelzimmer hoch über der Stadt, sondern in meinem Wohnzimmer. Dort haben sich aber auch neue Räume geöffnet. Leider läßt mein Budget keinen Kauf aller Tonträger zu (zumal ich momentan keinen CD Spieler habe, mir also immer das ungleich teuere Vinyl leiste), aber Shabaka und Charles Lloyd haben schon den Weg zu mir gefunden. Die beiden Stücke von Fred Hersch haben mir tatsächlich noch etwas besser gefallen, aber da warte ich mit dem Kauf auf wieder länger werdende Nächte… der Abschluss dann, Rühmkorf trifft Lloyd – magisch, da schließen sich wahrlich Kreise, auch des sanften Widerstands. Hervorragende Sendung.

  • flowworker

    zu den jazzfacts April 2024

    Was wird, wenn erst das dramatischste Wort der Sendung in Gestalt politischer Gewalt alle Bereiche des Lebens bestimmt, aus der Musik? Wird es reichen, oder überhaupt möglich sein, trotzig mutige Melodien und melancholische Melismen den Menschen ins Gesicht zu blasen? Oder werden es wieder nur Märsche sein dürfen?

    Wut höre ich bei Charles Lloyd nicht. Eher einer schönen Hoffnung auf eine bessere Welt nachtrauernd. Vielleicht ist das auch nur meine momentane Stimmung. Immerhin gelang erst gestern in meiner Heimatstadt ein kleiner Coup gegen das Infiltrieren und Instrumentalisieren eines Elternbeirates durch nationalvölkische Gestalten.

    Genug des Drumrumredens.

    Eingedenk des ersten – abgebrochenen – Anlaufs, die jazzfacts während eines Tuns zu hören, nehme ich mir nun tatsächlich die Zeit, zuzuhören – am frühen Abend. Die frischesten Ohren habe ich normalerweise vor Beginn des Tagwerks; wie von selbst finden dann die Töne in den diversen Gehirnwindungen ihren Platz.

    Silent Listening von Fred Hersch dockt ganz selbstverständlich an meine beiden Lieblingplatten von Vangelis an: Beaubourg und Invisible Connection. Sie sind klangsuchende Experimente, frisch und energisch voranschreitende, feinfühlig austarierte und klangästhetisch gelungene Entwürfe im Kosmos der Gestaltungsmöglichkeiten. Auch Hersch hat sich ein Suchen bewahrt – so scheint es mir; ich habe noch nie bewusst etwas von ihm gehört. Diese Aufnahmen hier gefallen mir sehr. Wenngleich ich nicht glaube, dass ich über die gesamte Platte die volle Aufmerksamkeit aufrechterhalten kann.

    Und was das Suchen betrifft, ist mir Roedelius nach wie vor leuchtendes Beispiel…

    Shakuhachi und Shabaka Hutchings – das Eine klingt wie das Anagramm des Anderen, und beides in einem Satz auszusprechen, ist für Leute, die die Worte nicht kennen, gewiss ein Zungenbrecher par excellance.

    Zu dieser Flöte geht anscheinend immer noch gern der Griff, wenn der westlich sozialisierte Musiker den Wunsch nach Exotik, oder wenigstens nach irgendwie anderen Klängen verspürt… Nichts gegen das Resultat! Die Faszination kann ich nachvollziehen. Ich höre die Shakuhachi gern. Gern auch von Musikern meiner Hemisphäre. Das Schöne an Shabakas Musik ist – im Vergleich zu Chris Hintze, der mir aus der Schöne-Erinnerungen-Lade zuwinkt – der Fundus aus mittlerweile 50 Jahren musikalischer Weltenkenntnis, aus dem Shabaka Schönheit schöpft. (… oder sagen wir, der ins Genom der planetaren Klangerfahrung Eingang gefunden hat.) Es entsteht wieder Neues, und es ist ein reizvolles Neues.

    Die Harfe, die Shabaka eingeladen hat, und die Alice Coltrane normalerweise spielt, war sicher das verbindende Garn zwischen beiden Beiträgen… Harfe höre ich ebenfalls ausgesprochen gern. Insofern reizt mich the other side der Carnegie-Hall-Aufnahme von Alice. Aber ich fand, der finale Ausschnitt von der Platte war ein notwendiger break, um sich orientieren zu können, wo man überhaupt gerade ist. Eine Stunde ist eine kurze Zeit, und die Infos kommen Schlag auf Schlag. Ich vermute ein gehöriges Maß an Quetscharbeit an dieser Sendung. (Beim oben erwähnten Erstversuch, die Sendung zu hören, hatte ich nämlich rasch die Orientierung verloren…)

    Herr Kalma hat sich mir neulich mit der bezaubernden Platte »We Know Each Other Somehow« [mit Robert A. A. Lowe] empfohlen. Mit dem werde ich mich also noch näher beschäftigen. Ganz herrlich! Ach, was kommen da an Erinnerungen aus meiner frühen Electronic-Music-Begeisterung hoch. Diese Sounds. Toll.

    Tja, und da haben wir auch schon den Anfang dieses Rückblickes erreicht. Das Ethnic Heritage Ensemble war der perfekte Ohrenöffner.
    Schade, dass die LP so irre teuer is. Dabei gefällt mir das Cover so gut. Ich habe letztens nach langer Zeit wieder die Preise für LPs gesehen und war schockiert.

    An den Gestaden der gemächlich durchs beschauliche Brandenburg mäandernden Havel entlangschlendernd
    Olaf (Ost)

  • flowworker

    Ein paar Resonanzen für Olaf Ost und Olaf West:

    Shabaka hat viel karibisches Blut in den Adern fliessen, sein Vater hat mit King Tubby und anderen gespielt, und Shabaka veröffentlicht in Kürze auf seinem eigenen Label ein Album des Vaters aus der Mitte der 80er Jahre. Das ganze Album halte ich für fantastisch, da wird immer gleich die Schublade New Age geöffnet, und ferne Flötenexotik, aber dem guten Shabaka ist da ein Werk gelungen, dass ich mit nichts anderem vergleichen möchte, dass mich von vorne bis hinten fasziniert – und viele Flötentöne spielen hier auf, nicht nur die aus Bambus, und einmal, als Gespenst, und vorerst letztes Mal, sein Saxofon.

    Fred Hersch hält mich ebenfalls durchweg hellwach und sehr entspannt, aber das Ambiente muss stimmen. Keine Störfeuer. Fred und Vangelis und Roedelius wurden selten in wenigen Atemzügen aneinandergereiht, aber ich weiss, was gemeint ist. Bei den beiden wäre dann Ariel Kalma die gewiss grössere Nähe, stilistisch gesehen.

    Ja, kürzen musste ich hier und da, diese Sendung ist halt ein „Gedicht“, wie man sagt, also hübsch verdichtet. So dass es auf den Moment hinausläuft, an dem Lloyd und Rühmkorf aufeinandertreffen. A propos Lloyd: die Musik ist natürlich keineswegs zornig, im Spiel verwandelt der Altmeister seine Wut schon. Was bleibt, ist Intensität, und nie so ein edles Geschwurbel.

    A propos Altmeister: es macht Freude, die Version von Fred und Sonny zu vergleichen, deshalb habe ich Sonnys Morgenaufgang hier hinzugefügt.

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